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Was macht eigentlich … Philip Bischoff?

Der Berliner Philip Bischoff hat in der Hotelbar „Amano“ frühe Maßstäbe gesetzt. Dann folgte der Schritt nach Singapur, wo er in der Manhattan Bar für Aufsehen sorgte. Nun hat er seine Zelte im Four Seasons Hotel in Bangkok aufgeschlagen. Und in Thailand will er vorläufig auch bleiben: „Asien ist in vielen Dingen zum Vorreiter geworden.“

Der Name Philip Bischoff war schon bekannt, bevor er noch bekannter wurde. Ein Deutscher aus dem schnodderigen, leicht anarchischen Berlin – er ist sogar gebürtiger Berliner – im perfektionistischen, von Kollektivismus geprägten Asien. Eine brisante Mischung für beide Seiten. Wenn es gut geht, lernen beide, jeweils so unterschiedlich sozialisierte, Seiten voneinander. Ansonsten wird das, was hier funktioniert, dort zu einem Missverständnis.

Aber die bereits erwähnte Anerkennung, die sich Bischoff in Deutschland und darüber hinaus erworben hat, geht ebenfalls auf das Finden eines „missing link“ zurück. Zusammen mit Mario Grünenfelder und mit seinem „fantastischen Team“ hat er, etwa zeitgleich mit dem Roomers in Frankfurt, die Hotelbar mit dem Amano in Berlin-Mitte neu erfunden.

Mit dem Amano Maßstäbe gesetzt

Wie schafft man es, aus dem etwas verstaubten Mythos der Hotelbar einen angesagten und dennoch mit den hohen Standards dieser Häuser homogenisierten Ort zu schaffen. Wo sich Business, ein Mix aus jung und älter, Barflys, Szene, Halb- und Ganzwelt, Jeunesse Doreé, Künstler:innen und Trinker:innen aller Couleur gleichermaßen wohlfühlen?

Zum einen hilft es natürlich, wenn die Protagonisten selbst in dieser Szene angebunden sind. Aber vor allem sind es die oft bemühten innovativen Konzepte, die aber nicht mit aristokratisch-elitärer Attitüde präsentiert werden, sondern mit einer gehörigen Portion cooler Sexyness. Mit einer knisternden Atmosphäre voller Kommunikation, herausragenden Cocktails und Drinks, DJs, eleganter, moderner, aber nicht überladener Architektur und einem Team, das diese Ideen und das Setting lebt und an den Gast weiterreicht. Aber, wie Philip Bischoff anmerkt: „Es klingt banal, aber was an einem Ort funktioniert, ist am nächsten vielleicht völlig fehl am Patz. Es ist immer ein Suchen, ein Herantasten. Bestimmte Dinge kann man beeinflussen, anderes muss man auch auf sich zukommen lassen und gegebenenfalls nachsteuern. Im Amano lief auch nicht immer und von Anfang alles glatt. Aber wir waren von unserem Konzept überzeugt.“

Und so feierte und trank die Community im eher dunkel gehaltenen Erdgeschoss und in den Sommermonaten auf der Rooftop-Bar mit herrlichem Blick über Berlin. Natürlich wandelte sich auch nach einiger Zeit das Publikum. Es wurde „breiter“, weniger Szene-Szene. Die einen beklagen so etwas sofort und wandern weiter, aber man sollte mit dieser Form des Szene-Elitismus vorsichtig sein, sich schon gar nicht davon abhängig machen. Die hohe Fluktuation und Volatilität dieser Klientel trägt auf Dauer keine Bar. Bis Philip Bischoff den nächsten Schritt ging und das Amano verließ, hatte die Bar nichts von ihrem Reiz verloren – ihn reizte aber das bisher nur touristisch bekannte und kulturell eher Unbekannte.

Steiler Weg mit der Manhattan Bar nach oben

„Durch meine Reisen nach Hongkong, Bali und Singapur war ich angefixt von Asien, fühlte mich da hingezogen und hatte schon im Kopf gehabt, dass ich dort einmal arbeiten möchte. Ich habe auch die Manhattan Bar im Regent Hotel in Singapur besucht. Bereits 2014 ein unglaubliches Hotelbar-Projekt mit tollen Ressourcen. Es gab zum Beispiel über 100 Eichenfässer zum Reifen von Spirituosen, das beflügelt automatisch die Fantasie eines Bartenders.“

Dann sei alles ganz schnell gegangen. „Der erste Head-Bartender ist gegangen und David Cordoba hat mich gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, die Nachfolge anzutreten – sofort!“ Es folgten die üblichen Prozeduren einer Bewerbung auf diesem Niveau bei einem weltweit agierenden Unternehmen. „Als dann alles geschafft war und die Zusage kam, habe ich gleich meine Sachen gepackt und alles in die Wege geleitet. Im Mai 2015 in Singapur angekommen, hatte ich dann noch zwei Monate Zeit, um eine Vision für die Bar zu entwickeln. Dem Team hatte ich mich schon vorgestellt.“

Dieses Team besteht zu dieser Zeit fast ausschließlich aus Filipinos und beeindruckte Philip Bischoff sofort durch seinen auffälligen Wissenshunger. „Das war die Voraussetzung, gleich einen guten Start hinzulegen und neue Ideen umzusetzen.“ Zunächst bestand die Aufgabe darin, der Bar ein eigenes, hauseigenes, unverwechselbares Profil zu geben. „Wir haben 50 Prozent der Drinks auf der Karte geändert. Das war Teamarbeit, jeder hat seine Gästeerfahrung und seine Ideen eingebracht.“ Es folgten schnell erste Erfolge und internationale Anerkennung. Bei dem angesehenen Ranking der „Worlds 50 Best Bars“ fand sich die Manhattan Bar von Bischoff bereits im Oktober 2015 auf Platz 35, in den Folgejahren verbesserte sich die Platzierung kontinuierlich.

Dass in Asien vieles aus Europa und den USA kopiert werde, ist für Philip Bischoff längst „zum Klischee verkommen“.
„Bangkok hat eine unglaublich lebhafte und vielfältige Barindustrie.“

Menschliche Qualitäten werden höher bewertet

„Die Bar ist auch eine Talentschmiede. Viele ehemalige Mitarbeiter sind inzwischen in leitenden Positionen bei anderen Bars tätig, auch das Publikum hat mit seinem Zuspruch unserem Konzept Legitimation verschafft.“ Die Mentalität in Singapur in der Gastronomie ist sehr dynamisch und offen, erzählt Bischoff. „Allerdings arbeiten die Singapurer eher in gehobenen Berufen. Hotels und Bars haben oft Schwierigkeiten, Locals zu verpflichten, um die Quoten zu erfüllen.“ Ganz wichtig sei das Teambuilding, „das habe ich im Amano gelernt, Fehler produktiv zu nutzen. Alles läuft darüber, das Gesicht zu wahren. Menschliche Qualitäten werden oft höher bewertet als die Zubereitung des perfekten Drinks. Respekt ist der Kern der asiatischen Kultur“.

Auch der manchmal erhobene Vorwurf, dass vieles aus Europa und den USA kopiert werde, träfe schon lange nicht mehr zu. „Das ist zum Klischee verkommen. Das kommt zwar auch vor, aber inzwischen sucht man die Inspiration aus sich heraus. Gerade während Covid sind herausragende Bottled Cocktail-Konzepte, zum Beispiel in Shanghai, entstanden. Asien ist in vielen Dingen zum Vorreiter geworden, auch wenn das international noch nicht immer wahrgenommen wird.“ Aber auch gelte immer wieder die Maxime: Konzepte sind nicht übertragbar, auch nicht innerhalb Asiens. So sieht sich Bischoff auch in seiner aktuellen Position als Beverage Manager im BKK Social Club des Four Seasons Hotel in Bangkok neue Herausforderungen, die nicht eins zu eins mit der gewonnen Routine aus Singapur bewältigt werden können.

Absurde Tage während der Corona-Einschränkungen

In den Jahren 2018 und 2019 war es in Singapur zu unternehmenspolitischen Neuausrichtungen gekommen, die Bischoff gezwungen hatten, Entscheidungen zu treffen. „Für mich war aber schnell klar, dass ich meine Karriere innerhalb der Four Seasons Gruppe weiterführen möchte. So kam es dazu, dass ich zum Pre-Opening-Team des Social Club gehörte. Bangkok hat eine unglaublich lebhafte und vielfältige Barindustrie, die in den letzten Jahren einen irren Qualitätsschub erfahren hat.“ In Bangkok arbeitet Bischoff mit einem Team, das zu 100 Prozent aus Locals besteht, lediglich auf der Führungsebene sei man international aufgestellt. Nur eines ist auch hier ähnlich ausgeprägt wie in Singapur: „Diskriminierung ist absolut tabu, der Gleichheitsgedanken höchste Priorität. Eigene Meinung wird wertgeschätzt und gehört.“

Die Situation sei aber schwierig, machmal gar absurd. „In den letzen sechs Monaten hatten wir 41 Öffnungstage durch die Covid-Einschränkungen. Wir dürfen in Thailand keine Bottled Cocktails verkaufen. Thailand ist beim Thema Alkohol sehr restriktiv. Man bekommt ihn, aber wir dürfen keinen Alkohol ausschenken oder irgendwie bewerben. Also organisieren wir, üben Abläufe und arbeiten Dinge auf, die nicht bis zur Eröffnung fertig wurden. Zum Glück konnten wir bisher die meisten Angestellten halten.“

Wie es für die Gastronomie in Zukunft, nach Covid, weitergehen könne, ist sich Philip Bischoff nicht sicher. Die Restriktionen beim Alkoholausschank hätten klar messbare Auswirkungen auf den Gesamtkonsum, der sei rückläufig. „Um so mehr freue ich mich aber darauf, diese Hotelbar zum Leben zu erwecken und dem Team zu zeigen, was möglich ist“, blickt er trotzdem gelassen in die Zukunft.

Thailand definiert sich neu und Philip Bischoff ist dabei

Inzwischen hat auch das Private fahrt aufgenommen. Bischoff ist verheiratet mit einer Malaiin, die ebenfalls in der Industrie arbeitet, kürzlich ist die Tochter des Paares in Bangkok zur Welt gekommen. Auch wenn er Singapur inzwischen als seine gefühlte Heimat betrachtet, soll es in der nahen Zukunft in Bangkok weitergehen. „Mittelfristig könnte ich mir vorstellen, weiter für die Four Seasons Gruppe zu arbeiten, vor allem im Corporate Leadership. Also weniger operativ, sondern an Konzepten tüfteln. Es ist wunderbar, dass ich das mit meiner Familie teilen kann.“

Europa und Deutschland, ja, Berlin, sind weit weg. Das sei familiär nicht immer einfach und auch Freunde vermisse man natürlich. Aber Philip Bischoff ist sich sicher und formuliert ganz klar: „Thailand definiert sich inzwischen neu und da sind wir dabei!“

Credits

Foto: Four Seasons Hotel Bangkok

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