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Mein Drink & Ich: Max Bergfrieds Jack Rose

Im zweiten Beitrag unserer neuen Serie kommt der aktuelle „Newcomer des Jahres“ der MIXOLOGY BAR AWARDS zu Wort. Sein Drink: Der Jack Rose, ein echter Klassiker. Und er erzählt uns, warum die Erleuchtung manchmal sogar schon in einer bulgarischen Strandbar beginnt.

„Ein Appel am Tach hält den Doktor in Schach“. Diesen alten Glaubenssatz bekam ich früher so gut wie jeden Morgen zu hören. Heute höre ich ihn nicht mehr so oft, doch der Apfel am Morgen ist geblieben. Ich bin quasi auf Äpfel konditioniert. Diese liebe zu Äpfeln brachte mich dann auch eines Tages dazu, meinen ersten Jack Rose zu probieren.

Die alkoholisch-apfelarme Ernüchterung

Es ist fast fünf Jahre her, ich kann mich aber noch erinnern als wäre es gestern gewesen. Bulgarien am Goldstrand, zwei gute Kumpels und ich auf der Suche nach „Cocktails“. „Oh guck mal, da gibt es zwei Cocktails zum Preis von einem. Und der Name klingt auch irgendwie cool“, meinte Basti. Überzeugt! Wir waren am Ziel: im „Mega Park Dolphins“, der wohl angesagtesten „Bar“ des Goldstrandes, denn sie platzte fast aus allen Nähten. Die zu der Zeit einzigen mir bekannten Cocktails waren Mojito, Caipirinha und Cuba Libre. „Zeit für was Neues“ dachte ich und orderte den Jack Rose. Laut Beschreibung war Applejack drin, das reichte um zu überzeugen. Schließlich liebe ich ja Äpfel. Doch dann die Enttäuschung, der Cocktail schmeckte mal so gar nicht nach Apfel, der knallrote Grenadinesirup brachte die einzige „Fruchtnote“ in den Drink, der – ehrlich gesagt – eher an Ahoi-Brause oder Früchtetees erinnerte. Wenn man von natürlichem Aroma spricht, dann war dieser Drink das genaue Gegenteil. Und wenn man von lecker spricht, dann definitiv auch. Naja egal, dachte ich mir. Und trank.

Von der Enttäuschung zum Liebling

Heute ist der Drink einer meiner Lieblingscocktails. Laut David A. Embury gehört der Jack Rose zu den sechs Basis-Drinks, die in seinem Buch „The fine Art of Mixing Drinks“ gelistet wurden. Nach meiner ersten Begegnung mit diesem Drink konnte ich mir nicht erklären, wie er es auf diese Liste geschafft hat. Heute weiß ich warum, denn mittlerweile habe ich den Jack Rose mixen und lieben gelernt. Richtig zubereitet, schmeckt der Drink unglaublich lecker und erinnert mich an die knackigsten und saftigsten Äpfel, die ich je gegessen habe. Ursprünglich verlangt das Rezept nach amerikanischem Applejack-Brandy. Ein Apfelbrand, welcher früher gar nicht gebrannt wurde, sondern durch Einfrieren des Cidres und Abschöpfen des Eises an Alkoholstärke gewann. Das Ergebnis war ein Schnaps, der den fruchtigen Charakter seines Rohstoffs nicht verloren hatte. Im 18. Und 19. Jahrhundert war Applejack in Amerika total „in“, mit der Prohibition verschwand er dann leider von der Bildfläche.

Heutzutage ist Applejack wieder vereinzelt zu bekommen, der einzige mir bekannte, hier verfügbare ist von der Marke Lairds. Dieser wird jedoch nicht nach dem ursprünglichen Verfahren hergestellt, sondern in Brennblasen gebrannt und unterscheidet sich so geschmacklich extrem von dem ursprünglichen Produkt. In Zeiten des Sous Vide-Geräts könnte man hier durch eine Infusion mit frischem Apfel natürlich noch an Apfel-Aroma hinzugewinnen. Diesen Arbeitsschritt erspare ich mir jedoch und verwende lieber einen anständigen Calvados. Ich bevorzuge hier eher die jungen, frischen Varianten mit deutlichem Apfelaroma, anstelle der Älteren mit kräftigen Holzaromen.

Mit Frucht nach vorn

Als Süßequelle wird Grenadine-Sirup verwendet, am liebsten natürlich hausgemacht, da die gekauften häufig zu parfümaiert schmecken. Falls man die Granatapfelzeit verpasst hat, sind der Granatapfelsirup von d’Arbo oder der Granatapfel-Frucht-Sirup (nicht der Bar-Sirup) von Riemerschmied eine gute Alternative zu dem hausgemachten. Für hausgemachte Grenadine braucht man natürlich Granatapfelsaft, am besten frischgepresst. Bei meinem ersten Versuch, Granatapfelsaft zu pressen, habe ich eine fürchterliche Sauerei veranstaltet und war komplett mit roten Sprenklern übersäht. Die für mich mittlerweile beste Art zum Entsaften von Granatäpfeln ist, die augelösten Kerne in einen Entsafter zu geben. Um die Kerne zu lösen schneidet man den Granatapfel in Viertel und klopft mit der Rückseite eine Esslöffels auf die Schale, bis sich die Kerne lösen. Anschließend noch etwas Zucker dazu, ein bisschen Orangenblütenwasser, und das Ganze kann leicht erhitzt werden. Echt lecker! Sollte man die Granatapfelzeit verpasst haben, gibt es auch 100% Granatapfelsaft im Reformhaus zu kaufen.

Als Säurequelle verwende ich am liebsten frischgepressten Zitronensaft, habe jedoch auch schon von Varianten mit Limettensaft gehört. Zitrone mag ich aber lieber. Für ein bisschen mehr Tiefe noch einen Dash Angostura Bitters und ein wenig Eiweiß dazu und der Jack Rose ist für mich perfekt.

Der Autor, Max Bergfried, ist amtierender „Newcomer des Jahres 2016“ bei den MIXOLOGY BAR AWARDS und gehört zu den größten Talenten der deutschsprachigen Barszene. Er arbeitet derzeit als Bartender in der mehrfach ausgezeichneten Spirits Bar in Köln.

 

 

Credits

Foto: Jan Frank Kaltenthaler

Comments (1)

  • JGATSBY

    Nun, Herrn Bergfried sei geraten, auch nicht vor einem Bordell sich zu beschweren keine Nonne anzutreffen und dort über Keuschheit klugzuscheißen oder über.. wie war das nochmal.. Granatapfelmelasse mit Orangenblütenwasser, was ja überall sonst in einer Strandbar auf diesem Palneten zu finden ist. Nebst einem Pangalaktischen Donnergurgler!

    Spaß beiseite: Wer eine ordentliche Strandbar und Club dort sucht, geht nach Varna zu Xtravaganza, die Bar ist eine Apotheke also von jeder Zutat ein Fläschchen in langen Regalen: Die Martinis sind tödlich, die Musik elektrisch, die Treppe ins Meer von zwei Chacalen in Bronze bewacht, was zum Interieur eines alten ägyptischen Tempels passt. Und wer mit einem Boot dort anlegen mag, der Club hat einen eigenen Steg.
    Ich glaube, sie haben etwas umgebaut & modernisiert, aber an der Bar wird weiterhin nicht gespart..

    You’re in charge for your own place to be!

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