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Die Verkostungsrunde im Oktober 2022

Die Mixology-Verkostungsrunde im Oktober 2022

Ein neuer Monat, eine neue Verkostungsrunde: Diesmal unter dem prüfenden Blick unseres Autoren Marco Beier: Discarded Banana Peel Rum, Champagner Gatinois Brut Reserve, Wilder Mind Gin, Rainer Rum Animo und Hon Mirin Mukashi Ikomi alias „Liquid Teriyaki“.

Discarded Banana Peel Rum ist ein kleiner Gaumenschmeichler
Discarded Banana Peel Rum: ein kleiner Gaumenschmeichler

Discarded Banana Peel Rum

Discarded Spirits hat es sich zur Aufgabe gemacht, mehr Nachhaltigkeit in die Sprituosenwelt zu bringen. Die Flaschen werden zum großen Teil aus Altglas produziert, die Korken entstammen aus Abfällen der Korkproduktion und etikettiert wird mit Resten aus der Zuckerrohr-Produktion. Drei Produkte werden aktuell abgefüllt: Zum einen ein Wermut, der mit der Frucht der Kaffeekirsche aromatisiert wurde, zum anderen ein Vodka aus Traubentrester – sowie ein Rum, der aus der Vorbehandlung von Whiskeyfässern entstammt und mit Bananenschalen aromatisiert wird, die neben der Frucht ein feines Toffeearoma an den Rum abgeben sollen.

Und: Der Discarded Banana Peel Rum funktioniert ganz hervorragend. Bereits in der Pur-Verkostung ist er ein kleiner Gaumenschmeichler, der mit seinen 37,5% Vol. sehr zahm daherkommt. Neben leichter Süße und einer klaren Rumnote macht sich vor allen Dingen der Geschmack von Toffee und reifer Banane auf der Zunge breit. Wer dieses Aroma mag, wird einen Daiquiri mit diesem Rum lieben.

Flaschengröße: 700 ml
Alkoholgehalt: 37,5% Vol.
UVP: € 28,99
Vertrieb: William Grant & Sons

Champagne Gatinois Brut Reserve Grand Cru

Eine der schönsten Sachen bei Champagner ist, dass man immer wieder einen neuen Lieblingschampagner finden kann. Muss ja nicht für immer sein. Eine jüngere Entdeckung in diesem Feld ist definitiv der Gatinois Brut Reserve. Aus dem Haus mit ewig langer Tradition (seit 1696) in Aÿ kommen ausschließlich Flaschen, deren Inhalt weder durch Kaltmazeration oder Filtration stabilisiert wurde – und die im Keller auch sonst in Ruhe gelassen wurden.

In Aÿ wird beinahe ausschließlich Pinot Noir angebaut, und die Dominanz dieser Traube setzt sich auch in der Flasche fort. Viel Charakter, feine Perlage und recht deutliche, aber sehr angenehme Hefe. In der Farbe überraschend dunkel, wird er bei schummrigen Barlicht gern einmal für einen Rosé gehalten, aber der erste Schluck sollte hier Klarheit schaffen. Anspruchsvoll und mit deutlichem Charakter, macht dieser Champagner wirklich großen Spaß und ist ein toller Begleiter für den ganzen Abend.

Flaschengröße 750ml
Alkoholgehalt: 12%
UVP: ca. € 46,-
Vertrieb: Champagne Characters

Der Gatinois Brut Reserve ist ein Begleiter für den ganzen Abend
Aÿ Society: der Gatinois Brut Reserve ist ein Begleiter für den ganzen Abend
Wilder Mind Dry Gin ist ein Neuzugang aus Deutschland
Wilder Mind Dry Gin ist ein Neuzugang aus Deutschland

Wilder Mind Dry Gin

Man nehme zwei ungewöhnliche Menschen mit einer ungewöhnlichen Idee an einem ungewöhnlichem Ort, die etwas total Ungewöhnliches machen wollen: Gin. Aber anders. Well, das wäre die übliche Agentur- und Start-up-Story, die wir alle kennen. Nicht so bei Katharina Ulrich und Paul Brusdeilins. Die zwei Gründer:innen von Wilder Mind Gin sind schon lange im Spirituosenbusiness heimisch, der gelernte Brenner und Destillateursmeister Brusdeilins dürfte vielen noch vertraut sein als früherer Master Distiller von Gin Sul. Nach einiger Entwicklungszeit bringen Ulrich und Brusdeilins nun ihren eigenen Gin aus dem Schleswig-Holsteinischen Nienwohld an den Start.

Aber schauen wir an den Hintergründen vorbei und halten die Nase ins Glas. Hier sticht Wacholder hervor. Eine angenehme Zitrusnote mit viel Grapefruit und Koriandersaat lassen sich schnell erkennen. Die 42% Vol. sind schön eingebunden und der Auftakt im Mund wundervoll cremig. Laut Hersteller ist der Grund hierfür der Verzicht auf Filtrierung. Ein schöner Mix aus leichter Schärfe und angenehmer Zitrusnote belebt die Zunge und den Gaumen. Der Wacholder ist sehr präsent und der Gin bleibt insgesamt lange auf der Zunge. Allerdings fehlt dann der Abgang. Als würde man ihn am Ende der Zunge abschneiden. Ein guter Gin, schmackhaft und ausgewogen und ansprechend verpackt. Aber eben nicht die Neuerfindung der Kategorie Gin.

Flaschengröße: 700 ml
Alkoholgehalt 42% Vol.
UVP: 45,90€
Vertrieb: Wilder Mind

Rainer Rum „Animo“

Rainer Schuster aus dem österreichischen Burgenland schafft den Spagat. In dritter Generation betreibt er das Familien-Weingut und entwickelt dieses weiter. Um der Langeweile vorzubeugen, hat der studierte Informatiker auch noch eine eigene Agentur, mit der er unter anderem das Design der Weine kreiert, und als wäre das alles nicht genug, gibt es noch einen schier unendlichen Vorrat an Wortspielen mit seinem Vornamen Reiner. Da wird einem reiner Wein eingeschenkt am Neusiedlersee. Besonders gern ein Rotwein namens Animo, ein Cuvee aus Cabernet Sauvignon und Merlot, den sich auch der Autor gerne mal einschenkt.

Aber kommen wir zum Rum. Eben dieser wird nämlich in den Weinfässern vom Animo nachgelagert und bekommt so nach neun Jahren Reifezeit seinen letzten Schliff. Man mag diesen Einfluss in der Farbe beinahe bemerken wollen. Kräftig und dunkelbraun mit einem kleinen, roten Einschlag liegt er im Glas und verströmt Aromen von Kakao und Toffee. Gibt man ihm ein wenig Zeit im Glas, kommen feine Nuancen von Vanille und etwas leicht Beeriges hinzu. Auf der Zunge sehr angenehm und deutlich frischer und knackiger, als man es von einem über neun Jahre gereiftem Rum erwarten würde. Eine milde, aber fein abgestimmte Süße und vor allem eine prägnante Fruchtnote, die durchaus an ein schönes Glas Rotwein erinnert. Für Freunde eines guten Glases zum Pur-Genuss eine sichere Bank. Im Mix muss man hingegen sehr vorsichtig agieren. Ein Rum Old Fashioned funktioniert sehr gut, allerdings muss man mit weiteren Aromen sehr vorsichtig agieren, um den leichten Geschmack von Wein im Rum nicht zu zerstören.

Flaschengröße 700 ml
Alkoholgehalt 40% Vol.
UVP: 48,00€
Vertrieb: rainerwein.com

Animo, ein Rum gelagert in Rotweinfässern
Animo, ein Rum gelagert in Rotweinfässern
Außergewöhnlich: Hon Mirin Mukashi Ikomi alias „Liquid Teriyaki“

Hon Mirin Mukashi Ikomi

Hon Mirin. Echter Mirin in Trinkqualität – so versichert einem das Etikett. Schön und gut, aber was ist denn Hon Mirin? Laut Importeur handelt es sich um einen hochwertigen, japanischen Süßlikör und um nicht weniger als das wichtigste Würzmittel der japanischen Küche. Im Gegensatz zu falschem Mirin, der aus nicht so hochwertigen Zutaten besteht und teils aromatisiert wird, wird Hon Mirin nur aus dem Besten produziert. Gedämpfter Klebreis, Reis-Koji und Reis-Shochu reift für sechs bis zehn Wochen und produziert so verschiedene Zucker und Aromen – und wird so zu einem spannenden Getränk mit einer entfernten Ähnlichkeit zu Süßwein.

Auch die Farbe erinnert an einen Sherry oder leichten Portwein, allerdings will die Nase so überhaupt nicht zu diesem Eindruck passen. Eher salzig, eine leichte Erinnerung an Sojasauce und Teriyaki durchfährt einen und macht beinahe Angst vor dem ersten Schluck. Dieser überzeugt dann aber gewaltig; frische und leichte Aromen mit einer sehr feinen Süße. Dabei aber sehr dicht und komplex, ohne überladen zu sein. Eine spannende und ungewöhnliche Zutat, mit der man Klassiker neu denken kann. Zum Beispiel als Wermut-Ersatz im Martinez oder als superleichter Digestiv mit einem Dash Crème de Menthe verrührt. Sehr außergewöhnlich – und man sollte sich sehr wundern, wenn man diese Flasche in Zukunft nicht in den besten Backbars der Republik sieht.

Flaschengröße: 600 ml
Alkoholgehalt 14% Vol.
UVP: € 19,99
Vertrieb: Ginza Berlin

Credits

Foto: Marco Beier

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