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Kyoto Cocktail

Friedrichstraße 3⅓ – Japanisch Trinken im U-Bahn-Pfeiler

Der Kyoto Cocktail ist eine Interpretation des Whiskey Sours. Flankiert von Yuzu Sake, spielt Dominic Bruckmann mit der Simplizität des großen Klassikers. Auf diese Weise hat er in der Berliner Bar Tausend einen Publikumsliebling geschaffen, der sich zu testen lohnt. Wenn man den Ort denn findet.

Was bietet der U-Bahnhof Friedrichstraße abends spannenderes als ein Kuriositätenkabinett an musizierenden Künstlern der Nacht, dem kalten Windzug vom Osten und der Berliner After-Party Currywurst?

Mehr. Definitiv mehr. Versteckt in einem Pfeiler liegt um die Ecke des Touri-Trubels eine Schönheit von Bar, die diese ob ihrer geheimen Lage nur den Suchenden offenbart: das Tausend. Dominic Bruckmann fungiert hier schon lange als Creative Head hinter dem Tresen und hat auch die Karte und den Drink entworfen, den wir heute vorstellen mögen.

Der Kyoto Cocktail: Big in Japan

„Wir haben damals sehr viel mit der Japan-Thematik gespielt. Das hat ja auch insofern Sinn gemacht, als dass unsere Karte japanisch ausgerichtet ist. Ziel war es, einen Klassiker zu twisten, der viel nachgefragt werden würde und dieses Sujet ein wenig aufgreift. Wir waren dabei immer auf der Suche nach neuen, spannenden Zutaten. Jetzt nicht so in puncto nerdiger Bar-Hochkultur, sondern eher zeitloser Klassiker, modern interpretiert“, so Bruckmann über den Kyoto Cocktail.

Als Aperitif–Drink konzipiert und ob der über die Eiweiß-Schicht hinaus scheinenden Leichtigkeit wird der Kyoto Cocktail, anders als üblich bei einem Whiskey Sour, nicht im Tumbler, sondern in einer Coupette serviert. Generell ist so einiges anders. Eine Zutat sticht vor allem heraus: Yuzu.

Ich nehm Yuzu und du so?

Nun mag die Verwendung von Yuzu Sake und Zitrone zunächst verblüffen. Sie ist jedoch sehr logisch. Die Zitrone mag dem Drink als nötiger Säurevermittler dienen, der Saft einer Yuzu hingegen schmeckt – bestenfalls beschrieben – wie eine Mischung aus Limette und Mandarine, kann sich einer bitteren Note jedoch nicht entziehen. Der überaus charakteristische, japanische Sake transportiert diese Verbindung. Sie bringt daher vor allem eine ganz andere Komplexität mit als die Zitrone allein, da sie unterschiedliche Geschmacksnerven zur gleichen Zeit bedient.

Diese bittere Note wird durch die fluffige Konsistenz der Eiweiß-Schicht auf dem Sour entkräftet und in die Peripherie gedrängt, ohne dabei jedoch aus dem Blickfeld zu verschwinden. Es ist diese Kombination, die einen kleinen, nuancenfeinen Unterschied ausmacht. Einen Unterschied, den so mancher vielleicht nur unterbewusst wahrnehmen, der wahre Connaisseur jedoch sofort spüren wird.

Take it easy, Bro

Vor allem passt der Drink hervorragend in das Portfolio der Bar. „Wenn du zu sehr in eine Schiene gehen würdest und hier zu viel rumspielst, dann würde das den Gast schlichtweg überfordern. Wir wollen ihm etwas Altbekanntes in neuem Gewand aufzeigen“, so Bruckmann, der bereits seit sechs Jahren im Tausend arbeitet.

Entworfen haben er und sein Team, dem bis vor Kurzem auch noch Karim Fadl angehörte, einen Drink, der zeitlos und doch besonders ist, weil er sich nicht auf den altbekannten Lorbeeren der Gründerväter ausruhen möchte, sondern etwas Eigenes und Neues schaffen will. Ein Whiskey Sour 2017 eben. Modern und trotzdem ehrlich.

Credits

Foto: Tim Klöcker

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