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Der Ablauf hinter den Mixology Bar Awards

Zum Ablauf der Mixology Bar Awards: Was macht eigentlich die Jury?

Long List, Short List und am Ende gewinnt wieder Berlin? So stark die Reputation der MIXOLOGY Bar Awards ist, so hartnäckig halten sich Mythen um die Preise. Während der Abend der Preisverleihung näher rückt, erklärt der Jury-Vorsitzende Roland Graf die Aufgaben der „Neuner-Runde“ hinter den Awards.

Beginnen wir mit dem positivsten Aspekt der mittlerweile seit 2007 verliehenen Auszeichnungen für Bars in Deutschland, Österreich und der Schweiz: Es gibt nicht einmal einen Hauch, ein Geschmäckle von Käuflichkeit. Das ist ein Punkt, den man nicht genug betonen kann, zumal er direkt mit der Struktur der MIXOLOGY Bar Awards zu tun hat.

Um diese Struktur soll es im Folgenden auch gehen, denn sie ist selbst Preisträgern nicht immer klar. Allerdings garantiert der oft als recht kompliziert beschriebene Modus – wir sprechen von einem „zweistufigen Verfahren“, hüstel, hüstel –, dass die Awards zudem keine Agenda verfolgen. Denn dieses Gefühl hat man bei vergleichbaren Auszeichnungen immer wieder. Preise sind immer ein Auswahlprozess, da darf man sich nichts vormachen. Und man muss es aushalten. Doch wenn jemand den Schweinwerfer-Kegel offenbar bewusst lenkt, dann entwertet es die Leistungen aller anderen. Bei den MBA gibt es aber weder einen „Quoten-Ossi“, bewusst keine Frauenquote und, ja, es könnten in der Theorie auch fünf Awards nach Stuttgart gehen. Es gibt gar keine Quote. Für nichts.

Schwarmintelligenz mit Shaker

Denn die Jury der Awards sind Sie! Ja, Sie, sicherlich einige der hier Mitlesenden. Über 400 Personen aus der Bar- und Spiritzuosenszene dürfen Jahr für Jahr nominieren, wen sie besonders gut finden. Kategorie für Kategorie fragen wir im Online-Tool ab, wer etwa bestrickend Kreatives mixt, ein unvergesslicher Gastgeber oder ein begeisternder Brand Ambassador ist. Das Bild, das sich daraus ergibt, ist manchmal verschwommener – etwa bei Gleichstand an Punkten zwischen fünf Personen oder Bars – mitunter aber ein glasklares. Wenn die shakende Schwarmintelligenz des deutschen Sprachraums eine Bar einhellig toll findet, dann hat die neunköpfige Jury das schlicht abzunicken – und das tut sie dann auch. Die Jury ist eher ein Aufsichtsrat. Keine Oligarchenrunde.

Der Name des wichtigsten Gremiums auf dem Weg zu Awards-Ehren mag freilich verbesserungswürdig sein (Vorschläge bitte jederzeit übermitteln!). Aber ohne den Jury-Beirat aus den erwähnten über 400 Menschen läuft gar nichts bei den Mixology Bar Awards. Auch wenn sich das Wort mehr nach Beiwagen denn nach starkem Motor anhört. Doch das kennt der gelernte Mixologe: Nicht immer schmecken die Drinks mit dem geilsten Namen auch. Oft aber solche, die man gerne umbenennen würde, nur nach der fünften Bestellung gar nicht mehr dazu kommt im Rausch der Seligkeit.

Die Tagesordnung wird bereitet

So weit Stufe Eins. Nach dem Ende des Nominierungszeitraums wird lediglich noch einmal gecheckt, ob alles seine Richtigkeit hat. Nicht jeder weiß vielleicht, wie man Gonçalo de Sousa Monteiro schreibt – aber die Willenskundgebung ist zumeist erkennbar. Orte und Menschen sind wichtig für die MBA, nicht Orthografie. Wer allerdings für seine eigene Bar abstimmt, dessen Voting wird gelöscht. Hat eine Bar schon zwei Jahre geöffnet, bekommt sie keine Punkte in der Kategorie „Neue Bar“ gutgeschrieben. So weit, so logisch. Auch wenn man alljährlich auch eine Millisekunde an der Menschheit zweifelt. Etwa wenn der mittlerweile legendär gewordene Vorschlag Sascha als „Bartender des Jahres“ 2023 eingeloggt wurde. Nachname? Bar? Stadt? Fehlanzeige!

Aber das Treffen der Jury ist zum Glück keine Sache von Sekunden, sondern eines Tages. Die Tagesordnung dazu ist simpel: Es liegt eine Liste der zehn bestplazierten Kandidaten aus der Beiratsabstimmung vor. Das ist ihre Basis und sonst nichts. Diesen Punkt sollte man erwähnen, weil er einer der wenigen ist, der sich im Laufe der siebzehnjährigen Geschichte verändert hat. Denn das vor längerer Zeit gängige Vergeben von Wild Cards durch die Jury ist längst Geschichte. Keine noch so tolle Neuentdeckung eines einzelnen Jurors soll einen von 30 oder mehr Branchenkennern gekürten Kandidaten vom Zettel wischen können. Diskutiert wird in der Neuner-Runde der Jury aber dennoch genug.

Wer leider draußen bleiben muss

Phase Zwei hat es in sich. Denn das quasi umgekehrte Veto-Recht hat der ehrenamtliche Aufsichtsrat der MBA sehr wohl. Wenn es nachweislich zu unethischem Verhalten, unkorrekten Abrechnungen oder anderen Vorfällen gekommen ist, dann werden Anwärter auf die Long List jetzt auch gestrichen, natürlich auch dies immer nach eingehender Diskussion. Und: Ja, das kam durchaus schon vor unter dem Vorsitz des Autors. Wer am Ende auf dem Podest in Berlin steht, hinter dem soll die Community auch vorbehaltlos stehen können.

Eine weitere Neuerung wurde vergangenes Jahr eingebracht, um in den „Bar des Jahres“-Kategorien das jeweilige Know-How der ansässigen Juroren massiver zu honorieren. Nicht jeder deutsche Juror wird alle zehn Bars, die in der Schweiz nominiert sind, vielleicht persönlich besucht haben. Sie aber vom digitalen Hörensagen alias Internet-Präsenz her zu benoten, hielt die Runde einhellig für wenig zielführend. Bei den jeweiligen nationalen Preisen haben daher die Residents doppeltes Stimmgewicht. Doch auch hier gilt in der Regel: Eine klare Tendenz des Beirats lässt sich meist nicht umkehren, sondern allenfalls verstärken.

Denn die einflussreichtsten, aktuell am relevantesten Orte und Akteure sind nun einmal jene, die am häufigsten von den Kollegen genannt werden. Die valideste Währung bleibt, wo Bartender selbst trinken und wofür sie schwärmen. Was sonst sollte zählen? Jahresumsatz? Clicks von gekauften Fangemeinden? Die schönsten Interior-Fotos? Das dürfen gerne andere machen.

Die Jury geht auch „hands on“

Doch zurück zu Was tut die Jury denn sonst so?. Bei den „Bar-Produkten des Jahres“ besteht für alle Juroren Verkostungsmöglichkeit, auch die Barkarten des Jahres liegen allesamt physisch vor. So lässt sich der inhaltliche Innovationsgehalt eines Drink-Menüs oder seine spezielle Ästhetik beurteilen. Aber auch mit eigenem Gaumen feststellen, ob ein lokaler Spirituosenheld auch in Wien oder Luzern sensorisch begeistert. Doch auch hier addieren sich die Jury-Punkte lediglich zu den bereits vom Beirat eingelangten Stimmergebnissen. Es wäre ja auch widersinnig, einen neuen Liebling der Bartender (Produkt) oder eine neidlos von der Community anerkannte Barkarte mit einem Veto zu versehen.

Nun darf auch schon gerechnet werden. Den Sommer über werden Beirats- und Jury-Punkte addiert. Am Ende stehen jene fünf Vorschläge, die als Short List für Champagner-Korkenknallen sorgen. Kommuniziert wird aber nicht mehr. Soll heißen: Auch die Jury-Mitglieder erfahren die Sieger erst bei der Gala (diesmal also am 13. Oktober 2024 im Grand Hyatt in Berlin). Nicht nur die Gewinner werden auf der Bühne überrascht, sondern auch jene, die das davor streng gehütete Kuvert öffnen.

Wo geht’s hier zur Longlist?

Wer bis hier gefolgt ist, wird erkennen, dass die wichtigste Frage also lautet: „Wie komme ich zu einer Nominierung“? Sie wurde dieses Jahr so oft gestellt, dass sie den Anlass zu diesem etwas ausführlicheren Insider-Bericht gab. Die erste Antwort darauf lautet immer: Bewerben kann man sich nicht. Auch das sollen andere Formate bitte tun, MIXOLOGY macht das nicht so.

Trotzdem die ist Frage berechtigt, und sie wird häufig gestellt. Daher einmal hier enbloc, denn schließlich bedeutet unsere Idee von Urlaub nicht, alle 40 Minuten die oben skizzierten Wege zum Ruhm mit sonnenölgetränktem Finger ins Handy zu tippen. Vor allem Newcomern ist die Neugierde nachzusehen. Von ihnen lebt die Branche zum Glück gerade in schwierigen Zeiten. Und daher ist diese Erzählung aus dem Nähkästchen auch ihnen gewidmet. Denn der geschilderte Pfad auf die Long List (und im Idealfall der Durchmarsch auf die Shortlist) bedeutet für jede Bar, die einen Preis erstrebenswert findet, den zweifachen Appell: Begeistert Gäste und animiert sie, über die Drinks, das Gastgebertum und die Ästhetik der Bar zu reden.

Die größte Herausforderung der MIXOLOGY Bar Awards heute ist es, keine Scheinrealität eines gut gepflegten Insta-Accounts abzubilden. Sondern Trinkstätten auszuzeichnen, die Menschen mit ihrem Handwerk und ihrer Atmosphäre faszinieren. Ob durch Progressivität, durch Pflegen der Klassik, durch Modernismen oder Zeitlosigkeit ist egal.

Nur in Erinnerung bis zum nächsten Beirat-Voting müssen sie bleiben.

Credits

Foto: Astibuag – stock.adobe.com; Bearbeitung: Editienne

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