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Der Death in the Afternoon Cocktail ist eine Kombination aus Absinth und Champagner

Minimalistisch und doch brachial: Der „Death in the Afternoon“

Der „Death in the Afternoon“-Cocktail entstammt dem Buch mit dem wunderbaren Titel „So Red the Nose or Breath in the Afternoon“. Der Drink geht auf Ernest Hemingway zurück und verlangt nach genau zwei Zutaten: Absinth und Champagner.

„The chances are that the first bullfight any spectator attends may not be a good one artistically, for that to happen there must be good bullfighters and good bulls; artistic bullfighters and poor bulls do not make interesting fights, for the bullfighter who has ability to do extraordinary things with the bull which are capable of producing the intensest degreee of emotion in the spectator but will not attempt them with a bull which he cannot depend on to charge …“ – Ernest Hemingway, „Death in the Afternoon“.

Death in the Afternoon

Zutaten

1 Jigger Absinth
Fill Champagner

(Wir empfehlen 0,75 – 1,5 cl Absinth.)

An den Death in the Afternoon sollte man sich langsam herantasten
An den Death in the Afternoon sollte man sich langsam herantasten

Death in the Afternoon: Name ist Programm

Sie haben es erkannt, es geht um den Stierkampf. Das ist ja eine über jahrhundertelang bejubelte Tradition hauptsächlich südeuropäischer, ehemaliger Königshäuser. Etwas Feudal-Anachronistisches, ein zweifelhaftes Überbleibsel vergangener Tage, häufig mit dem Stempel Kulturgut versehen.

Nicht zuletzt aber hat er – der populäre „Volkssport“ – eine ganz eigene Moral, die man nur ungern mit dem Begriff Kulturethik verzieren möchte. Denn im eigentlichen Sinne ist der Stierkampf vor allem ein ungleicher. David gegen Goliath, aber auch brachial gegen elegant. Nun sind Gegensätze per se nichts Verwerfliches. Im Zusammenspiel können sie sogar sehr gut funktionieren – halten wir uns nur vor Augen, welche Vielfalt an unterschiedlichen Perspektiven und Ansätzen sie mitbringen. Wenn sie denn einander auf Augenhöhe begegnen.

Beim „Death in the Afternoon“ geht es um den Tod. Der Cocktail gilt als einer der Lieblingsdrinks von Ernest Hemingway und wurde durch den Autor selbst initiiert, 1935 im Cocktailbuch „So Red the Nose or Breath in the Afternoon“ – und betrachtet man die Rezeptur, muss sich fragen, um wessen Tod es hier geht. Den des dahinscheidenden Stiers oder jenen des Trinkenden, der über gleichnamigem Drink stolpert.

Cocktail-Hochprozenter für Literatur-Hochkaräter

Tatsächlich ist das Rezept des Death in the Afternoon vor allem minimalistisch. Lediglich Absinth und Champagner werden hier als Zutaten für den Drink aufgezählt. Genießt man ihn nach Serviervorschlag Hemingways, dann gilt folgender Grundsatz: „Pour one jigger absinthe into a Champagne glass. Add iced Champagne until it attains the proper opalescent milkiness. Drink three to five of these slowly.“

Bekannterweise war Hemingway dem Alkohol sehr zugetan. So sehr, dass er diesen hochprozentigen Cocktail drei bis fünfmal trinken wollen würde. Das können wir nicht empfehlen. Fernab der gesundheitlichen Risiken erscheint es nahezu dekadent, einen Eleganz und auch Knappheit proklamierenden Drink derart maßlos zu konsumieren.

Death in the Afternoon ist mit Vorsicht zu genießen

Traut man sich das besondere Erlebnis zu, so gibt es zwei gute Nachrichten. Die Fülle an unterschiedlichen Absinthsorten in Europa erlaubt Variation und ein Ausbalancieren des Aromas. Verschiedene Champagnerqualitäten fügen sich hier nahtlos an. Gleichzeitig erlaubt der Drink, sich an ihn heran zu testen. So nimmt man statt einem Jigger Absinth vielleicht nur einen halben oder verdünnt den Drink mit ein bis zwei Dashes Zuckersirup.

Der Death in the Afternoon ist jedenfalls ein mit aller Vorsicht zu genießender Drink, eine bildhafte Hommage an seinen Erfinder, dekadent und prätentiös verkleidet und doch ein Cocktail, der aufgrund der zu erreichenden Aromenvielfalt das Potential hat, auf Barkarten Erwähnung zu finden. Doch bitte nicht unbedingt am Nachmittag!

Dieser Beitrag erschien erstmals 2019 auf MIXOLOGY Online. Für die Wiederveröffentlichung wurde er mit einem aktuellen Foto versehen und minimal adaptiert. 

Credits

Foto: Sarah Swantje Fischer

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