Probier’s mal mit Gelassenheit: die Olinda Bar in Wien
An einem der Hundstage im Juli besuchen wir die Olinda Bar an der Ecke Schönbrunner Straße und Wehrgasse in Wien. Den Gastgarten sieht man schon von Weitem; er erstreckt sich in beide Straßen und ist noch recht verlassen, da es erst 16 Uhr und zudem ein Samstag mit sehr statischen 33 Grad ist. Einer von den Tagen, an denen die Straßen wie leergefegt sind, weil ganz Wien am See sitzt. Oder im Heurigen.
Aber einmal völlig wetterunabhänig, eröffnet mit der Olinda im 5. Bezirk — zentral in der Stadt gelegen, aber Wohngegend — eine Oase: In der geräumigen Bar, der nunmehr dritten Schwester der Miranda Bar, erzählt ein Teil des Kollektivs Vogelfrei und gleichzeitig Barchef, Fil Strotmann, wie die ersten Monate verlaufen sind.
Miranda, aber in entspannt(er)
Olinda heißt „Oh, du Schöne“ aus dem Spanischen übersetzt – und schön ist sie auch, wenn auch noch mit ein paar rauen Ecken und Kanten, aber das soll sich legen. Wichtig war dem Barchef, der ursprünglich aus Regensburg kommt und nun schon seit sieben Jahren in Wien lebt, dass sie organisch wächst. Die Bar ist aber nicht nur schön rau, sondern vor allem auch schön geräumig: Rund 160 Plätze bietet sie mit ihrem Gastgarten und ist damit mehr als doppelt so groß wie die „Erstgeborene“, die Miranda Bar im 7. Bezirk. Die neue Location ist den „Vogelfreis“ in den Schoß gefallen; der ruhige 5. Bezirk war als dritter Standort nicht unbedingt die erste Wahl, und die doppelte Größe der Miranda Bar war nicht der ursprüngliche Plan. Jetzt findet sie aber ihre Rolle als die gemäßigte, große Schwester. Fil: „Wir wollten etwas anderes machen als die Miranda – die ist bunt, klein, laut, super lebendig. Und hier soll es etwas mehr Richtung klassische Bar gehen, was die Atmosphäre angeht. Man soll sich unterhalten können.“
Drei Schwestern
Gelassen und nachbarschaftlich war die Vision für die Olinda Bar, einfach, um etwas anderes als die aktuellen Tresenentwicklungen in Wien zu bieten: „Die Olinda ist eine Tagesbar und zugleich auf jeden Fall auch eine Nachbarschaftsbar, wo alles entspannt bleiben soll. Ich habe das Gefühl, dass die Bars, die in Wien in letzter Zeit eröffnen, oft ‚high concept Bars‘ und betont Cocktailbars sind, die viel auf Garnish, Style und so weiter setzen. Wir haben damals schon mit der Miranda dagegen gesteuert, die war schon eher niedrigschwellig. Das ist eine Bar, die bunt ist und wo man einfach reingehen kann und bestellen kann, was man will, ohne ein schlechtes Gewissen zu haben. Hier in der Olinda ist es nochmal entspannter; wir wollen einfach viel mehr Raum.“
Und Raum gibt es. Direkt neben dem großzügigen Gastraum mit Tresenplätzen und einem Niedrigsitzbereich findet sich, getrennt durch zwei Türen, noch mehr Fläche, die zum Coworking Space umfunktioniert wurde – teils vermietet und teils für das Olinda Backoffice. Die insgesamt rund 200 Quadratmeter waren einfach zu viel Platz, erfahren wir bei der Begehung der Barräume. Und warum eigentlich der Name? Das Gastrokollektiv hat sich bewusst für Frauennamen entschieden, um eine Klammer für die nun drei Bars zu bilden. Der Name Miranda geht auf Carmen Miranda, einer brasilianischen Künstlerin aus den 1940ern, zurück, und die Leandra hat ihren Namen wegen der Kollaboration mit dem Café Leopold. Leandra ist die Freiluftbar im Museumsquartier mit Drinks und Palmen.
O, die Karte
Die Wienerinnen und Wiener lieben ihre Cocktails, aber auch Low und No-ABV gehen richtig gut, erzählt Fil: „Bei manchen Themen im Spirituosenbereich fragt man sich oft: Ist es ein Trend, weil die Menschen es so machen, oder weil die Industrie es so will? Aber das Thema Low- und No-ABV ist bei uns auf jeden Fall wichtig, da legen wir Wert drauf.“ Deswegen wird für die alkoholfreien Drinks nicht halbherzig Saft vermischt, sondern es gibt durchdachte Cocktails wie den Smoky O mit Bitter Orange, Lapsang Souchong und Blutorange sowie natürlich auch (gutes) alkoholfreies Bier.
Die Highballs bilden den ersten Teil der Karte, darunter zum Beispiel die „O Paloma“ oder der „American O“ – das O steht quasi für den Twist, den die Bar den jeweiligen Klassikern verpasst. Bei der Paloma kommt der in Form von Kakao zur Grapefruit und Tequila, beim American O ist es Metaxa sowie Erdbeere und Thymian, die den italienischen Aperitif zum Wiener Highball machen. Die O-Cocktails bringen ebenfalls ihre Twists mit, wie der „O Negroni“ mit Kaffeekirsche, und reihen sich neben den Eigenkreationen der Bar ein.
Der Tag beginnt in der Olinda Bar um 15 Uhr
Öffnungszeiten am Wochenende ab 15 Uhr sind für Wien jedoch etwas ungewöhnlich, so Fil: „Die Tagesbar ist in Deutschland mehr verbreitet als in Wien. Der Apero ist hier im Cocktailbereich noch nicht richtig angekommen, obwohl wir so nah an Italien sind.“ Das ist die Lücke, die die Olinda nun füllen will.
Was macht man tagsüber noch außer trinken? Genau, essen. Das geht in der Olinda mit der kleinen Speisekarte, die sich zwischen Snacks wie Kimchi-Oliven sowie Dip-Variationen und etwas größeren Tellern wie den Mini-Fleischbällchen, dem Roastbeef-Sandwich oder Spinat-Schafskäse-Knödeln ansiedelt. Aufgemischt wird die kleine Küche immer mal wieder mit Pop-ups an Sonntagen oder ganzen Küchen-Residencies. Aktuell und noch bis Ende August ist die Tackerei zu Gast, ein österreichisches Taco-Konzept, gefolgt von sonntäglichen Pop-ups ab September.
Das klingt doch ganz nach guter Nachbarschaft.
Credits
Foto: Olinda