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Marvin Plattner

Limonadier Bar Berlin: Marvin Plattner legt los

Es ist etwas ruhig geworden um die Limonadier Bar in Berlin. Marvin Plattner will das ändern. Der sympathische Barchef und sein neues Team haben einiges vor, dazu gehört auch ein 2-in-1-Barkonzept. Was sich dahinter verbirgt und wie ihn seine Wege in die Bar geführt haben, erzählt der 29-jährige Tiroler im MIXOLOGY ONLINE-Porträt.
Gastgebersein ist Key. Das Schlagwort, was momentan in aller Munde ist. Welches aber noch immer nicht so gelebt wird, wie man vermuten könnte. Schaut man sich doch die ganzen Jungbartender an, die voller „Gastgebertum“ nur um sich strotzen. Wenn der Begriff der frühen Nullerjahre „Mixologe“ war, dann ist es heute „Gastgeber“. So vom einen zum anderen zu wechseln ist allerdings leichter gesagt als getan. Besser ist, man war nie Mixologe — so wie Marvin Plattner.

Rye statt Radiologie

Der Tiroler hat Gastgebersein nämlich im Blut und hat sich auch noch nie als Mixologe bezeichnet. Das Handwerk hat Marvin Plattner in der Hotelfachschule Villa Blanka in Innsbruck gelernt, wo er auch sein Abitur abgelegt hat. Nach fünf Jahren Ausbildung allerdings hatte er erstmal überhaupt keine Lust auf Gastronomie und plante, Radiologie zu studieren. Wie es dann doch so ist, suchte er sich zwischen Abitur und Studium einen Nebenjob im Restaurant.
Danach war es eigentlich um ihn geschehen, die Gastronomie hatte ihn wieder gepackt. Das Studium wurde keins, und anstelle dessen stieg Marvin Plattner als 19-Jähriger ziemlich schnell zum stellvertretenden Restaurantleiter auf. Auf die Frage wieso, antwortet er lachend: „Ich wollte dann doch lieber mit gesunden Menschen arbeiten, als mit kranken“. Klar.

Marvin Plattner im Competition-Fieber

Die ersten Cocktails machte er dann tatsächlich in der Kneissl Bar, die ebenso Lounge und Café beinhaltete. Nach zehn Monaten dort ging er zurück ins Hotel, wo ihn die Bar abgeworben hatte und wo er gleich fünf Jahre blieb, drei davon als stellvertretender Barchef.
In Österreich machte er bei einigen Cocktail Competitions mit, in denen er sich recht gut anstellte. Gut genug, um die Aufmerksamkeit von Diageo zu gewinnen, die ihm im Sommer 2015 einen Job in der Berliner Monkey Bar vermittelten. Dort verbrachte er sechs Monate als Bartender und ein Jahr als stellvertretender Barchef.
Die Gastfreundlichkeit und dass der Gast immer an erster Stelle steht, das hat er jedoch in Tirol gelernt und nicht in Berlin. Dort geht man mit dem Thema einfach ganz anders um. Es gibt schließlich einen Grund, wieso so viele Besucher sich über die Berliner Ruppigkeit beschweren.

Von Teufeln und Engeln

Wegbegleiter hatte Marvin Plattner viele, zwei besonders wichtige sind Greg Wardle und Michael Klemenc. „Während Greg mir die höfliche Seite des Gastgebertums gezeigt er – er verkörpert das Ganze zu 100% und hat während der Ausbildung immer wieder ganz großen Wert auf Gastgebersein gelegt –, ist Michael die freche Version davon. Beide haben mich sehr geprägt und von beiden konnte ich mir etwas abschauen. Das hat eine gute Balance ergeben.“
Ab Februar 2017 verschlug es den Innsbrucker endlich in das Limonadier, wo er gemeinsam mit Yasin Schemberger sechs Monate eine Doppelspitze bildete, bevor er zum Barchef ernannt wurde.
Dem 29-jährigen Innsbrucker gefällt die Mischung und Kreativität am Job des Bartenders. „Am Ende des Tages weiß man ganz genau, was man geleistet hat, und das ist ein gutes Gefühl.“ Competitions macht er nicht mehr mit, die überlässt er inzwischen lieber seinem Personal. „Ich habe momentan mit dem Management erst mal genug zu tun“, gibt er lächelnd zu.
Das Limonadier in Kreuzberg hat eine etwas schwierige Zeit hinter sich. Als es 2013 eröffnete, genoss die Bar einen Start mit guter Presse und gutem Ruf. Doch schnell waren die Barleute weg und das Limonadier verschwand von der Szene. Inzwischen hört man wieder viel Gutes über den Laden. Was großteils Marvin und seinem Team zu verdanken ist.
Marvin glaubt, dass das größte Problem die Stammmitarbeiter waren. Beziehungsweise, dass es die nicht gab. Sie fehlten. Selbst mag er das nämlich auch bei Barbesuchen, zu wissen dass der Kellner oder der Barkeeper vom letzten Besuch noch da sind und einen mit freundlichen Armen empfängt. Da wären wir wieder beim Gastgebersein. Was Marvin am Limonadier gereizt ist, war nämlich genau das. Aus der Maschinerie der Monkey Bar ausbrechen und sich in das Hier und Jetzt, in die Gegenwart schmeißen. Das war ihm wichtig. Als er im Februar 2017 anfing, war sein Hauptziel, Personal zu suchen und – vor allem – behalten. Inzwischen ist er sehr stolz auf sein „wunderbares Team, das richtig Bock auf den Laden hat und auch plant, eine Weile zu bleiben“.

Marvin Plattner will Behind the Scenes

Langfristig plant Marvin Plattner, nicht mehr zwischen Kellner und Bartender zu differenzieren. Das komplette Personal wird in der Kunst der Bar geschult. Für den Gast ist ihm wichtig, dass Menschen den „Abend ihres Lebens“ haben, wenn sie ins Limonadier kommen. „Die Drinks sind zwar wichtig, aber sie sind nicht das allerwichtigste. Wir holen Leute von der Tür ab und zerren sie mit in unsere Welt. Wenn Menschen für einen Drink kommen, aber für fünf bleiben, dann haben wir unseren Job getan.“
Besonders stolz ist er auf die hintere Bar, die im Februar 2018 eröffnete wurde und sich momentan in Sommerpause befindet. Keine Sorge, „Behind the Scenes” macht passend zum BCB im Oktober 2018 wieder auf. Betreten kann man die Bar nur durch das Limonadier, trotzdem findet sich hinten eine ganz andere Karte und komplett eigenes Barpersonal. Der Raum kann ungefähr 40 kultivierte Trinker beherbergen und ist ein bisschen wie Marvins erstes Baby.
„Es hat ein bisschen gebraucht, bis sie Anklang gefunden hat, aber wir sind unglaublich zufrieden mit der Bar. Es steckt so viel Herzblut von allen Seiten drin und ich freue mich sehr drauf, im Oktober Behind the Scenes wieder aufmachen zu können.“ Bis dahin befinden sich auf der wechselnden Monatskarte des Limonadier immer wieder auch Drinks von hinten.
Wenn Marvin mal frei hat, geht er in die The Hat Bar, zu Yasin. Dort setzt er sich an den Tresen und bestellt eigentlich nichts, sondern trinkt nur das, was ihm vorgesetzt wird. „Yasin kennt meinen Geschmack ziemlich gut.“ Auch das ist Gastgebersein, genauso wie es im Limonadier gelebt wird.

Credits

Foto: Marvin Plattner

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