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Kaffee in Cocktails: Über Verarbeitungsmethoden der ganzen Kaffeebohne

Kaffee in Cocktails ist in etwa so neu wie Gin im Tonic. Vervielfältigt und geändert haben sich jedoch die Möglichkeiten, ihn als echte Zutat einzusetzen. Und damit meinen wir heute keinen Likör oder gebrühten Kaffee, sondern die Kaffeebohne selbst als vielfältige, eigenständige Zutat. Zeit für eine aktuelle Einführung.

 

Kaffee ist nicht erst seit gestern ein fester Bestandteil der Cocktailkultur. Bereits in alten Barbüchern sind zahlreiche Cocktails abseits von Espresso Martini zu finden. Dennoch ist die Verarbeitung der Kaffeebohne nicht immer die Einfachste. Allein schon, um einen gelungenen Kaffee zur Verwendung im Drink zu brühen, braucht es einiges an Wissen und Können, worüber wir an dieser Stelle schon mehrfach gesprochen haben. Aber auch ohne Wasser gibt es viele Möglichkeiten den Kaffee zu verwenden und einzusetzen.

Der klassische Weg: die Infusion

Eine der gängigsten Methoden, die Aromen des Kaffees in eine Spirituose oder den Cocktail zu bekommen, ohne diesen dabei heiß aufzubrühen, sind Infusionen. Hierbei hat sich vor allem die Cold-Drip-Methode bewährt. Dank Perkolation erlaubt diese eine sehr präzise regulierbare Extraktion und ein ebenso präzises Geschmacksbild. Wer filigrane und wenig bittere Aromen möchte, sollte eine schnelle Extraktion (2 bis 3 Tropfen/Sekunde) wählen und die Bohnen je nach Röstgrad sehr grob mahlen oder sogar im Ganzen verwenden. Als Faustregel gilt: Je dunkler die Röstung, desto gröber der Mahlgrad. Ein Zerdrücken im Mörser ist ebenfalls möglich. Allerdings sorgt das für ein sehr unregelmäßiges Mahlgut, was wiederum zu einer ungleichmäßigen Extraktion führt. Somit ist es auch deutlich schwieriger, das Endergebnis zu kontrollieren und zu reproduzieren.

Bei der Perkolation kann das Filtergut restlos ausgelaugt werden, da immer wieder frische, ungesättigte Flüssigkeit hindurchsickert. Ähnlich wie bei der Destillation sind die Aromen, die gegen Ende abgegeben werden, tendenziell unerwünscht. Daher sollte man den verwendeten Kaffee nicht überstrapazieren. Eine zu langsame Extraktion oder zu feines Mahlgut führen ebenfalls zu einem unangenehm bitteren und herben Ergebnis.

Kaffe in Cocktails: Auf Tauchstation gehen

Eine weitere Möglichkeit der Infusion besteht darin, die ganzen Bohnen über einen längeren Zeitraum bei Raumtemperatur im Alkohol, optimalerweise in einem Milieu von ca. 50% Vol., ziehen zu lassen. Dieses Verfahren nennt sich Immersions– oder Tauchverfahren. Hierbei sollten 3 bis 6 g Kaffee auf 100 ml Spirituose ausreichen. Auch hier gilt: Je dunkler, desto gröber, ebenfalls sind ganze Bohnen kein Problem. Dies empfiehlt sich vor allem für puristische Getränke, in denen der Kaffee nur eine begleitende Rolle übernehmen soll. Je nach gewünschter Intensität kann der Kaffee 24 bis 48 Stunden ziehen. Per Sous Vide kann diese Zeit nochmals deutlich reduziert werden. Hierbei sollte sich die Temperatur um die 65°C bewegen. Die Brühzeit beläuft sich in diesem Fall auf ca. 2 Stunden. Beim anschließenden Filtern sollten besonders die Sparfüchse in beiden Fällen tunlichst vermeiden, das feuchte Kaffeemehl auszudrücken, da hierbei sämtliche Bitterstoffe mit ausgedrückt werden. Verwendet man die ungemahlene Bohne hält sich der Verlust ohnehin in Grenzen.

Wenn die Bohne zum Bitters wird

Doch die direkte Verarbeitung der Kaffeebohne hört nicht etwa bei Infusionsverfahren auf. Es geht sogar noch direkter: So setzte der australische Bartender Fred Siggins, Gesamtzweiter bei der Bacardi Legacy 2014, für seinen dortigen Drink „Empire of Dreams“ den Kaffee nicht als typischen Geschmacksgeber ein. Bei der Entwicklung seines Cocktails bestehend aus Bacardi Carta Blanca, frischem Ananassaft, Apricot Brandy, Limettensaft und Orgeat stellte er fest, dass die Zugabe 15 ungemahlener Kaffeebohnen in den Shaker praktisch die Funktion eines Bitters übernahm. Der Kaffee sorgt in dieser Form für bittere, erdig-holzige Noten im Drink, die eine gute Basis für die anderen Aromen bieten, ohne diese mit denen des Kaffees zu überlagern. Gleichzeitig führten die Öle des Kaffees zu einer leichten Bindung und einem volleren Mundgefühl.

Dieser Effekt zeigt sich – ganz generell – sowohl bei geschüttelten oder gerührten Cocktails. Erwartungsgemäß ist er jedoch bei gerührten Drinks etwas zurückhaltender, wobei hier die Öle des Kaffees besser zur Geltung kommen und die Textur der Spirituose deutlich beeinflussen. Ein weiterer Unterschied zeigt sich darin, dass bei gerührten Drinks die Aromen in der Nase deutlicher als am Gaumen wahrzunehmen sind. In dieser Form eingesetzt, dient der Kaffee eher zur Beeinflussung der Komplexität und Balance des Drinks, denn als Aromenlieferant.

Ganze Kaffeebohne als Zutat: helle und dunkle Röstungen

Aber auch hier kommt es natürlich wieder darauf an, für welchen Kaffee man sich entscheidet und in welchem Cocktail er eingesetzt werden soll! Für leichte, fruchtbetonte und säuerliche Cocktails sollte ein Kaffee eingesetzt werden, der diese mit einer ähnlichen Charakteristik unterstütz. Hier bieten sich heller geröstete Sorten mit floralen und fruchtigen Aromen aus beispielsweise Äthiopien, Kenia oder Panama an. Für etwas kräftigere, gerührte Drinks mit fassgereiften Spirituosen hingegen eignen sich eher stärker geröstete und dadurch leicht ölige Bohnen, die klassische Aromen wie Schokolade, Zedernholz und Zuckerrohr mit sich bringen. Diese Charakteristik findet man meist in den Regionen Lateinamerikas wie Brasilen, Kolumbien oder Guatemala.

Übrigens kann diese Eigenschaft sogar für in der Flasche oder im Fass gereifte Cocktails sehr gut genutzt werden. Eine kurze Ziehzeit von einigen Minuten bis zu wenigen Stunden ermöglicht eine Verbesserung der Komplexität und Balance, während längere Ziehzeiten von Stunden bis Tagen echte, deutliche Kaffeearomen zum Vorschein bringen. Somit hat Kaffee einmal mehr bewiesen, dass er dank seiner komplexen Aromen und vielseitigen Einsatzmöglichkeiten eine nach wie vor sehr unterschätzte Zutat ist. Aber das kann sich ja auch ändern. Die Zeit für Kaffee in Cocktails war jedenfalls nie so gut wie jetzt.

Kaffee – Infusion mittels Perkolation oder Immersion:

-> ca. 3 bis 6 g à 100 ml Spirituose
-> optimaler Alkoholgehalt ca. 50% Vol.
-> Je dunkler die Röstung, desto feiner der Mahlgrad
-> Kaffee niemals überextrahieren, um unerwünschte Aromen zu vermeiden
-> bei der Filtration den Filter niemals auspressen
 

Ganze Bohne als Bitters-Ersatz im Drink:

-> helle Röstungen für fruchtig-säuerliche Drink
-> dunkle Sorten für gerührte Drinks aus gereiften Spirituosen
-> Rühren sorgt für zartere Aromen und Texturen, Schütteln hebt den Kaffee mehr hervor

Credits

Foto: Wade Austin Ellis via Unsplash

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