Auf der Suche nach dem alkoholfreien Verdauungsschnaps: Licht am Ende des Tunnels
Das Markmans Herbal Elixir ist ein alkoholfreies Kräuterprodukt auf Grüntee-Basis. Eva Biringer hat damit etwas gefunden, was sie lange gesucht hat: eine alkoholfreie Alternative zum geliebten Verdauungsschnaps. Wie sich zeigt, steckt hinter dem Markmans Herbal Elixir No.1 – so der eigentliche, vollständige Name – auch die Geschichte eines Aussteigers. Und viel Licht.
Ich glaube an Aszendenten, Akupunktur und dass es Glück bringt, wenn man auf der Straße gefundene Centstücke eine Weile auf dem Schreibtisch liegen lässt. Abgesehen davon trinke ich die Kraft des Lichts. Weil selbst mir das etwas gaga vorkommt, spreche ich lieber von meinem alternativen Verdauungsschnaps. Aber von vorn.
Was zählt, ist das Feeeeeeling
Aus Gründen, die zu komplex sind, um sie hier dazulegen, trinke ich seit einiger Zeit keinen Alkohol mehr. Halb unbewusst beginnt man, Dinge zu ersetzen. Statt Wegbieren trinke ich Yuzulimonade. Statt Dreißig-Euro-Naturweinflaschen bestelle ich Dreißig-Euro-Kombucha aus dem Baskenland. Kurzum, es geht eh. Nur den Schnaps kriegt man nicht so leicht wegersetzt. Ich rede nicht vom Sambuca an der Bar eines illegalen Raves, auch nicht vom Grappa beim Stammitaliener (wobei man in neapolitanischen Pizzaläden eher Büffelmilcheis bekommt), sondern vom Verdauungsschnaps am Ende eines Fressgelages. Man braucht diesen Schnaps, einerseits zur Vollendung des Rituals, andererseits, um sich besser zu fühlen. Zwar widerspricht die Ernährungsmedizin, aber was zählt, ist das Feeeeeeling.
Die allermeisten alkoholfreien Destillate fand ich bisher eher ernüchternd. Alkoholfreie Spirituosen darf man sie nicht nennen, so wie eine Hafermilch strenggenommen keine Milch ist und eine Schokolade ohne Zucker Kakaofruchttafel heißen muss, aber das ist eine andere Geschichte. Zu alkoholfreiem „Rum“ oder „Whiskey“ will ich schweigen. Auf alkoholfreie „Gins“ muss man sich einlassen, ohne Filler läuft da allerdings nichts. Am besten scheint das Konzept noch mit „Wermut“ oder „Bitters“ aufzugehen, weil der Bitterton wenigstens entfernt an das alkoholische Mundgefühl erinnert, wie eine leicht vergilbte Postkarte an einen lange zurückliegenden Italienurlaub. Aber einen Digestif, den man mit der letzten, einem im Foodkoma verbleibenden Kraft schwenkt, nach einer doppelten Portion Pflaumencrumble und Gesprächen über die falsche Altersvorsorge und die richtige Fadendichte der Biobettwäsche – den gibt es einfach nicht ohne die zugehörigen Promille.
Der Geruch von nach Regen dampfendem Fichtenwald
Dachte ich, bis ich Mark Gebehart kennenlernte. Der Beschreibung der Verkäuferin im Alkoholfrei-Shop zufolge stellte ich mir eine Art Techno-Rübezahl vor. Nach einem Burnout habe er viele Jahre lang mit Wald-und-Wiesen-Tinkturen experimentiert, dann habe er das Licht gesehen, und es direkt in sein Getränk transportiert. Oder so ähnlich. Ich war hin und hergerissen. Einerseits sprach das meine esoterische Seite an, meine innere kleine Schwester, die beim Mandalamalen Edgar Tolle hört. Andererseits schlug die rationale Eva Alarm, die schon allein durch ihre journalistische Arbeit immer ein bisschen mitbeteiligt ist an der Entzauberung der Welt. Um das Dilemma zu lösen, kaufte ich die Flasche. Sie kostete 25 Euro, ein Liter, das kam mir viel vor, vor allem zusammen mit dem Hinweis, dass sie sich nur zehn Wochen lang halte.
Ich teilte sie mit einer Freundin. Dann bestellten wir chinesisches Take-Out-Food und bereuten es sehr. Kurs, bevor die Gespräche fresskomabedingt zum Erliegen kamen, fiel uns die Literflasche im Kühlschrank ein. Wir schenkten uns zwei Schnapsgläser ein. Vielleicht lag es daran, dass ich noch das Waldschratbild im Kopf hatte, aber diese kupferfarbene Flüssigkeit roch wirklich nach Naturschutzgebiet. Einem vom Regen dampfendem deutschen Fichtenwald, vielleicht auch Tanne. Nach all den Kräutern, die bei einer Pilzsuche im Manufactum-Körbchen landen, deren Namen man höchstens mit Hilfe einer App bestimmen kann. Dann tranken wir. Auf der Website stand: „Der Geschmack des Herbal Elixir No1 ist sehr unique und markant, was es herausfordernd macht, ihn zu beschreiben.“ Versuchen wir es trotzdem mal: Diverse Gewürze, darunter Nelke und Kardamom. Ein dichtes Mundgefühl, die Zunge seltsam gekühlt, wie von Eukalyptus oder jenen Eisbonbons, die wir früher (also ganz früher) in Vodkaflaschen auflösten. Es schmeckte auch nach Badewasser, aber auf eine gute Art. Die Basis schien Tee zu sein, aber sonst? Selbst nach dem Schlucken passierte viel, ein den Atem und irgendwie auch den Geist erfrischender Nachgeschmack blieb minutenlang bestehen. Wir waren Fans.
Wenn ich von nun an von einer Pizzaofeneinweihung oder einem Käsefondueexzess nach Hause kam, genehmigte ich mir in der dunklen Küche stehend ein, zwei Gläser Markmans. Wenn ich Gäste hatte, teilte ich aber auch gerne und fühlte mich dabei manchmal wie eine Hohepriesterin des Lichts, die ihre Jüngerinnen bekehrt. Das lag bestimmt auch daran, dass ich mir alles durchgelesen hatte, was auf der Markmans-Website stand. Der frühere Werbeagenturkreativchef hat dafür gesorgt, dass kein Auge trocken bleibt. Ich zitiere: „Sieben wundervolle Jahre entwickelte unser Gründer Mark (aka Markman) die Rezeptur für das köstliche und wohltuende Getränk namens Herbal Elixir No1. Es vitalisiert auf physischer sowie geistiger Ebene. Der starke Grüntee (aha!) gepaart mit der geheimen Mixtur aus reinen Essenzen der Kräuter, bewirken nicht nur eine angenehm belebende Wirkung auf den Körper, sondern erhellt sogar das Gemüt.“ Und weiter: „Oftmals wird von Kunden berichtet, dass ihnen ‚ein Licht aufgeht‘, wenn sie das Elixir trinken.“ Dieser Effekt wird an späterer Stelle mit dem einfachen Umstand der Zusammensetzung auf inhaltlicher Ebene erklärt („da ist Licht drin“). Manche Behauptungen sind grammatikalisch nicht ganz stimmig („Du atmest die Seele, das Licht der Natur“), aber letztlich ist die finale Botschaft eine, gegen die nicht mal ein Aluhut was haben kann: „Schön, dass es euch gibt.“ Die passenden T-Shirts gibt es im Onlineshop zu bestellen.
Markmans Herbal Elixir zwischen Rave und Bio-Supermarkt
Irgendwann beschloss ich, mal bei diesem Mark anzurufen. Eine Kölner Festnetznummer, den Termin haben wir bei Instagram ausgemacht – wo sich das Label mit dem Satz „Hi, we love you. That’s the essence“ vorstellt. (In der Zwischenzeit ist Mark Gebehart auf einen alten Bauernhof in den bayrischen Voralpen gezogen, Anm.) Mark Gebehart klingt ein wenig heiser und räuspert sich öfter mal beim Sprechen. Vor zehn Jahren habe er erstmals versucht, einen möglichst gesunden Drink auf Kräuterbasis zu kreieren. Die Beschäftigung mit ätherischen Ölen von Heilpflanzen und Gewürzen hätten „etwas mit ihm gemacht“, eine Formulierung, die der 49-Jährige noch öfter gebrauchen wird. Nach sieben Jahren dann der Heureka-Moment: ein Getränk, das den Körper heilt, auch wenn er das offiziell wegen deutschem Apothekerrecht oder ähnlichem nicht kommunizieren darf, und das die Konsumentinnen und Konsumenten „dankbar stimmt“.
Noch besser als auf einer Kölner Kunstmesse sei es auf Festivals angekommen, nicht Rock am Ring, eher solche, auf denen Stelzenläufer mit brennenden Reifen jonglieren. Die Fusion beispielsweise ist ja viel weniger Designerdrogen als Tarotkartenlegen auf der Tanzfläche, mit extrem hoher Pluderhosendichte. Viele Leute sehen da das Licht, auch nachts. Auf einem Festival hat Mark denn auch seine zwei „Herzfreunde“ und heutigen Geschäftspartner Floppo und Peter kennengelernt.
Markmans Herbal Elixir, sagt Mark, sei nie als Alkoholersatzprodukt gedacht gewesen, zumal es auch in Kombination mit braunem Rum, Gin oder Crémant schmecke. Dann schwärmt er von Partys, auf denen die Gespräche dank seines Herbal Elixirs eine andere Qualität bekämen, von den „Vibes, der kollektiven Stimmungsveränderung.“ Ob er uns das mit dem Licht noch mal erklären kann? „Gemeint ist die Seele der Pflanze, die, ähnlich wie beispielsweise THC, in der Lage ist, die Bluthirnschranke zu überwinden, und so als „Gedankenveredler“ funktioniert.“
Lebensnaher klingt die andere Erklärung: „Die Basis ist starker grüner Tee, der von Haus aus eine belebende Wirkung hat. Meine Jungs und ich trinken morgens ein paar Schluck davon, oder mittags, statt Espresso.“ Starker grüner Tee, okay, okay, und was ist sonst drin? Zurückhaltender Mark: „Bio-Apfelsaft von ‚glücklichen‘ Streuobstwiesen, ätherische Öle, Kardamom, Ingwerextrakt, etwas Zitrone, der Rest ist geheim.“ Im Moment sind seine Kunden hauptsächlich Privatabnehmer, in Zukunft würde er gerne Biosupermärkte beliefern. Gut möglich, dass das Herbal Elixir auch auf derzeit wirklich mal illegalen Partys ausgeschenkt wird, als Ersatz oder zusätzlicher Anschub für die „Bämm“-Momente, wie Mark sie nennt. Ich meine, hey: Wir haben früher Vodkashots in Mate gekippt.
Licht am Ende eines langen Winters
Nach unserem Gespräch dachte ich längere Zeit nach. Über einen Hippie-Entrepreneur, der sich nicht zu schade ist, über Schamanismus und Synapsen als Point of Creation zu sprechen, und wie leicht es ist, sich über all das lustig zu machen. Ich fragte mich, ob der Hang zur Esoterik mit dem Alter zunimmt oder meine Begeisterung für dieses seltsame Produkt mit meiner Abstinenz zu tun hat und der Suche nach einem Verdauungsschnapsersatz.
Dann entschied ich, dass man etwas auch einfach mögen kann, weil es schmeckt und einem ein gutes Gefühl gibt, und dass ich allem weiteren auf einer der kommenden Partys nachgehen werde. Denn dass wir am Ende eines langen Winters das Licht sehen werden, scheint mir so verlässlich zu sein wie die in meinem Portemonnaie aufbewahrten Glückskekssprüche.
Credits
Foto: Markmans
Lotte Pike
Nach Feierabend auf der Mixology Website, staunte ich nicht schlecht, dass mich plötzlich ein Markmans Fläschchen von der Website anlachte. Da schau her: Das “Herbal Elixir” hat es nun auch in das Magazin für Barkultur geschafft – chapeau!
Schade ist an dieser Stelle, dass der Eindruck erweckt wird, es handle sich um einen geheimnisvollen Trunk eines Aussteigers. Die Storyline samt ihrer metaphorischen Elemente, die mehr oder minder treffend gewählt sind, trieft nur so voller Klischees. Das tut mir umso mehr weh, weil ich nicht den geheimnisvollen Trunk, sondern das “Herbal Elixir No. 1” selbst probieren durfte. Auch ich hatte zuvor über einen guten Bekannten von dem Getränk und auch von Mark gehört, klickte mich auf die Website und dachte “Probieren geht über Studieren”. Als durchweg rational getriebener Geist mit der nötigen Portion Offenheit und menschlicher Demut, nicht nur das, was wir imstande sind mit unseren Sinnen wahrzunehmen, als “wahr” und “existent” zu betrachten, nippte ich an einem Morgen an weniger Elixir als mir empfohlen wurde. Das Resultat: Anstelle von 4 Tassen Kaffee reichten 3 cl Herbal Elixir , um mich nicht nur munter zu machen, sondern den gesamten Tag über gut zu fühlen. Für die Story ist es sicherlich charmanter von einer magischen Wirkung zu sprechen – keine Frage. Für alle weniger fantasievollen Menschen ist es schlicht und ergreifend die perfekte Zusammensetzung der o.g. Zutaten inkl. der nicht ausgesprochenen Zutaten (wie es übrigens auch Sterneköche und Lieblingsomis bei ihren besten Rezepten handhaben!), die dem menschlichen Organismus im positiven Sinne zuträglich sind. Oder wie Mark es sagt: “Der Drink vitalisiert und belebt…”. End of the story!
In dem o.g. Artikel fehlt mir insofern der Fokus auf das Wesentliche – das “Herbal Elixir No.1”.
Stattdessen lese ich “too much information” und obendrein auch noch “too much wrong information” (neben Rechtschreibfehlern und falschen Bezügen toppen es die “Tarotkarten auf der Fusion” …höh???).
Das ist schade – und zwar in vielerlei Hinsicht. Ein Magazin für Barkultur kann und sollte sicherlich auch an der ein oder anderen Stelle subjektive Stimmen zulassen. Wenn dadurch aber das Produkt, das primär im Vordergrund stehen sollte, einen komischen Beigeschmack erhält, das es in der Realität nicht einmal besitzt ;), ist “das Thema verfehlt”. Und dann SCHADEt 😉 es auch dem Produkt selbst, weil wir alle wissen, wie prägend und beeinflussend das geschriebene Wort ist. Dessen sollten sich Journalist:innen IMMER bewusst sein – und zumindest zum Abschluss einen Hinweis geben, dass es sich hier um einen rein subjektiven Bericht handelt.
“Versuch macht klug!” oder wie eingangs erwähnt: “Probieren geht über Studieren!”
Und das gilt an dieser Stelle nun im doppelten Sinn: Einmal für das Schreiben besserer Texte (sorry…die Kritik muss sein) und für Markmans “Herbal Elixir No.1” (ein echter Genuss zum Schluss!)
LOVE & LiGHT
Lotte Pike
Eva
Liebe Lotte Pike,
danke für Dein ausführliches Feedback. Freut mich, dass Du ein Markmans-Fan bist. Mich irgendwie zu rechtfertigen liegt mir fern, ich möchte nur darauf hinweisen, dass Journalismus das Recht hat, subjektiv zu sein. Natürlich ist vieles im Text überspitzt dargestellt. Er will aber auch keine Produktrezension sein, sondern genau das: ein launiger Erfahrungsbericht. Abgesehen davon hatte das Elixir doch auf uns beide eine belebende Wirkung, oder? Du musst Dich hier also gar nicht derart missverstanden sehen.
Weiterhin inspirierende Geschmackserlebnisse wünscht
Eva
Thomas
Hallo, Eva,
ich habe eine ganz andere Wahrnehmung des Artikels – nämlich eine sehr unterhaltende. So war es vermutlich auch gedacht. Licht, das nicht nur aus dem Glas sondern auch aus den Zeilen strahlt. Sehr kurzweilig – und vermutlich auch nicht alles BIERernst zu nehmen. Ich habe gestern das erste Glas getestet und war durchaus überrascht. Gut trinkbar, aber ohne FLASH – zunächst. Vielleicht muss ich mich noch etwas daran gewöhnen. Zwei Praxisfragen hätte ich noch:
1. Du schreibst vom Kühlschrank, ich hatte bei Raumtemperatur probiert. Empfiehlst Du eher die gekühlte Variante?
2. Ich bin ebenfalls auf der Suche nach dem “alkoholfreien Verdauungsschnaps”. Hast Du hierzu noch etwas gefunden. Du schreibst von dem ein oder anderen Bitter. Eine Empfehlung wäre toll.
Vielen Dank & weiter so 🙂