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Armin Azadpour spricht über die Zürich Bar Show

„Die Schweiz muss sich nicht verstecken.“ Armin Azadpour über die erste Zürich Bar Show

Hospitality-Get-together, Real-Talk und Vernetzung – das will die erste Zürich Bar Show von 29. – 30. Oktober 2023 bieten. Mit ihr bekommt die Limmatstadt erstmals eine Plattform, die die nationale mit der internationalen Barwelt verschmelzen lässt. Initiator ist Armin Azadpour, der im Interview darüber spricht, wie es zu der Umsetzung kam – und welche Erwartungen er an die Premierenveranstaltung hat.

Erst kürzlich wurde die Liste der World’s 50 Best Bars verlautbart. Eine Bar aus der Schweiz ist darin nicht zu finden. Auch in der allgemeinen Wahrnehmung steht die Schweiz nicht dafür, Bar-Hotspot zu sein, Bars in Zürich, Basel oder der Westschweiz erregen kaum internationale Aufmerksamkeit.

Das ist schade angesichts namhafter klassischer wie spannender Neueröffnungen mit unterschiedlichen Formaten und Konzepten. Nun gibt es die erste Zürich Bar Show, die den Blick auf die Schweizer Barkultur lenken und nationale wie internationale Bartender:innen im Rahmen von Seminaren und Gastschichten in Zürcher Bars miteinander in Verbindung und Szene setzen will. Die Plattform unter dem Motto „Hospitality Get Together“ findet am 29. und 30. Oktober 2023 statt. Während tagsüber insgesamt 22 Vortragende auf den Bühnen im Livingroom und Atelier des 25hours Hotel Langstrasse über spezifische Bar-Themen aus eigener Perspektive sprechen, übernehmen nachts die auswärtigen Bartender:innen in Kooperation mit der Spirituosenindustrie die Tresen der Tales Bar, Bar am Wasser, Cinchona Bar, der neuen Bar Non-Chalant, Late Bloomers, Bar Lupo und der Widder Garage bei der After Party am Montagabend.

Hinter der Zürich Bar Show steht Armin Azadpour, der in Frankfurt die Hunky Dory Bar, in Zürich die Lupo Bar mit zwei Partnern betreibt und zwischen diesen beiden Bar- und Lebenswelten pendelt. Seit Sommer dieses Jahres zeichnet er zudem für EcoSpirits in der Schweiz verantwortlich. Seit 20 Jahren steht Azadpour mit einem Bein in der Gastronomie, seit 2011 mit beiden Beinen und vor allem mit großer Passion dafür. „Es gibt keinen Job, in dem ich mehr lachen kann als in der Gastronomie, und ich habe täglich mit spannenden Gästen zu tun“, betont er und hofft, dass sich auch bald wieder jüngere Menschen für den Beruf interessieren. Dieser Aspekt und viele weitere sollen bei der ersten Bar Show auf dem Thementablett serviert werden.

MIXOLOGY: Lieber Armin, wie ist Idee zur Zürich Bar Show entstanden?

Armin Azadpour: Eigentlich hatte ich die Idee einer solchen Plattform für Zürich schon länger im Hinterkopf. Neuerdings entflammt wurde sie durch ein zufälliges Treffen mit Felix Engels von der Suderman Bar, der bekanntlich mit Dominik Mohr und Dominique Simon das jährliche Bar Symposium Cologne veranstaltet. Da ich nach der diesjährigen Roma Bar Show meinen Stand-By-Rückflug wegen Überbuchung nicht gekriegt habe, bin ich zurückgegangen in das La Punta und habe Felix getroffen. Er erwähnte, dass es bedauerlicher Weise keine Show in Zürich gibt, was aber bestimmt Potenzial hätte. Und das ist, was auch ich mir gedacht habe. Ich war überzeugt davon, dass viele Barakteure Freude an einer Plattform hätten, die den Zusammenhalt der Szene und Spirituosenindustrie stärkt, Austausch bietet und Vernetzung ermöglicht. So kam die Idee tatsächlich ins Rollen, und ich freue mich, dass wir sie unter dem Motto „Hospitality Get Together“ realisieren konnten. In der Realisierung inspirierten mich das Bar Symposium Cologne und Felix Engels, der mich dabei unterstützt hat.

»Wenn man über die Schweiz spricht, hat man Schokolade, Skifahren und Uhren im Kopf. Aber niemand verbindet die Schweiz mit Barkultur. Das ist schade, denn es gibt wirklich viele gute Bars.«

— Armin Azadpour

Interview zur Zürich Bar Show

MIXOLOGY: Welche Intention steckt dahinter?

Armin Azadpour: Geleitet von dem Motto Hospitality get together wollten wir einen Ort kreieren, an dem Schweizer und internationale Branchen-Akteure für frischen Wind sorgen und den Traffic erhöhen. Wenn man über die Schweiz spricht, hat man Schokolade, Skifahren und Uhren im Kopf. Aber niemand verbindet die Schweiz mit Barkultur. Das ist schade, denn es gibt wirklich viele gute Bars. Nehmen wir beispielsweise Wolfgang Mayer von der Widder Bar oder Dirk Hany von der Bar am Wasser, die beide ambitioniert in der Barkultur wirken. Aber es wirkt punktuell, und der internationale Funke springt nicht über. Die Intention für die Zürich Bar Show ist, alle nationalen und internationalen Kompetenzen, Bars und Brands zu vereinen und gemeinsam innerhalb von zwei intensiven Tagen einen Mehrwert für die Schweizer Barszene zu generieren.

MIXOLOGY: Hauptaustragungsort ist das 25hours Hotel Langstrasse. Warum?

Armin Azadpour: Für Zürich spricht, dass es zentral liegt, viele Bars fußläufig zu erreichen sind und so der Programmablauf der Bar Show leichter zu gestalten ist. Ich freue mich sehr, dass sie in den Räumlichkeiten des 25hours Hotels und der Cinchona Bar stattfinden kann. Dort hat auch meine Schweiz-Karriere mit einem Pop-Up während zehn Monaten in der Corona-Phase begonnen. Und bei Michael Kampmann, Barmanager der Cinchona Bar, bin ich mit dieser Idee auf offene Türen gestoßen, wofür ich sehr dankbar bin.

»Ich habe von allen nationalen wie internationalen Interessenten und Beteiligten nur gutes Feedback erhalten. Ich glaube, die Freude ist groß über das bevorstehende Get-together auf Schweizer Boden.«

— Armin Azadpour

MIXOLOGY: Die Bar Show ist dir ein persönliches Anliegen?

Armin Azadpour: Absolut, mir liegt sehr viel daran, das Repertoire der Schweizer und Zürcher Bars ins Rampenlicht zu rücken. Ich probiere, alle Bausteine zusammenzuführen, die es benötigt, aber wahrscheinlich wird in der ersten Edition nicht alles so klappen, wie wir es uns vorstellen. Anfangs war es sehr schwierig, Sponsorships zu generieren und Budgets freizuschalten. Ich habe viele Telefonate geführt, weil die Idee einer Bar Show in Zürich Erklärungsbedarf hatte, aber ich habe es geschafft.

MIXOLOGY: Was dürfen wir uns von der Zürich Bar Show erwarten?

Armin Azadpour: Tagsüber werden an beiden Tagen Seminare mit insgesamt 22 nationalen und vor allem internationalen Vortragenden, vorwiegend Bartender:innen, stattfinden. Sie erzählen über die Entstehung ihrer eigenen Bar, ihre langjährige Existenz in der Branche. Sie sprechen über Zeitmanagement, Nachhaltigkeit in der Bar, darüber wie es ist, eine Bar in einem kleinen Ort zu betreiben oder selbst eine Bar zu gründen. Außerdem über Gastfreundschaft, Aromakombinationen oder die Bedeutung des Berufsbildes und auch über Weine, Naturweine oder Champagner an der Bar, was ich persönlich sehr interessant finde. Wichtig ist, dass die Vortragenden über ihre persönlichen Erfahrungen und das sprechen, was sie beschäftigt, angetrieben oder inspiriert hat. Simon Kistenfeger zum Beispiel gibt Einblicke, wie man aus der Bar heraus in das Eventgeschäft arbeiten kann. Es geht um Real-Talk und den Austausch über Fakten. Zu jedem Talk gibt es einen Drink mit einem Produkt des jeweiligen Sponsors, wobei hier nicht das Produkt und die Brand, sondern der Genuss im Vordergrund steht. Schön ist, dass wir die Drinks in tollen Gläsern mit gutem Eis servieren können. Das hat mir bei anderen Veranstaltungen dieser Art immer gefehlt. Abends folgen diverse Gastschichten, die durch Unterstützung der Industrie und sämtlicher Zürcher Bars, allen voran des 25hours Hotels und der Widder Bar, möglich sind. So wird zum Beispiel das Herz aus Basel – als beste Bar der Schweiz bei den MIXOLOGY BAR AWARDS 2024 – den Tresen in der Bar am Wasser übernehmen, die im Vorjahr diesen Titel gewonnen hat.

MIXOLOGY: Wie war das Feedback der Barbranche auf die erstmalige Zürcher Plattform?

Armin Azadpour: Ich habe von allen nationalen wie internationalen Interessenten und Beteiligten nur gutes Feedback erhalten. Ich glaube, die Freude ist groß über das bevorstehende Get-together auf Schweizer Boden. Viele internationalen Bartender:innen waren noch nie in Zürich, standen der Bar Show sehr offen gegenüber und haben nun zudem die Möglichkeit, die Stadt kennenzulernen. Das nationale Feedback, Interesse und die Neugierde waren ebenfalls sehr groß. Eigentlich waren die meisten sogar ungeduldig und wollten, dass ich eher mit allen Informationen herausrücke. Der Fokus der Zürich Bar Show liegt auf den Seminaren und Gastschichten, die das Get-together von Barszene und Industrie bewirken. Es soll aber auch ein Ort für passionierte Barbesucher und offen für alle jene sein, die schlichtweg Interesse an Bar und der damit verbundenen Kultur haben. Denn es wäre schön, jüngere Menschen für die kreative, diverse und vielfältige Barkultur zu motivieren.

»Was die Schweiz aber genauso beschäftigt wie andere Länder ist der vorherrschende Personalmangel. Auch dieses Thema soll bei der Bar Show diskutiert werden. Was können wir anders machen, um dem Personalmangel entgegenzuwirken?«

— Armin Azadpour

Armin Azadpour im Interivew

MIXOLOGY: Welche Fragen oder Probleme beschäftigt die Schweizer Barwelt?

Armin Azadpour: Die Schweiz ist nicht das Land, das wie Amerika oder England dick aufträgt, sie wirkt bescheidener, und ich glaube, deren Barkultur fühlt sich ein wenig und zurecht unter dem Radar. Ich möchte aufzeigen, welches Niveau der Barkultur hier vorliegt. Die Schweiz muss sich diesbezüglich nicht verstecken. In jeder größeren Stadt gibt es richtig solide Drinks, und viele gute Leute sind am Start. Der Anspruch ist gegeben und spürbar, die Speerspitze zu erreichen. Das will ich mit dieser Bar Show zeigen und nationale mit internationalen Akteuren während dieser Zeit zusammenbringen. Was die Schweiz aber genauso beschäftigt wie andere Länder ist der vorherrschende Personalmangel. Auch dieses Thema soll bei der Bar Show diskutiert werden. Was können wir anders machen, um dem Personalmangel entgegenzuwirken? Sind die Vier-Tage-Woche oder Teilzeit eine Lösung, oder ist es das Geld? Wenn man Lösungen zu finden versucht und sich austauscht, erhält man Anreiz und neue Perspektiven. Eine interessante Diskussion ist auch, warum die Bar immer noch als Nebenjob gilt. Die Bar Show soll zeigen, wie vielfältig der Bereich Bar ist. Von etablierten Barbetreiber:innen über deren Zeitmanagement zu hören, wie sie sich organisiert haben, um den Standard zu erreichen und ihn auch halten zu können, wird spannend sein zu hören. Auch das war ein Antrieb für die Show, nämlich das Engagement, die erforderlichen Skills und die vielen Extrameilen der Branche zu zeigen. Es geht nicht um Drink-Rezepte, die wir zur Genüge kennen, sondern um Erfahrungsaustausch, Vernetzung und die Gestaltung der Zukunft.

MIXOLOGY: In der Schweiz darf man keine Werbung für Spirituosen und Alkohol machen. Bietet die Plattform auch ein wenig Präsentationsfläche für Brands?

Armin Azadpour: Schon, aber die klassische Werbung darf keinesfalls im Vordergrund stehen. Brands geben zum Beispiel Einblick, welche Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit Bars sie sich vorstellen und für die Barbranche bieten können – neben den klassischen Aktivierungen wie beispielsweise kooperative Gastschichten, Drink-Weeks oder International Days. Es wäre schön und wichtig, dass die Idee der Zusammenarbeit mit einer Spirituosenbrand nicht zwangsläufig durch Markenbotschafter:innen oder Außendienstmitarbeiter:innen an die Bar herangetragen wird. Sondern dass die Hemmschwelle sinkt, und Bartender:innen sich trauen, mit kreativen Ideen an die Industrie heranzutreten, von dieser und anderen Optionen erfahren und Ideen folglich gemeinsam umgesetzt werden können. Wie bereits erwähnt, geht es darum, Brands und Bars zusammenzubringen, neue Schnittstellen zu offerieren, nicht um Produktpräsentation.

»Eine solche Veranstaltung ist kostenintensiv, und wir brauchen Unterstützung und finanzielle Mittel, um sie umzusetzen.«

— Armin Azadpour

MIXOLOGY: Wird die Zürich Bar Show zu einer wiederkehrenden Plattform und schon nächstes Jahr wieder stattfinden?

Armin Azadpour: Vorausgesetzt es klappt alles, und wir können das Vertrauen der Industrie stärken und weiterhin Unterstützung erhalten, ist diese Idee natürlich angedacht und eine schöne Vorstellung, fortlaufend durch internationale Beteiligung und Gastschichten frischen Wind nach Zürich zu bringen. Eine solche Veranstaltung ist kostenintensiv, und wir brauchen Unterstützung und finanzielle Mittel, um sie umzusetzen. Bartender:innen, die anreisen, kommen zwar aus eigenem Interesse, Freude und Knowledge-Gründen, aber als selbstständiger Barbetreiber zwei-drei Arbeitstage nicht in der Bar zu sein, kostet auch Geld, das wir bereitstellen müssen. Für dieses Jahr bildet die Gruppe an beteiligten Bars, Bartender:innen und Spirituosenbrands einen kleinen feinen Rahmen ohne Reizüberflutung, und wir freuen uns darauf, die Zürich Bar Show aus der Taufe zu heben.

MIXOLOGY: Dann wünschen wir viel Erfolg für die erste Zürich Bar Show und bedanken uns für das Interview.

Credits

Foto: Bar Lupo

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