Phillip Roberts im Gespräch
Phillip Roberts ist neu im großen deutschen Bierspiel und hat darauf, wenn man’s genau nimmt, 13 Jahre hin gearbeitet. Seit Anfang Juli 2014 bereist der Düsseldorfer mit seinen bislang zwei Onkels Deutschland. Ein Gespräch über das Freiheitsgebot und Familienstammbäume.
Die Geschichte der Onkel Biere ist eine Beinahe-Geschichte. Der Mann hinter dem Unternehmen ist Phillip Roberts, Halbamerikaner und gleichermaßen verwurzelt in Austin, Texas, und in Deutschlands Mitte. Bis die Liebe zum Brauen überhand gewann, war Roberts in der Unternehmsberatung tätig. Eine große Affinität zu Nahrungsmitteln und deren Herstellung war aber dabei immer in Herz und Hinterkopf. Phillip wurde beinahe Koch, beinahe machte er ein Bar auf und beinahe hätte er die Idee, Grillweltmeister zu werden, weiter verfolgt. Die Ideen wechselten, was kontant blieb war das Bier.
Die Leidenschaft stets im Hintergund
Die Geschichte fing an mit dem Selbstgebrauten, ganz klassisch im Studentenzimmer und Roberts ersten Brauwettbewerb in New York. Als er den Big Apple noch Heimat nannte, gewann er mit einem Farmhouse Ale. Gebraut in einer 1,5 qm Küche. Das Wissen dazu selbst angelernt mit so ziemlich allen Büchern, die es über das Bier-Brauen gibt.
Seit damals hat sich viel getan. „Meine Freunde damals waren echt Freunde, denn sie tranken das alles aus, was ich damals fabrizierte“, sagt er. Und im gleichen Atemzug wird klar, wie groß seine Affinität zur Braukunst ist. „Das Bierbrauen hat etwas sehr Sinnliches und zugleich Wissenschaftliches“, versucht Roberts seine Leidenschaft in Worte zu fassen. Anfang Juli 2014 war es dann so weit, die Onkel-Biere erblickten offiziell das Licht der Welt. Onkel Herbert, die Berliner Weisse und Onkel Albert, das Altbelgische Saison-Bier wurden Teil des deutschen Craft Beer Marktes. Die Berliner Weisse wurde mit Rhabarber gebraut. Roberts über die Entstehung: „Ich fand Sauerbier schon immer sehr interessant und empfand es als Schande, dass es außerhalb Deutschlands bessere Berliner Weisse gibt als in Deutschland selbst.“ Rhabarber als Bestandteil setzte sich durch, da er „typisch deutsch“ sei und Roberts damit vermeiden wollte, dass besonders Experimentierfreudige Waldmeistersirup in sein Bier kippen. Um das Gemisch dann mit einem Strohhalm zu genießen.
Brauhaus, wechsle dich
Phillips war lange Kuckucksbrauer und wechselte regelmäßig den Produktionsort für seine Biere. Als die Zeit kam, sich längerfristig zu binden, wollte er ein Brauhaus finden, in dem man seinen Willen zur Perfektion teilte. Und zudem alle zugehörigen Bestandteile für ein Sauerbier wie die Wildhefe und Brettanomyces in den Brauhallen zuließ. Fündig wurde er in Belgien bei dem Braumeister Dirk Naudts von deProef Brouwerij. Durch die Hände des Belgiers waren im Lauf der Jahre mehrere hundert Biere gegangen und so kann Naudts auf einen großen Erfahrungsschatz zurückblicken. Genau der richtige Mann für die Onkel Biere. Roberts und Naudts verstanden sich gut und nach dem erfolgreichen Abgleichen der individuellen Vorstellungen war der Grundstein zur gemeinsamen Brauzukunft gelegt: „Ich kann sehr viel von ihm über das Brauen lernen und er versteht meine hohen Ansprüche, wenn es um Bier geht.“
Die Craft Beer-Szene in Deutschland bewertet Roberts als vielfältig und ambitioniert. Vor allem der Gemeinschaftssinn sei ein besonderer: „Die Craft Beer-Szene ist, wie man in Amerika sagt, zu 99% arschlochfrei.“ Und seine bisherigen Erfahrungen kommentiert Roberts wie folgt: „Das Wichtigste ist, dass man Spaß an der Sache hat.“ Die sei von Nöten, um sich durch den Vorschriftendschungel und die Bürokratiewälder Deutschlands zu kämpfen, das Ziel stets vor Augen. Auf seinem Blog, in dem Phillip sympathisch genau auf die Entstehungsgeschichte seiner Biersorten eingeht, findet sich auch ein Pamphlet zum Thema Freiheitsgebot versus Reinheitsgebot. 1516 in Ehren versteht sich.
Der Bierfamilienstammbaum
In der Zukunft soll das feste Angebot auf rund sechs verschiedene Biere ausgeweitet werden. Roberts plant immer wieder ein bis zwei Saisonbiere temporär ins Sortiment aufzunehmen und so, langsam aber sicher, eine Art Familienstammbaum an Onkel-Bieren zu schaffen. Momentan gibt es ein Saison-Bier, das Onkel Albert, das mit dem Herbst jedoch in den Ruhestand verabschiedet wird. Wichtig sind Roberts besonders Offenheit und Transparenz: „Der Konsument hat ein Anrecht darauf, genau zu wissen, was er kauft und konsumiert.“ Die Variationsmöglichkeiten bei Craft Beer seien ungemein groß und liessen viel Raum bei den Brauzutaten. Solange alles genau deklariert sei, sehe er da keine Grenzen für kreatives Brauen.
Bislang gibt es die Biere in einem Online-Handel, erst demnächst will er den Schritt in Richtung der Gastronomie tun. Phillip Roberts, ein selbsterlernter Brauer mit vielen Talenten: „In New York habe ich mal einen Lehrgang zum Schuster gemacht und kann Schuhe selbst nähen.“ Das kann er also auch. Auf dem Blog werden in naher Zukunft die Rezepte zu seinen Bieren und die genau Herstellungsweise nachzulesen sein. Alles im Zuge der Transparenz.
Credits
Foto: P. Roberts bei der Braukunst Live! 2014 via Thomas B Jones