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Maria Gorbatschova Green Door Bar Schöneberg

Maria Gorbatschova lenkt die Magie der Green Door Bar

»Alle Drinks sind gleichberechtigt und verdienen die gleiche Aufmerksamkeit. Auch ein Gin & Tonic ist kein Drink zweiter Klasse.«

— Maria Gorbatschova

Bars altern nicht immer gut, aber das Green Door in Berlin altert zeitlos. Im Moment ist es Barchefin Maria Gorbatschova, die den Bogen von Flying Kangaroos für langjährige Stammgäste zu selbstgemachten Shrubs und Fermentation spannt. Und das mit Zurückhaltung und Bravour.

„Im Green Door Bar wollte ich immer schon arbeiten. Die Bar erdet mich. Und das, obwohl ich mich in diesem großartigen Design wie in einem David-Lynch-Film fühle“, beschreibt Maria Gorbatschova.

Green Door: Porno und Stammgäste

Der Titel dieses Films lautet aber eben nicht Lost Highway oder Wild at Heart. Sondern Green Door. Tatsächlich wählte der Gründer der Green Door Bar, Fritz Müller-Scherz, den Namen einerseits in Anlehnung an einen Pornofilm aus dem Jahre 1972, der stets zu den Green-Door-Jubiläumsfeiern im Hintergrund flimmert.

Andererseits ist der Name eine musikalische Hommage. Manche vermuten, sie gelte dem Jazz-Gitarristen Eddie Condon, andere tippen auf einen Song von Jim Lowe aus dem Jahre 1956, den Shakin’ Stevens 1981 erfolgreich coverte. Das Geheimnis lässt sich nur hinter der grünen Türe lüften. Und dort erwartet auch Maria Gorbatschova ihre Gäste, und vor allem treue Stammgäste.
Manche kehren seit 1995, dem Jahr der Eröffnung, immer wieder an den langen Tresen vor den geschwungenen Wänden zurück.

Vier Jahre ist es her, dass Maria an die Tür des Green Door klopfte und eine Stellung als Kellnerin übernahm. „Damals durfte ich noch gar keine Cocktails zubereiten“, lacht die Barchefin. Heute verantwortet sie die Geschicke eines Trinktempels, auf den die Hauptstadt mit hohen Erwartungen blickt. Und das seit beinahe 25 Jahren. „Bars altern nicht immer gut, aber die Green Door altert zeitlos. Ich mag das und freue mich auf die Jubiläumsfeier 2020“, erklärt Gorbatschova.

Maria Gorbatschova Green Door Bar Schöneberg
Der stille Star der Green Door Bar | ©Stefan Maria Rother

»Bar ist besser als Büro. Wenn man es richtig macht, bleibt man beim Bartenden auch jung.«

Vom Maschinenbau zur Cocktailkonstruktion

Maria erblickte das Licht der Welt in Russland. Frau Gorbatschova, ihre Mutter, verliebt sich in einen Deutschen, Herrn Neumann, und so gelangt ein siebenjähriges Mädchen nach Emmerich am Rhein, unweit der niederländischen Grenze.

Als pfiffige junge Frau studiert sie Maschinenbau in Bochum, um später für ein weiteres Studienfach nach Berlin überzusiedeln. Produktdesign lautet die neue Herausforderung, die sie mit einer Abschlussarbeit zum Thema Cocktailglas-Design abschließt.

Zehn Jahre ist sie nun in Berlin. Sie jobbte neben dem Studium stets in Cocktailbars und fing mehr und mehr Feuer für das nächtliche Drinkdesign. Arbeit? Maria verströmt in erster Linie Freude: „Diese Art von Arbeit war immer so entspannt. Mir macht es Spaß, Drinks zu mixen und dabei intensive Interaktion mit Menschen zu erleben. Manchmal war ich fast erschrocken, wie leicht mir das fällt. Und dass man so sein Geld verdienen darf.“

Maria Gorbatschova setzt auf akribische Warenkunde

Mit Maria treffen wir eine Perfektionistin der leisen Art. Social-Media-Getöse und Wettbewerbseifer liegen ihr nicht. Ihr Privatleben ist ihr wichtig, und so verbringt sie viel Zeit mit Freunden und in der Natur.

Dafür investiert sie gemeinsam mit ihrem Team ein hohes Maß an Zeit und Akribie in Warenkunde und Cocktailentwicklung. „Alle zwei Wochen bilden wir uns gemeinsam fort. Wir testen Produkte und verkosten viel. So haben wir den idealen Zeitpunkt des Abseihens herausfinden wollen. Wir haben Drinks zubereitet, gerührt und alle zehn Sekunden probiert, um die Entwicklung von Temperatur und Schmelzwasser zu erkunden. Ein Vodka Martini sollte eigentlich viel weniger gerührt werden.“

Green Door

Winterfeldtstraße 50
10781 Berlin

So - Do 18 - 03 Uhr, Fr & Sa 18 - 04 Uhr

Gerührt wird im Green Door nur in Metall

Ein Resultat der Drinksstudien war, dass die Green Door sämtliche gläsernen Rührgläser ausmusterte, gerührt wird ausschließlich in Metall. „Der Unterschied ist immens“, konstatiert Maria Gorbatschova. „Sechs Grad betrug die Differenz. Aber wir wollten auch wissen, wie ein Drink nach zehn Minuten beim Gast schmeckt. Was geschieht, wie entwickeln sich die Aromen? Und wann macht es Sinn, einen leicht erwärmten Drink für den Gast, der langsamer trinkt, in ein frisches, kaltes Glas umzufüllen? Der Service ist nicht erledigt, wenn der Drink geschickt ist!“

Das Green-Door-Team greift auch auf Gartenanbau in Brandenburg zurück und bezieht frische Zutaten frisch vom Feld. Statt einer Happy Hour hat Maria Gorbatschova sich ein Konzept für den frühen Abend einfallen lassen, der zugleich spannend und preisgünstig anmutet. Freitag bis Sonntag offeriert die Karte zwischen sechs und neun Uhr abends vier ständig wechselnde No-Waste-Drinks zum günstigen Tarif von acht Euro. Sauerampfer, Rhabarber, Shrubs, Eingelegtes, Fermentiertes und Selbstgemachtes aus Resten wird dabei verarbeitet und in ein spannendes Trinkvergnügen verwandelt.

Flying Kangaroos für die Stammgäste

Ansonsten besteht die Karte fast nur aus Eigenkreationen, wie die 31-Jährige erläutert: „Die Karte ist ein Gemeinschaftsprojekt des gesamten Barteams. Alle wirken an der Kreation mit und bringen Ideen und Kritik ein. Die Seiten der Karte sind neuerdings einzeln austauschbar, so bleibt das Menü in ständigem Wandel und bietet immer etwas Neues.“

Ihr aktueller Lieblingsdrink ist der „Dead River“ mit gereiftem Rum, Pechuga Mezcal, Espressolikör, Muskateller Sherry und Limettenbitters. Auch wenn die Bar ihren Blender und die Verwendung gefrorener Fruchtzutaten ausmusterte, so weiß die Barchefin doch um die Bedürfnisse ihres Publikums: „Manche Gäste begleiten das Green Door schon seit der Eröffnung. Manche kommen regelmäßig an ihrem Hochzeitstag, weil sie sich an diesem Tresen kennengelernt haben. Dann erwarten sie eben auch „ihren“ Drink. Sei es ein Martini oder ein Mai Tai. Auch wenn diese Drinks nicht auf der Karte stehen, werden wir sie sehr gerne zubereiten. Alle Drinks sind gleichberechtigt und verdienen die gleiche Aufmerksamkeit. Auch ein Gin & Tonic ist kein Drink zweiter Klasse.“

Die Gläser aus dem Studium werden nun doch designt

Gerne lauscht man Marias Expertise. Denn sie bringt auf angenehm zurückhaltende Weise alle relevanten Momente des Barbetriebs zusammen. Sie ist technisch interessiert und hinterfragt ständig die Prozesse und Abläufe. Zugleich spürt man ihre Begeisterung für das Warmherzige und Offene des Gastgebertums. Ihren beruflichen Weg hat sie nie bereut: „Bar ist besser als Büro. Ich darf authentisch sein, ich selbst. Wenn man es richtig macht, bleibt man beim Bartenden auch jung. Außerdem darf ich immer Neues lernen und mich fortbilden.“

Und was sind die nächsten Pläne von Maria, neben den Vorbereitungen für die 25-Jahr-Feier der Green Door Bar? „Ich werde das Gläserdesign aus meinem Studium herausbringen. Und in der Bar werden wir demnächst einige spannende Drinks mit Sake auf die aktuelle Karte nehmen.“

Maria Gorbatschova, ein stiller Star

Privat geht sie gerne auf einen Drink in die Velvet Bar und in das Becketts Kopf. Aber vermutlich sinniert sie auch dort über die ideale Behandlung ihrer Früchte und die perfekte Dosierung aus einer Zeste.

Es ist gut, dass es diese stillen Stars der Bar gibt.

Credits

Foto: ©Stefan Maria Rother

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