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TRÄUMEN VON ARDNAHOE

Islay bekommt rauchigen Zuwachs – Andrew Laing, Export Director des unabhängigen Abfüllers Hunter Laing, spricht mit MIXOLOGY ONLINE über seine neue Destillerie Ardnahoe. Und über das Lernen aus alten Fehlern und das Arbeiten in einem Familienbetrieb

Die älteste Destillerie der Insel ist 1779 gegründet und trägt den Namen von Islays Hauptstadt: Bowmore. Überhaupt sei ja Whiskytrinken etwas für Menschen mit Traditionsbewusstsein: Tradition haben nur alte Dinge und junge Whiskys schmecken nicht – so und so ähnlich reden meist Menschen, die sich mit Whisky beschäftigen wie ein Scheich mit Bausparverträgen. Und dann wird im Jahr 2002 plötzlich Kilchoman gegründet, die bislang jüngste Destillerie, gelegen an der Westküste der inneren Hebrideninsel. Und es schmeckt – trotz aller Bedenken der Zweifler – gut; jung, aber gut. Und genau richtig für die, die es torfig und frisch, fruchtig und frei aller blumiger Speyside-Aromen mögen.

Islay-Whiskys haben in den letzten Jahren ein fulminantes Feedback erfahren und sind für viele Liebhaber der Aroma-Riege von brennender Tankstelle der einzige Grund für Whisky überhaupt. Hier will man es genau wissen: Verwendet dieser Kilchoman das Wasser aus der Allt Gleann Osamail Burn wie bei der Machir Bay-Abfüllung – oder aus Loch Gorm? In der Gerstensaft-Gemeinde wäre es gefährlich, vom Ungefähren zu sprechen, so viel steht fest. Eine Destillerie auf Islay weniger wäre eine Katastrophe – eine mehr ein Segen. Falscher Alarm wäre fatal und für die Verbreiter des Gerüchts Grund genug, ein Leben auf einem weit entfernten Kontinent zu beginnen. Aber Andrew Laing, Familienmitglied der in Whiskykreisen bekannten Laing-Dynastie und Export Director des unabhängigen Abfüllers Hunter Laing, hat bestätigt: Die Destillerie Ardnahoe ist in Planung und ab sofort besteht offiziell Anlass zur Aufregung – obendrauf, auf alle ohnehin schon bestehende Aufregung in der Whiskywelt über Preise und Prestige.

Welcher Zeitpunkt ist für die Gründung einer Destillerie schließlich besser als einer, in dem der Release eines Port Ellens bei rund 3.000 Euro liegt? Keiner.

Ardnahoe – Ein typischer Islay

Wie aber baut man eine Destillerie? Selbstverständlich habe es einen langen Prozess der Entscheidungsfindung gegeben, erzählt Andrew. Was für ein Destillat soll in welchen Mengen entstehen, wo kann das Ganze stattfinden und welches Wasser steht dort zur Verfügung? Es folgen Absprachen mit dem Architekten und anderen Beratern, die bei der Planung helfen: die Produktion, die Mälzerei, die Kiln, das Warehouse und das Visitor Center – „all das muss sitzen!“

Die Destillerie erhält ihren Namen von ihrer Wasserquelle, Loch Ardnahoe. Obwohl die Brennerei also nicht allzu weit weg von Caol Ila sein wird, unterscheidet sich der Whisky zumindest in einem Rohstoff: dem Wasser. Andrew hat vorgeschmeckt und entschieden, dass der Whisky genauso schmecken soll.

Aber das wirklich allerwichtigste – auf was für einen Whisky können wir uns freuen? Ganz sicher, sagt Andrew, wird es torfig und rauchig: „Ein typischer Islay eben“. Natürlich sind auch die Fässer maßgebend für den Charakter des Malts und es kann bereits verraten werden, dass vor allem Bourbon und Sherry-Fässer eine große Rolle für den Whisky spielen werden.

Die Laings – eine Liga für sich

Und welche Rolle spielt Andrew in der Planung der Destillerie? Keine größere als die anderen im Team – der Schotte ist bescheiden, im Klischee gleichwohl im Gespräch. Alle im Team, ob Familienmitglied oder nicht, ziehen am selben Strang und auf gute Kommunikation und gemeinsame Koordination gebe man stets Acht. Das alles klingt allzu geschmeidig. Schließlich ist bekannt, dass die Differenzen zwischen den Brüdern Andrew und Scott zu deren geschäftlicher Trennung geführt hatte. Natürlich gebe es hier und da verschiedene Sichtweisen und Diskussionen, so Andrew. Dann gebe es einen offenen Austausch und eine Lösung. Das Pressemappen-Repertoire der Antworten auf Familienfragen ist hiermit erschöpft; die Destillerie allerdings wird in der Tat zusammen geplant. Und das spricht für sich.

Nun ist es mit der Berufsfindung ja nicht so einfach, wenn der Vater eine Karriere als Whiskyabfüller hinlegt. Hätte schließlich genauso gut sein können, dass man sich für die Revolution entscheidet und ins Kloster geht. Andrew musste jedenfalls nicht als Siebenjähriger Insel- von Highland-Malt unterscheiden oder seine Holzsteine nach Möglichkeiten der besten Fassqualität anordnen. Dass es für ihn die Whiskybranche sein würde, stand allerdings außer Frage. Er begann seine Whisky-Karriere in größeren Betrieben, bis er im Jahr 2009 anfing, selbständig zu arbeiten und den unabhängigen Abfüller Edition Spirits gründete. „Das war eine fantastische Zeit – ich habe so viele Fehler gemacht, so viel über das Geschäft gelernt und in so vielen Funktionen gearbeitet. Und so viel über die Vorteile eines Familienunternehmens gelernt!“, erinnert er sich an diese Zeit. Abgesehen von all den schönen Dingen, die man Journalisten über das Arbeiten mit der Familie so sagt, wirken vor allem zwei Dinge glaubhaft: die Kunden mögen Familienbetriebe und mit Partnern, die ebenfalls Familienbetriebe sind, arbeitet man vertrauter. Ist im Whisky-Business schließlich auch keine Seltenheit – und gilt auch für die unabhängige Brennerei William Grant & Sons, Deutschlands berühmten Onlinehandel The Whisky Store oder die unabhängigen Abfüller Maltmen, um nur einige zu nennen.

Bottlen oder Brennen: was jetzt?

Völlig verständlich, dass man sich nur bedingt entscheiden kann, an welcher Stelle auf dem Weg zum Whisky man mit anpacken will. Brennen oder verblenden? Verkosten oder vermarkten? Andrew kennt seinen Fokus: „Wir werden uns weiterhin auf unser Haupthandwerk konzentrieren: Blending und die Abfüllung von Einzelfässern.“

Das ist nachvollziehbar, haben Douglas Laings Einzelabfüllungen Old Particular, XOP und Provenance genauso wie die First Editions in den letzten Jahren stark an Popularität zugenommen. Würde die Laing-Familie damit aufhören, das Furore wäre vorprogrammiert. Muss es aber nicht. Denn erstens dauert es noch eine ganze Weile, bis wir die erste Dram eines echten Hunter Laing probieren dürfen. Außerdem wird bis dahin weiter abgefüllt: Derzeit ist man im Hause Laing an der Release eines 22-jährigen Springbank sowie eines 25-jährigen Macallan. Für gewöhnlich gibt Andrew innerhalb der Old Rare-Serie gerne unbekanntere Malts heraus, weil die Leute auf diese Weise neue Destillerien kennenlernen. Mit Macallan und Springbank wird es immerhin keine Probleme in der Vermarktung geben, so viel steht fest.

Etwa so fest wie Andrew von seiner Old Malts Cask Serie überzeugt ist. Unser Favorit darunter ist der 15-jährige Laphroaig. Für Andrew ist es derzeit ein 33-jähriger Port Ellen aus dem Sherryfass. An seinem schottischen Schreibtisch sitzend, schwärmt er von Rauch und Seegras, von Blutorange und Fasswürze, vom Geruch am Hafen von Port Ellen und dass er für Stunden an seiner Dram riechen möchte. Man könnte stundenlang zuhören – und dabei von Ardnahoe träumen.

Credits

Foto: Islay via Shutterstock

Comments (1)

  • Stefan

    Gut und anschaulich beschrieben

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