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Liquid Diary Cocktailbar in Innsbruck

Damir Bušić hat mit seinem Liquid Diary einen besonderen Ort in Innsbruck geschaffen

Wie die Innsbrucker Triumphpforte ruht das Liquid Diary auf zwei Pfeilern: Damir Bušić und Dave Saremba. Nicht nur, dass beide en suite die österreichische World Class gewonnen haben, sie geben in der westösterreichischen Bar-Landschaft mächtig Gas. Wir haben vorbeigesehen und uns in das flüssige Tagebuch eingetragen.

Keine 18 Monate hat das „Liquid Diary“ geöffnet, doch in dieser Zeit hat sich Damirs Diarium als eine der wichtigsten Trinkstätten nicht nur in Innsbruck etabliert. Die Stadt im Westen Österreichs hat sich die letzten Jahre quasi angeschlichen an den hyperaktiven Nabel der Austro-Barwelt Wien, das irrlichternd-kreative Linz und das solide Salzburg.

Von Douglas Adams zu Damir Bušić

Es ist zwar schon Jahrzehnte her, dass sich Innsbruck mit einem Bier-Rausch die Weltliteratur weitergebracht hat. „Not particularly drunk, just the sort of drunk you get when you have a couple of stiff Gössers after not having eaten for two days straight”, war Douglas Adams damals am Campingplatz Reichenau – und hatte 1971 beim Sternderl-Schauen am Inn die Idee zu Per Anhalter durch die Galaxis.

Tempi Tirolenses passati: Das Gösser-Bier ersetzen heute vielfach Tiroler (Kreativ)Biere, doch dafür flossen noch lange „Weiß-Sauer“ und „Weiß-Süß“, die Weinschorlen mit Soda bzw. Sprite, hektoliterweise. Erst Pioniere wie der „Erlkönig“, später die Hotelbar „5th Floor“ und der unverwüstliche „Pfiff“ im Schwarzen Adler brachten Cocktail-Standards mit.

Und dann war da noch der Mann aus dem Tannheimer Tal, der hinter den Rathaus-Galerien, fußläufig von der Pizzerei und der Stage 12, den anderen bekannten Innenstadt-Bars, 2018 ein Ecklokal umbaute. Statt indischen Gewürzen im Tandoor gab’s nun alpine Botanicals in der Punchbowl.

Liquid Diary Cocktailbar in Innsbruck
Im Liquid Diary wird tatsächlich Tagebuch geschrieben. In der Cocktailkarte bleibt nämlich seitenweise Platz für Gästekommentare und Zeichnungen.

Ätsch! Mit dem Liquid Diary kreativer aus der Krise

Der 42-jährige Damir Bušić war über ein Gastspiel in „Selles Wohnzimmer“ nach Innsbruck gekommen. Kaum, dass die Farbe trocken war, holte sich Damir Bušić noch den Austro-Sieg der World Class. Ein Knatsch um die Namensrechte ließ das Konzept kurzfristig implodieren, doch als „Liquid Diary“ wurde der Traum von der eigenen Bar noch konziser umgesetzt.

Damit zog noch mehr Phantasie ein am Adolf-Pichler-Platz, selbst abseits der Drink-Kreationen. Mit einem „Skiwossa“ in der Hand, dem Signature-Highball mit der Kräuterlimo Almdudler, blättert man durch die Hinterlassenschaften anderer Gäste. Denn im Liquid Diary wird tatsächlich Tagebuch geschrieben. In der Cocktailkarte bleibt nämlich seitenweise Platz für Gästekommentare und Zeichnungen.

„Die Idee dabei war der maximale Austausch mit den Gästen“, freut sich der Tiroler, der immer ein wenig an seinen Landsmann Tobias Moretti mit Vollbart erinnert. Buntstifte und Kulis liegen an den Tischen auf und es findet sich erstaunlich wenig Zotiges im Tagebuch. Dafür staunt man über das Zeichentalent der Gästeschaft – und ist selbst gefordert bei einem etwaigen Erinnerungseintrag.

Liquid Diary Cocktailbar in Innsbruck
Dogmen gibt es keine. "Wir bereiten jeden Drink gerne zu.“
Liquid Diary Cocktailbar in Innsbruck
Liquid Diary Cocktailbar in Innsbruck

Lieb zur Umwelt, penibel am Shaker

Nach wie vor ist die Bar ein „work in progress“, die vormittägliche Öffnungszeit als Café hat man etwa wieder sein lassen. Dafür kristallisiert sich der Fokus auf die Tiroler Botanik klarer heraus in den Eigenkreationen. „Die saisonale Karte ändern wir immer mit den Jahreszeiten“, liegt dem Tagebuch-Verleger die alpine Natur seit seinen Jugendtagen im Ausserfern am Herzen.

Strohhalme gab es daher vom Start weg keine in der Bar. Extra hat Tüftler Damir Bušić einen Weg gefunden, dass die Glas-Halme auch tatsächlich klar bleiben und im Spüler nicht trübe werden. Die Wassergläser sind bewusst klein, ein weiterer Trick zur Öko-Erziehung: „Weißt du, was wir jeden Tag wegschütten mußten?“ Statt Zero-Waste-Geflunker erklärt er gerne diese Gesten in seinem Lokal, etwa wenn er auch Servietten äußerst sparsam reicht.

Liquid Diary Cocktailbar in Innsbruck
Thonet-Hocker, roter Plüsch, Spiegel und dezenter, moderner Soul von Sharon Jones, Charles Bradley und Co. aus der Bose-Box.

Alpin und mediterran – Eingebung aus der Umgebung

Was mit dem im Liquid Diary zelebrierten Espresso begann (die Kaffeemaschine ist der zweite Blickfang neben dem schiffsrumpfartigen Rückbuffet), hat sich mittlerweile als selbstbewußte Ausrichtung nach Süden manifestiert. „Mailand ist von uns aus näher als Wien“, arbeitet man aktuell an der Vernetzung mit Italiens Bartendern. Auch das ist in einer Gegend, in der Altvordere immer noch von der „Unrechtsgrenze“ sprechen, wenn der Blick gegen Südtirol geht, keine Selbstverständlichkeit.

Aber so, wie auch der Tresen selbst als zentrales Element der Innsbrucker Bar fungiert – „man soll uns von allen Seiten sehen können“ –, ist auch der Blick des Barchefs offen nach allen Seiten. „Perfekt wie die Frau selbst“, fällt etwa seine italienisch-inspirierte „Sophia Loren“ aus, eine Rum-Italicus-Mischung mit geradezu schulmäßigen Amarena-Kirschen (die natürlich hausgemacht sind). Die komplette Küche nebenan ist ein Erbteil des Vorgängers, die im Dienste der Bar zu neuem Leben erwacht: Die getrockneten Blüten, mit denen der „Japan 10 Fizz“ ausdekoriert wird, entstehen hier ebenso wie Kräuterauszüge und Sirupe.

Keine Dogmen im Liquid Diary

Das erwähnte Auge für Details gilt auch für die anderen Cocktails, die hier über den Tresen gehen. Selbst die „kleine Piña“, eine Shotgröße mit Eiweiß und einem Hauch Curry, erfährt die volle Aufmerksamkeit. Sie steht nicht im Tagebuch-Menü, wird aber von Stammgästinnen geliebt. Dogmen gibt es schließlich keine, „wir bereiten jeden Drink gerne zu“.

Das gilt auch für die Rezepte früherer Ausgaben seines Liquid Diary. Denn die Karten werden gebunden und als Band ins Regal gestellt. „Wie früher ein Poesiealbum“, wird der Hausherr angesichts dieser Sammlung selbst lyrisch.

Liquid Diary

Adolf-Pichler-Platz 2
6020 Innsbruck

Liquid Diary Innsbruck: Trinkgefäße für Gefäßchirurgen

Doch es gibt auch einen praktischen Nebeneffekt: „Kommt ein Gast nach einiger Zeit wieder und weiß, wann er da war, reichen wir ihm den Band mit seinen alten Kommentaren.“ Eine clevere Kundenbindung in der Touristen-Stadt Innsbruck! Zumal bereits jetzt „etliche Amerikaner zu uns kommen, viele auch auf Empfehlung“. Der exzellente Ruf der Medizinischen Fakultät Innsbrucks, etwa in der Gefäßchirurgie, bringt auch jede Menge Kongresse mit sich. „Die internationalen Ärzte kommen gerne auf einen Whisky“, so der Barchef. Er musste aber auch schon für eine lokale Damenrunde deren Single-Malt-Liebling listen.

Die zeitlose „leicht koloniale Optik“ der Bar, die Damir Bušić vorschwebte, holt schließlich irgendwie alle ab: Thonet-Hocker, roter Plüsch, Spiegel und dezenter, moderner Soul von Sharon Jones, Charles Bradley und Co. aus der Bose-Box. Stilvoll – und mit Verbeugung in die Glas-Stadt Kufstein –kommt der Negroni Sbagliato im Tiroler Riedel-Glas zum Gast. Hibiskus und Zirbe geben ihm einen persönlichen Touch, denn im Grunde stehen in der Tagebuch-Bar hauptsächlich Twists auf klassische Rezepte im Mittelpunkt.

Schwellenangst durch Gespräche überwinden

Die 45 Plätze im Liquid Diary sind so besetzt, wie es bei guten Bars sein sollte – alle Altersschichten haben Platz. Dadurch, dass die Mixologen-Crew neben der charmanten Irena Convalexius vielfach auch selbst serviert, nimmt man im persönlichen Gespräch so manche Schwellenangst.

Für die versierten Barfliegen, die den Handgriffen des Teams im Spiegel wie auf einem Flatscreen folgen können, locken auch kräftige Originale. Der Vieux Carré zu 11,70 Euro ist definitiv keine schlechte Idee, zumal man in diesem Jahr auch ein waschechtes New-Orleans-Festival beherbergte am Inn. Das Trinkerlebnis könnte man sogar seinem Tagebuch anvertrauen!

Dier Artikel erschien im August 2018 und wurde im August 2019 zuletzt überarbeitet.

Credits

Foto: ©Liquid Diary

Comments (1)

  • Gisela Huter

    Aus Verjus vom Respiz Hof Kölbl in Röschitz/Niederösterreich lässt sich ein sehr guter Durstlöscher mit Soda zum alkoholfreien Spritzer bzw. Schorle (ein Super-Durstlöscher) herstellen. Das Produkt aus grünen/unreifen Trauben wird auch als Zitronen- oder Essigersatz verwendet und lässt sich sicher auch zu alkoholfreien Cocktailversionen kombinieren.
    Idee zu dieser e.mail: der Artikel über Ihre Bar in Innsbruck in der Tiroler Tageszeitung vom 26.10.2019

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