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Die Fledermaus hat ihre Sieger

Arash Ghassemi, Christof Reichelt und Stefan Bauer lösen das Ticket nach San Francisco zum globalen Finale der Bacardi Legacy Competition 2016. Hinter ihnen und allen anderen Finalisten aus den restlichen „Nordics“ liegen mehr als drei Monate der sogenannten Promotionphase für ihre Legacy-Drinks. Nun wartet am Golden Gate das internationale Riesenevent. Roland Graf mit einem Schlaglicht aus dem Londoner Vorausscheid.

Während die Bartender aus zehn nordeuropäischen Bacardi-Märkten lediglich Abendkleid oder Smoking mit nach London nahmen, kamen bei den Schweizer und Österreichern auch noch Fliege, Schürze, Jigger und sogar ein Springbrunnen mit ins Gepäck. Denn die fünf Alpenrepublikaner erlebten ihr Finale unmittelbar vor der Bekanntgabe der acht Teilnehmer der im April in San Francisco auszutragenden Bacardi Legacy Global Cocktail Competition. Nicht im ikonischen Backsteingebäude des St. Pancras Rennaissance Hotel, sondern im Punch Room des London Edition wurde um den nationalen Titel gemixt. David Bandak aus der Zürcher Widder Bar und Christof Reichert, mittlerweile im Dom in Karlsruhe zugange, matchten sich zu zweit und eröffneten den Nachmittag.

Familiengeschichte zum Trinken

Der ehemalige IKEA-Lehrling Reichelt schlug die Brücke von seiner Vita zu den Rückschlägen für Don Facundo Bacardi in der Story rund um den „Welcome home”, seinem Drink mit Bacardi Carta Blanca, Rote Bete-Saft und Kokosnuss-Sirup. David Bandak wiederum widmete seinen „El Valiente“ (Der Tapfere) der zweiten Brenner-Generation, nämlich Emilio Bacardi, dem er mit Creme de Violette, Roses Lime Juice, Martini Ambrato und Zuckersirup ein wasserklares Denkmal setzte.

Wie fein dieser Drink abgestimmt war, erschloss sich – David hatte nachmittags keinen Jigger zur Hand! – erst bei der abendlichen Gastschicht der Bartender. Hier zählte der Cocktail zu den absoluten Favoriten der Laufkundschaft, leider gab es aber keine Zähler mehr seitens der Jury. Das bessere Ende hatte der Karlsruher für sich: Die Erdigkeit und der Rum passen bestens, schon im Duft beeindruckte dieses Spiel der Aromen. Die fünf Juroren, unter anderem die Vorjahres-Finalisten Kenny Klein und Simon Brandmayer, sahen es wohl ähnlich.

Geworfenheit des Seins, Werfen des Drinks

Als erster im Austro-Finale trat der neue The Bank-Bartender Stefan Bauer aus Wien an. Der Mann aus dem Park Hyatt-Hotel brachte mit dem „Bittersweet Victory” gleich mal eben die Dialektik des Lebens in den Shaker: Limettensaft für die bitteren Zeiten, Ahornsirup für die süßen Momente. Mit seiner Bemerkung „den Drink muss man rollen, geschüttelt wird er nie so gut” setzte der gebürtige Steirer eine Diskussion in Gang, die auch nach einer abendlichen Versuchsreihe mit beiden Varianten nicht beendet schien. Das bittersüße Spiel brachte die geworfene Version klarer zum Ausdruck, mit den Zitrusfruchtnoten wiederum wirkte der Drink eine Nuance komplexer, aber gemessen an seinem Namen auch wieder verwaschener.

Abschied eines Competition-Veterans

Celia Cruz und ihr Lieblingssong „Guantanamera“ wiederum inspirierten Markus Altrichter (Botanical Garden, Wien) zum „Azúcar“. Dass der Drink mit kubanischem Biersirup, einem Mix aus Blanca und Oro-Rum und Pink Grapefruit-Saft dann doch nicht aus dem mühsam herangekarrten Springbrunnen floss, war als kleiner Wermutstropfen für den Routinier zu verbuchen. Ebenfalls als alter Fuchs kann ohne Übertreibung Peter Müller gelten, der für das K.u.k. Hofbeisl in Bad Ischl seinen „El Legado“ kreiert hatte. Ein Fehlgriff eines Barkollegen stand am Anfang des Drinks: „Er hatte statt Wodka für den White Russian hellen Rum erwischt“. Die Kombination landete aber nicht im Ausguss, denn eigentlich sollten Rum und Kaffee ja zueinander passen – und so wurde nach Zugabe von etwas rauchigen Whisky in Sprayform und einen Schuss Wermut später daraus der „etwas altmodische Drink” des Österreichers. Leider kündigte Competition-Veteran Müller am Ende der Präsentation auch seinen Rückzug von Wettbewerben an.

Vorhang auf – Applaus für Arash Ghassemi!

Für das dritte und größte GSA-Land wurde es erst einen Abend später spannend. Im Rahmen eines Gala-Dinners wurde nach den Kandidaten aus Skandinavien – Oskar Johansson aus dem „Corner Club“ (Stockholm) und Moe Aljaff vom Brooms & Hatchets (Oslo) – und Großbritannien (Dandelyan-Bartender Iain Griffiths) auch der deutsche Gewinner präsentiert: Arash Ghassemi hatte immerhin einen passenden Cocktail-Namen, als er vor den Vorhang gebeten wurde. Der Berliner aus dem Green Door und der Schwarzen Traube hatte seinen Champagner-Drink mit Campari, Basilikum und weißem Rum nämlich „Curtain Call“ getauft. Phum Sila-Trakoon (Le Croco Bleu, Berlin) und Michele Henrich (Kinly Bar, Frankfurt) gratulierten dem deutschen Kandidaten ebenso wie der deutsche Juror Gabriel Daun sowie Barney Toy aus dem Londoner Little Bat (und Vorjahres-Zweiter beim globalen Finale).

Und den Sieg im Austro-Finale? Den holte sich Stefan Bauer, der damit auch „das schönste Geburtstagsgeschenk ever“ entgegennehmen konnte. Und einen lautstarken Kollegen-Chor gratis dazu bekam. Die Bacardi-Trophy wurde ihm nämlich genau an seinem Geburtstag übergeben, die Vorfeier bei Marian Beke im Gibson war also durchaus ein gutes Omen.

Und auch der Abend für alle Finalisten und Gäste klang bei einer Londoner Institution aus: Luca Cinalli gebrauchte seine unnachahmliche Technik im Nightjar-Ableger Oriole an diesem Abend für Aber-Dutzende Daiquiris, Vieux Carrés und Mai Tais für die Kollegen aus zwölf Ländern.

Credits

Foto: Foto via Bacardi

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