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Rau & Herzlich Berlin Kreuzberg

Das “Rau & Herzlich” ist der dritte Streich von Lutz Rau in Berlin

An einer nicht konfliktlosen Straßenecke in Kreuzberg eröffnen Lutz Rau und Timo Häberle das “Rau & Herzlich”. Mit etwas Kiezkenntnis und Einfühlungsvermögen ist der sanfte Start der Bar bereits gelungen. Wir haben uns mit den beiden Machern über ihr Projekt unterhalten.

Die Ecke an der Glogauer Straße Ecke Reichenberger Straße hatte lange leer gestanden, etwa ein Jahr. Vor einigen Monaten hat dann auch noch die Bellman Bar, diametral gegenüber gelegen, geschlossen. Plötzlich sah es für die Anwohner zwischen Wrangelkiez und dem immer wieder beliebten “Kreuzkölln” mau aus in puncto Feierabendbier oder gar einem Drink ohne Schirmchen.

Seit dem Frühjahr allerdings werkelt ein altbekanntes Gesicht der Berliner – genauer gesagt;: der Friedrichshainer Barszene – hier herum und versprüht den vielversprechenden Duft der Hoffnung; Hoffnung auf die Wiederbelebung einer Kreuzung, die man nicht unterschätzen darf.

Kurze Kiezkunde zwischen Futschi und Filou

Um zunächst einmal aufzulösen: Jenes Gesicht gehört Lutz Rau, Geschäftsführer der Booze Bar, Mitteilhaber der Goldfisch Bar und nun auch Mitteilhaber von “Rau & Herzlich”, dem Ort, den man in den letzten Jahren als Vertikal Bar kannte; ein Ort, der durchaus das Potenzial zu polarisieren besaß.

Denn wie das in größeren Städten so ist, findet es da keiner gut, wenn ein englischsprachiger Mensch kiezige Ecken aufkauft, Gastronomie sowie Hostel hineinsetzt und es außerdem so gut wie ausschließlich mit englischsprachigem Personal besetzt. Kann man provinziell nennen oder rückschrittlich, aber vielen gefiel das nicht, und jeder hat das gute Recht, Orte, die nicht gefallen, auf der Bartour auszusparen.

Wer allerdings weiß, wie aufgeheizt Gentrifizierungsdebatten bisweilen verlaufen, weiß auch, dass es so einfach nicht ist und die Lage etwas anders aussieht: mit Graffitis, hasserfüllten Zetteln oder eingeschlagenen Fenstern. Letzteres traf auch die Vertikal Bar vermehrt, nachdem der Vermieter sich mit der alt etablierten Kiezbäckerei “Filou” angelegt hatte. Zwar hat diese letztlich gewonnen, Sympathiepunkte hat es dem Vermieter allerdings dennoch nicht gebracht. Da hat auch die ausgesprochen schöne, außerdem klimatisch nachhaltige, vertikale “Living Wall” des Hostels über der Bar nicht geholfen. Da gehen die Props außerdem ohnehin an den Architekten.

Auch die Schultheiss-Quelle ums Eck ist mittlerweile eine Cocktailbar. Und wo einst Mittwochs Futschi-Tag war, kann man sich vorstellen, wie viel Motivation für eine Cocktail-Bar herrscht. “Bereits an dem Tag, an dem die alten Möbel raus gestellt wurden, hingen die ersten Hasstiraden dran”, erzählt Timo Häberle, Geschäftsführer des “Rau & Herzlich”.

Rau & Herzlich Berlin Kreuzberg
Rau & Herzlich Berlin Kreuzberg

Die neue Bar in Kreuzberg soll ein solider Ort sein

Wer sich an das im Spätsommer geführte Interview mit Lutz Rau erinnert, weiß, dass ihm schon zu dieser Zeit der Sinn nach Küche gestanden hatte. Dass es allerdings so schnell gehen würde, war auch ihm nicht klar: “Das ist einfach passiert.” Der Vermieter hatte ihn selbst angesprochen: “Die wollten hier schon sehr konkret Berliner drin haben, die Gastroerfahrung und darüber hinaus Kiezverständnis haben.” Und diese Lernfähigkeit kann man ja durchaus auch einmal schätzen.

Lutz und Timo haben daher genaue Kiezforschung betrieben, ehe sie die Karte zusammengestellt haben. “Was wir hier anbieten, soll nicht arty-farty sein, sondern hierher passen. Wir wollen nicht durch die Decke gehen, aber den Leuten einen soliden Ort bieten, an dem sie gut essen und trinken können”, so Timo. Konkret sieht das so aus, dass die Karte aus einem Mix aus Barbecue sowie veganen Gerichten besteht, die saisonal wechseln werden.

Alle werden satt im Rau & Herzlich

“Gerade Paare, bei denen einer Fleisch isst und der andere vegan lebt, werden oftmals nicht satt”, erzählt Timo, und fügt hinzu: “Das weiß Lutz im Übrigen sehr gut.” Beste Voraussetzung für eine Karte aus Rinderrippe à la Sous-vide und Popcorn-Falafel. Letzteres besteht maßgeblich aus aufgepoppten Maiskörnern, Kichererbsen und Koriander: Der Tisch fürs nächste Mal sei hiermit bereits reserviert.

Schon vor dem “Rau & Herzlich” haben Timo und Lutz zusammengearbeitet, nämlich in der Booze Bar. Nach seinem Geographie-Studium und der Ausbildung zum Hotelfachmann im Regent trieb es Timo nach Friedrichshain: “Ja, und da war die Booze Bar eben die einzig vernünftige Bar. So haben wir uns kennengelernt.” Es scheint eine Einvernehmlichkeit einer vernünftigen Bar zu geben, auch diese Voraussetzung stimmt also.

Rau & Herzlich Berlin Kreuzberg

Rau & Herzlich


Berlin

Di - Fr 12 - 1 Uhr, Sa & So 17 - 1 Uhr

Offene Zeiten im Rau & Herzlich

In diesen Tagen befindet sich das Rau & Herzlich noch in der Testphase. Klammheimlich wurden da die Tore geöffnet, um das Team geschmeidig einzuspielen und zu sehen, was passiert, wie reagiert wird. Und ob überhaupt reagiert wird. Ob es bereits Rückmeldung der kritischen Nachbarschaft gab? “Die Leute, die hier sind” – und die komplette Terrasse ist besetzt, wie man hinzufügen sollte – “finden alle geil, dass hier mal wieder was passiert.”

Ganz danach sieht es auch aus, als Lutz den ein paar Jährchen älteren Berliner “Kiez-Lutz” mit Hund per Handschlag begrüßt und nach der Lage fragt. Und es wird einiges passieren in der kommenden Zeit, wenn auch gemächlich und flexibel: “Schließlich wissen wir noch gar nicht, auf was die Leute hier Lust haben, wir werden das einfach ausprobieren. Saisonal, flexibel, aber solide.” Offiziell geht es am 7. Juli los, zunächst geöffnet ab 18 Uhr bis “schaun wir mal”, in Bälde auch mit Frühstück am Wochenende.

Das Team mit ein paar vertrauten Namen

Auch in puncto Personal wird auf kleiner Flamme gestartet: Da ist natürlich Timo an der Bar, außerdem Kersten Wruck aus der Stairs Bar und Annika Leverenz, die nach ihrer Zeit in der Riva Bar nun einige Zeit im Ausland verbracht hat und “auch richtig Bock hat”, so Lutz. In der Küche stehen Roman Schönberger, ehedem aus dem Friedrichshainer Tante Biggi bekannt, und Robert Götze, ein alter Jugendfreund von Lutz. “Und natürlich meine Freundin Malva Wieghardt, die zuvor im Provocateur gearbeitet hat und mich nun im Restaurant sowie auch einfach bei dem ganzen Projekt unterstützt”, wie Timo hinzufügt. “Dafür bin ich ihr sehr dankbar.”

Im Kreis der Booze Boys

Man sieht, sie bleiben sich treu, die “Booze Boys”. Irgendwie bleibt alles im engen Kreis, und genau das passt auch an einen Ort, der Wert legt auf die eigenen Kreise. “Wir wollen hier nicht durchdrehen, sondern dem Kiez mit Herzlichkeit und Wohlwollen begegnen”, so Lutz. Darum wurde sich in der Nachbarschaft auch brav vorgestellt, wie man das eben so macht. Ab nun können sich allesamt überraschen lassen, was passiert, bis auf Eröffnung und einem Bacardi Brunch zur Bacardi Lecagy im August ist im Rau & Herzlich einmal nichts geplant. Außer eben dem Ankommen.

“Ich habe es ja jetzt bestimmt schon tausend Mal gesagt, aber es gilt auch hier – zu viel zerreißt einfach den Sack”, ergänzt Lutz Rau. Hat er noch nicht, aber ab spätestens jetzt haben wir es schwarz auf weiß.

Credits

Foto: ©Caroline Adam

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