Rauchzeichen: Nach der Katastrophe
Was tun nach einem Brand in der Bar? An Silvester ist das Sodom & Gomorra in Berlin-Mitte in Flammen aufgegangen, an Ostern hat es die Booze Bar in Friedrichshain erwischt.Danach beginnt der Kampf mit den Versicherungen, das Team muss zusammengehalten werden, aber es ist auch eine Chance für Korrekturen und Veränderungen.
Es brennt. Die Mafia nicht bezahlt, warmer Abriss. Das ist dann immer der Unfug den man hört, wenn ein Geschäft, also eine Bar, abgebrannt ist von Menschen, die für ihre Leidenschaft, für ihren Beruf brennen. Barbetreiber, die sich bei Freunden und Familie, manchmal auch bei Gaunern, also Banken, das Geld geliehen haben, um ihren Traum zu verwirklichen. Die jede Nacht in ihrer Bar stehen, um diesem Risiko Leben einzuhauchen. Dann passiert es: Das Telefon klingelt, die Polizei steht vor der Bar, die Feuerwehr ist vor Ort, aber machtlos.
Sodom & Gomorra
„Es war vor Silvester, wir hatten 300 gebuchte internationale und Berliner Gäste. Ich liege in der Badewanne, da kam der Anruf – Feuer“, erzählt Cem Erzincan. Er ist der Betreiber des Sodom & Gomorra in Berlin-Mitte. Alle Interieurs hat er persönlich ausgesucht und mühsam zusammengetragen. Ist an seine Grenzen gegangen, der Laden läuft. Und dann muss man sich Sprüche anhören, Verdächtigungen, man habe ja wohl schnell Geld machen wollen. „Ich wollte mich entspannen vor den anstrengenden Stunden, dann sehe ich auf mein Handy und habe 60 Anrufe. Mein Laden brennt, Sodom und Gomorra.“ Doch wie geht es weiter? Nachdem die Gutachter ermittelt haben, dass es ein technischer Defekt ist, keinerlei Schuld beim Betreiber zu suchen ist, beginnt das Gerangel mit den Versicherungen. Erzincan wird philosophisch und zitiert Friedrich Nietzsche: „Jede Art der Konfrontation ist ein Kriegszustand.“ Erzincan erzählt, dass er die ersten Tage und Wochen nach dem Brand wie gelähmt war und tatsächlich ans Aufhören gedacht hat. „Meine Tochter hat mich motiviert, weiterzumachen.“
Da er Mieter der Bar ist hat die Gebäudeversicherung des Hauseigentümers schließlich den Schaden übernommen. „Du musst bei allen Gesprächen mitschreiben, einen Zeugen dabei haben“, empfiehlt er. Danach solle man sofort alles dem Anwalt übergeben. Währenddessen hat er sich ein wenig mit Events in anderen Örtlichkeiten über Wasser gehalten. Als dann klar war, dass die Versicherung den Schaden reguliert, ging alles ganz schnell. „Innerhalb von sechs Wochen haben wir den Laden wieder aufgebaut“, staunt er noch selbst. Er hat nun mit Ferhat Akbiyik einen neuen Barmanager gefunden, ein wenig am Konzept gefeilt und seit Mitte Juni wird im Sodom & Gomorra wieder gewohnt und getrunken. „Das waren harte sechs Monate, das wünscht man seinem ärgsten Feind nicht“, sagt er. Erzincan ist die Erleichterung anzumerken, dass es jetzt wieder weiter gehen kann.
Booze Bar
Auch Lutz Rau hatte ein böses Erwachen am Ostermontag. Er wird von der Polizei aus dem Bett geklingelt. Es brennt, seinen Laden darf er aber nicht betreten. Die Bar wird versiegelt und die Brandursache ermittelt. „Die ersten zwei Monate waren furchtbar, da musst Du erst mal runterkommen“, erinnert er sich. Auch hier ist es die Versicherung der Hausverwaltung, die den Schaden tragen muss. Rau berichtet, was dann alles folgt. „Es war zwar nur ein Schwelbrand, aber dadurch wurden Gifte freigesetzt. Alles muss dekontaminiert werden. Decke, Fenster, Boden. Die Möbel werden in einer Ozonkammer speziell gereinigt, da werden dann die Giftmoleküle aufgebrochen.“ Und die Ware? „Wir haben auch eine Inhaltsversicherung. Die Gespräche waren sehr schwierig. Eigentlich gibt es uns nur noch, weil wir zum Glück Rücklagen gebildet haben“, sagt Rau. Gerade waren sie auf der Suche nach einem zweiten Laden, dann kam der Brand. Auch Rau und sein Team haben sich ein wenig mit Partys über Wasser gehalten. „Wirklich was verdienen tust Du da nicht, aber ich wollte nicht vergessen werden, das ist eher ein viraler Faktor.“ Er hat es über Kurzarbeitergeld beim Arbeitsamt versucht, aber erfolglos.
Plötzlich kam sie dann doch, die zweite Bar. „Uns wurde angeboten die Saphire Martini Lounge im Prenzlauer Berg zu bespielen. Der Bezirk ist ja nicht ganz so unser Ding, aber jetzt machen wir das erst mal bis September, dann sehen wir weiter.“ Intern heißt die Bar Dackel. Unterstützung von Seiten der Industrie hat er nur spärlich erhalten. Hervorgetan hat sich Diageo, „die haben wirklich geholfen und einen Großteil der Miete vom Dackel übernommen“, so Rau. Er rät auch noch dazu die Betriebsunterbrechungsversicherung stets der wirtschaftlichen Entwicklung anzupassen.
Und die Zukunft? Im Moment wird kräftig gewerkelt und ein paar Veränderungen stehen auch an. „Wir werden zuerst öffnen mit dem Außenbereich und der Bar im vorderen Raum. Bis September kommt dann die Lounge hinzu. Die bauen wir komplett auf die andere Seite, damit die Gäste einen besseren Blick haben. Auch bei den Arbeitsstationen an der Bar wird es Veränderungen geben“, verrät Rau. Wahrscheinlich kommt auch der Kicker wieder „die Gäste stehen drauf“. Nervlich sei er an der Belastungsgrenze „aber danach bin ich wahrscheinlich der Fels in der Brandung“. Womit er das Beste aus dem Brand gemacht hätte.
Credits
Foto: Booze Bar