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Mixology Taste Forum: Villa Lobos als bester Reposado Tequila gekürt

Auch wenn hierzulande in Drinks meist Blancos zum Einsatz kommen, sind 80 Prozent des getrunkenen Tequilas in Mexiko Reposado Tequilas. Verwundern tut das nicht. Denn die 15 verkosteten Produkte in unserem MIXOLOGY Taste Forum punkten mit aromatischer Vielfalt und Leichtfüßigkeit. Am stärksten überzeugte am Ende der Villa Lobos.

Die Geschichte des Tequilas beginnt mit Mezcal. Mezcal de Tequila, also Mezcal aus der Stadt Tequila, nannte man das heute weltberühmte Getränk ursprünglich. Das »Mezcal de« verlor sich Ende des 19. Jahrhunderts, als die Tequila-Produktion zunehmend industrieller wurde und sich immer mehr von den traditionellen Praktiken des Mezcal entfernte. Heute wird der meiste Tequila in den USA getrunken, mit 254 Millionen Litern im Jahr 2020 etwa die doppelte Menge des mexikanischen Verbrauchs. Deutschland steht auf Platz drei der globalen Konsumenten mit gut vier Millionen.

Seit 1949 ist festgelegt, dass Tequila nur aus der »Blauen Weber Agave« hergestellt werden darf, zuvor waren auch andere Sorten erlaubt. Was die Weber begehrenswert macht, sind ihre vergleichsweise schnelle Reifung (7 – 10 Jahre), ihr hoher Zuckergehalt, ihre Eignung zur industriellen Verarbeitung sowie die hohe Anzahl der Setzlinge, die sie produziert. Die natürliche Fortpflanzung durch Blüten ist unwirtschaftlich, da die Agave dabei stirbt und unbrauchbar wird. Im Übrigen ist die Blue Weber recht eng mit der Espadin-Agave verwandt, der ähnlich ertragreichen Standardsorte für Mezcal.

Reposado ist der Neuling auf dem Agaven-Parkett

Der erste als solcher bezeichnete Reposado Tequila wurde 1974 von Herradura auf den Markt gebracht (Añejo gab es schon seit ca. 1900). Während Reposado zwei bis zwölf Monate in französischer oder amerikanischer Eiche verbringt, wird Añejo ein bis drei Jahre gelagert.

Auch wenn Reposado eine noch recht junge Kategorie ist, konnte sie sich in der Heimat klar durchsetzen. Laut Autorin Chantal Martineau sind etwa 80% des in Mexiko getrunkenen Tequilas Reposado. Nicht verwechseln sollte man Reposado mit dem häufig ähnlich gefärbten »Gold« oder »Oro« (manchmal auch »Joven«). Hier handelt es sich um Blanco, der mit etwas gelagertem Tequila und häufig auch Zuckercouleur eingefärbt wird. Oros sind meistens als Mixto-Tequila erhältlich. Das bedeutet, dass nur 51% des verwendeten Zuckers aus der Agave stammen müssen und so ergänzend mit Zuckerquellen wie Mais und Zuckerrohr gearbeitet wird. Mixtos sind häufig günstiger und schärfer als die hochwertigeren 100%-Agave-Tequilas.

Der Villa Lobos überzeugte am meisten, am Gaumen mit vegetaler Agave, Koriander, prickelnder Zitronenzeste, Vetiver und einem langen, zart-rauchigen Nachhall. Preis: ca € 42,99 (700 ml)
Der ätherische Fortaleza Reposado riecht nach Eukalyptus, schwarzer Olive und Pinienzapfen, im Antrunk kommen geröstete Agave, Melisse und kalter Rauch dazu. Dafür gab es Platz Zwei. Preis ca. € 64,95 (700 ml)
An dritter Stelle landete der Tapatio Reposado. Sein Geruch erinnert an Lagerfeuer und Meer, das Finish ist lang und pfeffrig-frisch. Preis ca. € 27 (500 ml)

Lediglich zweifache Destillation ist vorgeschrieben

Bemerkenswert: Tequila erhielt 1974 als erstes Produkt außerhalb Europas eine Geschützte Herkunftsbezeichnung. Anderen Geschützten Herkunftsbezeichnungen, wie denen für Comté-Käse und kolumbianischen Kaffee, ist es gelungen, kleine Hersteller und Bauern zu stärken und traditionelle Herstellungsmethoden sowie den Verzicht auf intensive Landwirtschaft zu etablieren.

Beim Tequila ist das nicht der Fall. Tatsächlich sind die Bestimmungen für eine Geschützte Herkunftsbezeichnung sogar recht lasch: Die Blaue Weber kann auf jede erdenkliche Art angebaut und verarbeitet werden, lediglich zweifache Destillation ist vorgeschrieben. Einzige Voraussetzung: Anbau und Produktion passieren auf der zugelassenen geografischen Fläche, die Jalisco und Teile vierer weiterer mexikanischer Bundesstaaten umfasst. Das führt dazu, dass immer effektivere Methoden zur Herstellung erschlossen werden, die Tequila zwar profitabler machen, aber auch dazu führen, dass er seine Charakteristik verliert. Besonders umstritten ist beispielsweise der Einsatz von Diffusionszusätzen, die den Herstellungsprozess quasi auf den Kopf stellen. Zusatzstoffe wie Glycerin, Aromen, Süßungsmittel und Zuckercouleur in Höhe von bis zu 1 % sind in allen Tequilas (außer Blancos) zugelassen. Wer auf den Verzicht von Zusatzstoffen wert legt, kann sich auf tequilamatchmaker.com informieren.

Reposado Tequila im Test: Villa Lobos überzeugt am meisten

Aber nun zu den Testergebnissen: Insgesamt konnten die 15 verkosteten Reposados in unserem MIXOLOGY Taste Forum mit großer aromatischer Vielfalt und sogar gewisser Leichtfüßigkeit punkten. Es dominieren elegante, balancierte Reposados, die in der Menge wesentlich leichter zu verkosten waren als vorab erwartet.

Beim Blick auf die Punktzahlen fällt auf, wie eng das Rating ausfiel und wie gut die Auswahl insgesamt abgeschnitten hat. Das ist vermutlich auch der Tatsache geschuldet, dass wir uns mit 100%-Agave-Reposado im Premiumbereich bewegen. „Man merkt, dass viele der Produkte aromatisch näher am Blanco sind und vermutlich nicht allzu lang im Fass lagen. Finde ich persönlich sehr gut, denn so wird die Eigenart der Agave nicht von Holz überdeckt“, so Ruben Neideck (Velvet Bar).

Als Testsieger mit 95 Punkten ging schließlich der Villa Lobos Reposado der Destilería de Alteña hervor. Ein eleganter, filigraner Single Estate Reposado, dessen Nase fast parfümartig mit Moschus, Weihrauch, Süßholz und weißen Blüten wirkt. An zweiter Stelle folgt der Fortaleza Reposado von La Fortaleza, einer der wenigen handwerklich hergestellten Tequilas, die noch traditionell mit einer Tahona gemahlen werden. Er überzeuge als öliger, kraftvoller Reposado mit langem, herbal-holzigem Abgang. An dritter Stelle und 91 Punkten landete mit dem Tapatio Reposado erneut ein Produkt aus dem Haus La Alteña. Hier sahen die Verkoster:innen einen sehr dichten und erdigen Reposado mit einem langen und pfeffrig-frischen Finish; ein würziger, spontan fermentierter Tequila mit etwas Funk.

Reposado könnte mehr zum Einsatz kommen.

Laut der anschließenden Diskussion finden Reposado und Tequila im Allgemeinen in der Gastronomie abseits von mexikanischen Restaurants und spezialisierten Bars noch immer eher wenig statt. Was die Auswahl anbelangt, hat Mezcal seinen Bruder Tequila in vielen Bars sogar überholt. Für den Einsatz in Drinks dominiert Blanco. Schade eigentlich, denn es lohnt sich in jedem Fall, auch immer wieder Reposado zu probieren.

Getestet wurde unter Einhaltung aktueller Hygienevorschriften sowie der Vorlage eines tagesaktuellen, negativen Corona-Tests. Die Tester:innen waren Helen Mol, Kai Wolschke (Goldfisch Bar), Ruben Neideck (Velvet), Sam Orrock (Bottled Berlin), Florian Drucks-Jacobsen (Fabelei) und Felix Fuchs (Tulus Lotrek). Geleitet wurde das MIXOLOGY Taste Forum von Maria Gorbatschova.

Dieser Text ist eine stark gekürzte Version. Der vollständige Beitrag des MIXOLOGY Taste Forums zum Thema Reposado Tequila findet sich in der Ausgabe 3–2021 von MIXOLOGY, dem Magazin für Barkultur. Reglement und Ablauf zum MIXOLOGY Taste Forum findet sich hier, Informationen zu einem Abonnement hier.

Credits

Foto: Bearbeitung: Editienne

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