Der Bar-Koch im Hasenkostüm
Marcel Katzer wuchs in einem Wirtshaus namens „Brauner Bär“ auf, trotzdem war sein Weg in die Bar und das Kleinod nicht vorgezeichnet. Dass die Frohnatur den Weg hinter den Tresen fand und dort mehr als eine gute Figur macht, lag an seinen Mentoren und einer Vorliebe für konzeptionelles Denken. Und nicht zuletzt an einem Hasenkostüm.
Es sagt einiges über Marcel Katzer aus, dass er die Geschichte seiner „Entdeckung“ immer noch gerne selbst erzählt. Denn der 25-jährige Niederösterreicher aus dem Kleinod in Wien, für den man sich den Beinamen „Shooting Star“ allmählich abgewöhnen kann, hat ein sonnig-heiteres Gemüt.
Ergo muss er angesichts seines unkonventionellen Wegs hinter die Bar immer noch schmunzeln. Dass es beruflich die Gastronomie werden würde, stand für das „typische Wirtshauskind“ (die Familie führt das Brauner Bär in Greifenstein an der Donau) früh fest: „Es war grandios, dort aufzuwachsen“. Allerdings interessierte sich Marcel Katzer in der Gastgewerbeschule am Judenplatz im nahen Wien vor allem für die Kochausbildung. Heutzutage wäre das ja keine schlechte Voraussetzung für Barmänner, doch anno 2007 stand Katzer der Sinn eher nach den Küchen der Wiener Nobelitaliener Fabios und Procacci.
Der Weg ins Kleinod: Lernen mit Good Cop Bad Cop
Selbst als es ihn dann in die erste echte Bar verschlug, die brummende Sky am Dach des Kaufhauses Steffl (mit Sicht auf die ebenso genannte Wiener Kathedrale), durfte der 17-Jährige nur als Kellner werken. „Nachtarbeit war damals rechtlich nicht drinnen.“ Womit wir uns dem für Heiterkeit sorgenden Auftritt im Hasenkostüm nähern, in dem David Schober und Oliver Horvath vom Club Chaya Fuera die Frohnatur einst entdeckten. „Wenn du einmal einen echten Job brauchst, melde dich“, gab Schober – damals noch nicht Kleinod-Mitbesitzer – Marcel Katzer als Rat mit. Der schrieb sich das hinter die Hasenohren und heuerte prompt im Chaya Fuera an.
Das nötige Bartraining lieferte dann nicht nur David Schober, sondern auch sein Berlin- und Barcelona-versierter Bruder Daniel. Den heute im Clandestino selbständigen Bar-Kreativen bezeichnet Marcel Katzer bis heute als seinen Mentor, parallel unterstützte auch Markus Altrichter den Jungspund. Damit gehört er auch zum „Oldjudge-Clan“, mit dem Altrichter seine Falernum-Rezepte weiterentwickelt. „Er war immer der Nette, während Dani Schober eher strenger war“, schildert Marcel Katzer die perfekte Ausbildung durch die beiden Wiener Größen. Mit intensiven Barbesuchen – „ich habe immer alle gefragt, wie sie etwas machen und warum“ – verfestigt sich der Weg vom Koch hin zum Bartender.
Marcel Katzer agiert gerne unter Druck
So war es 2015 auch klar, dass er Schober und Horvath, dem Club-müden Gastroduo, das zusammenspielt „wie ein altes Ehepaar“ (Schober), ins Kleinod folgen würde. Mit seiner Arbeit dort machte sich der Youngster im Team schnell einen Namen, auch die Performance beim Austro-Finale der World Class blieb trotz Zeitüberschreitung in Erinnerung. Mixen mit Lamm-Fond, Preiselbeere, Rosmarin und Tequila zeigte das Faible des Kleinod-Bartenders für starke Aromen auf. Die Nominierung für die Shortlist der MIXOLOGY BAR AWARDS 2018 als „Newcomer des Jahres“ war der sichtbare Ausdruck dieses Erfolgsjahres für Katzer. Mittlerweile hat übrigens auch der jüngere Bruder von Marcel in der Bar-Community angedockt – seit kurzem assistiert er der famosen Sigrid Schot in der Hammond Bar.
Neben der südamerikanischen Küche liebt Marcel Katzer vor allem das Arbeiten unter Druck, wie es bei Cocktail Competitions gefragt ist. „Die World Class gewinnen“, nennt er daher als eines der Ziele, wenn es um seine Zukunftspläne geht. „In fünf Minuten einen Drink kreieren ist genau meins“, erläutert Katzer „Generell bin ich unter Druck am besten.“
Was nicht heißt, dass er sich nicht auch hingebungsvoll dem Selbermachen von Zutaten widmen würde. „Mit Kräutern kann man so geile Sachen machen“, kommt die alte Kochleidenschaft dann wieder durch. Ein noch namenloser Mezcal-Drink mit Petersilie und Cherry Heering treibt ihn etwa aktuell um. Bitters aus Gemüse-Stängeln und Sirups, „in die ich viel Liebe stecke“, gehören ebenso zu Bar-Koch Katzers Spezialgebieten.
Es darf noch eine Weile Kleinod sein
Dementsprechend gibt es nur eines, das seine Frohnatur dämpfen kann: Wenn das Wiener Publikum sich wieder nur an die einfachen Drinks hält. „Ich mache ja gerne Mojitos und Caipirinhas“, würde sich Marcel Katzer aber auch über mehr Pisco Gimlet-Bestellungen oder den Mut zum Wasabi Martini, seiner Empfehlung von der Kleinod-Karte, freuen. Denn der 25-Jährige träumt von der Nachfrage nach elaborierteren Drinks und thematischen Cocktail-Menüs. Immerhin: Der Austro-Gigant der C02-Kapseln hat ihn gerade mit einer Serie von Signature Drinks beauftragt. „Für isi erstelle ich die Rezepturen für ihre Soda-Siphons“, merkt man seine Freude mit diesem Projekt.
Denn immerhin ist Basecap-Fan Katzer seit wenigen Monaten auch „Certified Advisor of Spirits“ (nach Jürgen Deibel). Und Drinks mit Soda und möglichst wenig Zucker seien momentan ohnehin wieder stark gefragt im Schatten des Stephansdoms. Apropos gefragt: Was sind denn die Karrierepläne von Marcel Katzer? „Auf jeden Fall noch weiter mit den Jungs zu arbeiten“, genießt er die Zeit im Kleinod nach wie vor. Sollte diese „stressige, aber zufrieden machende Arbeit“ jemals enden, kann sich Marcel aber auch „eine ruhige, eigene Bar“ vorstellen.
Zurück nach Greifenstein?
Und immerhin wartet ja auch Papas Gasthof irgendwann auf die Übernahme, kokettiert er mit einer späteren Rückkehr nach Greifenstein. Dann würde der Weg, der als „Hase“ begann, beim „Braunen Bär“ enden. Tierisch gute Pointe!