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Pflaume trifft Kräuter

Deutschland muss warten! Mit „Zwack Zwetschke“ müssen Bartender sich bis auf weiteres in Österreich eindecken. Warum das so ist, verriet Izabella Zwack MIXOLOGY ONLINE mit einem Seitenblick auf die ungarische Geschichte.

Die Innovation ist eigentlich ein Vermächtnis. Peter Zwack, der Anteile seiner von den Kommunisten enteigneten Fabrik mit Emil Underberg 1987, also vor dem Fall des Eisernen Vorhangs, zurückkaufte, hat die Einführung des „Szilva“ noch erlebt. Der 2012 verstorbene legendäre Unternehmer „hatte sieben Leben, wir nannten ihn immer Inspektor Clouseau“, erinnert sich Izabella Zwack an den Vater, der in drei Ländern – USA, Italien und endlich Ungarn – Kräuterbitter hergestellt hat. Mittlerweile gehört das Unternehmen den Familien Zwack und Underberg sowie Diageo. Sándor und Izabella Zwack vertreten die Gründerdynastie im Vorstand. Die polyglotte, in der Toskana als Tochter einer Engländerin aufgewachsene Izabella, selbst auch als Tokaj-Winzerin aktiv, stellte im holzvertäfelten Gewölbekeller des Wiener Lokals „Kardos“ den zungenbrecher-verdächtigen „Zwack Zwetschke“ vor. Natürlich bei ungarischer Geigenmusik.

Vom Erfolg überrascht

Die Bilanz des Einführungsjahres hätte auch Peter, den fünften Zwack in der bis 1790 zurückreichenden Unicum-Geschichte, gefreut. Mit 650.000 Flaschen, die sich die 10 Millionen Ungarn schmecken ließen, wurde man in 12 Monaten zur Nummer drei der Premium-Spirituosen des Landes. Angesichts des schweren Stands, den Halbbitter und Kräuterliköre in der Gastronomie haben, überraschte der Erfolg – gerechnet hatten sie mit einem Viertel dieser Menge – die Produzenten in der Budapester Dandár utca. Trotz einer Markenbekanntheit von 99% stagnierte auch die Nationalspirituose Ungarns auf hohem Niveau. Wachstum für die markante Bomben-förmige Flasche mit dem Kreuz kam vor allem aus den 30 Exportländern.

Gänzlich ohne magyarisches Sentiment brachte die New York Times einst das „Problem“ des klassischen Unicums auf den Punkt, als sie ihm den Beinamen „dark destroyer“ verlieh. Mit seinen 35% Vol. Alkohol und der deutlichen Bitterkeit bleibt es meist bei einem Glas. Dieses diente entweder wie zu Zeiten des Erfinders und kaiserlichen Leibarztes Zwack als Magenbitter oder als Absacker, zum Mixen war er zu eigenwillig. Anstatt eine „Light“-Version zu entwickeln, ging man mit der aus den Jahrzehnten der Fruchtbrand-Erzeugung gewonnen Expertise aber an ein Upgrading. Zu den mindestens sechs Monaten Reifung („ohne die wäre er untrinkbar bitter“) kommen weitere drei bis sechs Monate Lagerung in ungarischen Eichenfässern. Während dieser zweiten Phase werden allerdings Dörrpflaumen im Kräuterbitter mazerisiert.

Die Mischung aus Kräutern und Dörrobst ergibt im Duft eine karamellige Mischung, die an Stollwerck oder Vanille Fudge erinnert, aber auch an Spekulatius-Kekse. Eindeutig Zwetschke lässt sich erst am Gaumen ausmachen. Auf die erste Süße folgen die medizinalen, ein wenig an Hustensaft gemahnenden Kräuteraromen, ehe sich dann Sternanis deutlich in den Vordergrund setzt. Mit Pfeffer und etwas Vanille klingt der neue Unicum wieder würzig aus, angesichts der nur 5% Zwetschke im Gesamtvolumen darf man sagen erwartungsgemäß.

Für den Einsatz am Tresen will man sich von den Mitbewerbern absetzen, die direkt vom Eis (Averna) oder aus der Tap-Machine (Jägermeister) serviert werden. Durch die Kälte gingen für Frank Odzuck, den seit 2003 amtierenden deutschen Zwack-CEO, die feinen Aromen verloren, „auch Dilution durch Eiswürfel wäre falsch“. Dafür eignet sich die durch den Fruchtzucker süßere Variante auch für Longdrinks. Zoltán Nagy von der Budapester „Boutiq‘Bar“ hat sie mitkreiert; neben einem klassischen Sour und einem Negroni hat vor allem der „Zwack & Soda“ Potential zum Sommer-Hit:

Zwack Soda

40 ml Zwack Unicum Zwetschke
2 Orangen- und Zitronenscheiben
15 ml Riemerschmid Zuckersirup
20 ml Limettensaft
Soda

Zubereitung: Die Zutaten werden im Long Drink-Glas gerührt und mit Crushed Ice aufgefüllt, danach kommt das Soda dazu. Garnitur: Gurkenscheibe und Minzblatt.


Negroni
(adaptiert nach Szoltan Nágy, Boutiq’ Bar – Budapest).

3cl Gin
3cl Cointreau
3cl Zwack Unicum Zwetschke

Zubereitung: Die Zutaten werden in einem Mixglas kaltgerührt und in einen mit Eis gefülltes Gästeglas abgerseiht. Mit Zitronen- Orangenzeste abspritzen.

Neben dem US-Markt, „wo es momentan einen Bitter-Trend gibt“, verlässt man sich beim ersten Expansionsschritt bewusst auf Länder mit hohem Ungarnanteil und damit langer Unicum-Tradition: Rumänien, die Slowakei und eben Österreich. Auch in Deutschland, das laut Frank Odzuck frühestens 2015 ein Thema sein wird, erwartet man von den in Schwaben lebenden Nachfahren der Ungarnflüchtlinge des 1956er-Aufstands und den Balaton-Urlaubern der neuen Bundesländer die höchste Akzeptanz. In der ungarischen Heimat verteilt sich der „Szilva“-Absatz ziemlich genau 50:50 auf Handel und Gastronomie, mit einer ähnlichen Aufteilung wäre man auch beim österreichischen Versuchsballon zufrieden. Hier kommt die 0,7 Liter-Flasche mit der vom Original abweichenden goldgelben Kapsel um 12 Euro Euro ins Regal.

 

Bildquelle: Schlumberger

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