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Das Plan B in Marburg

Das Plan B in Marburg ist seit sechs Jahren mit einem Konzept jenseits von günstigem Betrinken in der Studentenstadt erfolgreich.

Die Fahrt mit dem Fahrstuhl in die Innenstadt von Marburg ist wie eine Zeitreise. Eben noch von einer gewöhnlichen westdeutschen Ausfallsstraße eingestiegen, geben die Türen oben den Blick frei auf enge Gassen, Kopfsteinpflaster und windschiefe Fachwerkhäuser.

Verstecktes Trinkziel

Die historische Altstadt rund um das Landgrafenschloss ist auf einem Hügel gelegen. Neben dem Rathaus führt eine schmale Treppe nach unten, direkt vorbei an einer kleinen Bar. „Wir liegen zwar genau im Ausgehviertel, aber für Laufkundschaft sind wir trotzdem zu versteckt“, erzählt Jan Lerch, einer der zwei Besitzer der Cocktailbar Plan B. Gemeinsam mit seinem Partner Ali Arin hatte er 2008 den Laden eröffnet. „Das ist aber auch in Ordnung so. Die Leute die zu uns kommen sind gezielt hier.“ Es ist unaufgeregt im Plan B. In dem gemütlichen Raum mit niedriger Zimmerdecke sind fast alle Tische belegt. In der rechten Ecke sitzen ein paar Gäste an der halbrunden Bar. Die Beleuchtung ist dezent gesetzt und gut verteilt, die Musik nicht zu laut und nicht zu eingängig.  „Seit den 60ern war hier eigentlich immer eine Kneipe drin“, berichtet Jan. In den Jahren vor dem Plan B hatte ständig der Pächter gewechselt, der Laden hatte keinen guten Ruf. „Wir haben erst mal zwei Monate alles umgebaut, Boden, Decken, Wände.

Rum im Fokus

Wer die Karte des Plan B aufschlägt, findet klassisch zubereitete American Cocktails und eine breite Auswahl an Rum. „Ali und ich hatten uns von Anfang an darauf verständigt Rum ins Zentrum zu rücken“, sagt Jan und macht den Vergleich zu Whiskey auf: „Das ist auch interessant, natürlich, aber jede Studentenkneipe hat mittlerweile fünf, sechs Whiskeys im Angebot. Zu Rum haben wir einen engeren Bezug. Wir sind viel in Südamerika gereist, und Freunde bringen uns von dort auch immer wieder was Seltenes mit. Wir haben eigentlich immer eine Auswahl zwischen 35-40 Sorten im hier.“ In wechselndem Rhythmus wird im Plan B ein zusätzliches hochprozentiges Thema in Form einer Sonderkarte vorgestellt. Im Moment ist es der Gin & Tonic, der die Inhaber und ihre Gäste besonders interessiert. Dank der Fülle an neuen Gins und Fillern aus den letzten Jahren gibt es viele neue Kombinationsmöglichkeiten für diesen Drink. Die Gin-Karte läuft so gut, dass sie wohl permanent ins Standardprogramm des Plan B übergehen wird. Man könnte meinen, das Plan B habe sich in Antithese zu besagten Kneipen benannt, die sich primär an Studenten richten. Aber dahinter steckt eine viel persönlichere Geschichte. Jan Lerch erzählt, dass Ali und er vorher gemeinsam mit einem dritten Partner ein anderes Bar-Projekt geplant hatten, was sich aber nicht realisieren sollte. Neuer Raum und neue Ideen entstanden, ein „Plan B“ eben. Und es lief von Anfang an.

Margarita ohne Strohhalm

Ihr Studium hatten beide Inhaber zugunsten der Gastronomie aufgegeben. Jan hatte sich schon während der Unizeit mit einer Agentur für Bartending Events selbstständig gemacht. Das Barhandwerk lernte er in den Neunziger Jahren im Frankfurter „Helium“, einem der angesagtesten Läden der Zeit, den es selbst heute noch gibt.  Beide haben DBU-Schulungen absolviert, Arin ist ausgebildeter Systemgastronom. „Wir haben beide schon seit Langem in der Gastronomie gearbeitet hier in Marburg, der Ali und ich, und dadurch kannten uns auch viele Leute“, erzählt Jan. „Dadurch hatten wir gleich von Anfang an viele Leute hier. Es gab einfach diese Neugier auf das eigene Projekt von uns. Und der Reinfall mit dem vorherigen Plan – den Rückenwind den wir deshalb von den Gästen hatten, der hat uns sicher auch sehr geholfen.“ Das Alleinstellungsmerkmal, der Bekanntheitsgrad der Eigentümer, das alles nutzt nichts, wenn die Grundlagen fehlen. Jan nennt ein Bespiel, wie man es nicht machen sollte: „Das ist ja nicht böse gemeint, aber wenn jemand einen klassischen Margarita, also einen mit Salzrand, mit Strohhalm serviert, dann versteht er nichts von Cocktails. So etwas gibt es nicht bei uns.“

Ob die Gäste schon vorher ihre Cocktail-Wünsche kannten oder nicht, das Plan B hatte das passende Publikum für seine Vorgaben schnell gefunden. Keine bunten Schirmchen, keine unnötigen Strohhalme, sondern klassische Drinks aus der Martini-Schale, ohne Eis serviert. Jan und Ali können stolz darauf sein, diese Cocktail-Kultur in Marburg etabliert zu haben.

Credits

Foto: Marburg via Shutterstock

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