Riegele Magnus15: kann immer Herbst sein?
Aus dem Fass kommt was Schwarzes: das Magnus15 aus dem Brauhaus Riegele hat die Redaktion verzückt. Ein Bier, das keinen Durst löscht. Aber perfekt für den Herbst ist. Wir haben uns den hochprozentig-malzigen Gaumenschmeichler angesehen und kommen zu dem Schluss: eins der besten Biere dieses Jahres. Wenn auch nicht für Jedermann.
Eine einzige, kleine Flasche erregte vor einigen Tagen großes Aufsehen in der MIXOLOGY-Redaktion: anzusehen eher wie ein Wein-Piccolo oder eine Karaffe mit gutem Aceto Balsamico. Doch weit gefehlt, denn das gute Stück kam von alten Bekannten – aus der Augsburger Biermanufaktur Riegele. Der Inhalt: das neue Riegele Jahrgangsbier Magnus15, das erste im Holzfass gereifte Starkbier aus dem Traditionshaus unter der Leitung von Sebastian Priller-Riegele. Passend zum Herbst also ein volles Barrique-Bier für sturmumtoste Abende. Her damit also.
Am Tisch bei Freunden
Es wäre nun falsch zu verschweigen, dass es in der Redaktion den einen oder anderen ausgemachten Riegele-Fan gibt. Das Haus hat sich in den letzten Jahren wie nur wenige deutsche Traditionsbrauer auf dem Feld der Innovation hervorgetan, kooperiert mittlerweile mit dem US-Craft-Schwergewicht Sierra Nevada und pflegt – scheinbar ganz nebenbei – auch noch eine Unternehmenspolitik, die in hohem Maße Wert auf Nachhaltigkeit und Umweltschutz legt. Zahlreiche internationale Preise für die Biere aus Augsburg untermauern den hohen Anspruch und die handwerkliche Präzision, mit der bei Riegele zu Werke gegangen wird. Und von einem neuen Geniestreich wollen wir heute berichten – eben vom Magnus15. Kein Bier für die Bar. Auch keines für die laute, feuchtfröhliche Party. Aber eines, über das gesprochen werden muss.
Die Geduld in Augsburg
Lange hat man laut Brauerei mit Fässern und Hölzern experimentiert, bis man sich entschieden hat, das erste Bier im Barrique auszubauen. Es zeichnet die Arbeit bei Riegele seit jeher aus, Brautrends zwar aufzunehmen, aber keinesfalls vorschnell neue Stilistiken zu bedienen. Es ist das dezidierte Anliegen von Leiter Priller-Riegele, erst dann den Kessel anzuwerfen, wenn die Vorarbeit zufriedenstellend war.
Das Magnus15 basiert auf einer Zusammenstellung verschiedener Röstmalze und ruhte nach dem Brauprozess in kleinen, 50 Liter fassenden Ex-Bourbonfässern. Man darf also von dem sehr starken Bier (13% Vol.) neben den typischen Noten eines dunklen Doppelbocks vor allem kraftvolles Tannin und eine präsente Vanilletöne erwarten.
Das Riegele Magnus15 – ein Brett!
Ins Glas kommt das Bier mit einer – fast zur oben beschriebenen Beschaffenheit der Flasche passenden – viskosen Bindung, die gemeinsam mit der Farbe an einen alten, gereiften Essig erinnert. An der Glaswand bleibt eine konsistente Schicht zurück, das Bier entwickelt praktisch keinen Schaum, perlt aber dennoch sehr fein und dezent.
In der Nase offenbaren sich zuallererst genau jene erwarteten, kraftvollen Anklänge von Eiche, Vanille und ein wenig Rauch, den das Malz gemeinsam mit dem Toasting des Fasses hervorbringen dürfte. Dazu kommen dunkles Karamell, geflämmter Zimt, eine deutliche Nuance frisch gebrannter Mandeln sowie etwas Malzkaffee und Trockenpflaume mit leicht schwefeligen Spuren – eine unheimlich komplexe Aromatik!
Diese enttäuscht auch beim Antrunk nicht: Das Tannin macht sich sofort bemerkbar, daneben zeigt sich vor allem eine starke Komponente von Salmiak mit Nelke, Veilchen und Piment, später etwas Bitterschokolade. Insgesamt überrascht das Magnus15 im Mund durch seine angenehme Trockenheit, sogar durch ein ganz leicht Säuerlichkeit, die der dichten Vielschichtigkeit zusammen mit der zarten Perlage eine passende Leichfüßigkeit gegenüberstellt. Dabei bleibt das Bier dennoch durchgehend ein kapitaler „Brecher“, ein aromatisches Brett, ein „Sipping Bier“ für bewussten, ruhigen Genuss. Der enorm hohe Alkoholgehalt ist harmonisch ins Bier eingebunden, am Gaumen breitet sich eine dichte Cremigkeit aus, die neben den Gerbstoffen aus dem Eichenfass auch einer fast herzhaften, leichten Note von reifen, trocken eingelegten schwarzen Oliven Raum gibt. Grandios!
Der Gegenentwurf von Durst-Bier
Wie oben erwähnt: wir haben es hier definitiv mit dem Gegenteil eines „Kühlen Blonden“ zu tun, mit der Negation eines Durst-Bieres, sondern eher mit einer Verkörperung von Bier als eigenständigem Genussmittel. Für die Bar mag das Magnus15 nicht wirklich interessant sein. Aber für jeden Liebhaber kraftvoller Single Malts und herber, klassischer Cocktails tun sich hier ungeahnte Welten auf. Begleiten sollte man solch ein Bier am besten mit: Nichts. Außer durch ein Glas Wasser, denn das tut Not. Wer auf ein Foodpairing nicht verzichten mag, der könnte zu einem alten Blauschimmelkäse, vielleicht einem charaktervollen Stilton greifen, um dem Sud einen ebenbürtigen Sparringspartner vorzusetzen. Eine unbedingte Probierempfehlung! Soviel Handwerkskunst hat natürlich nicht nur ihren Preis, sondern auch ihre Grenzen: das Magnus15 ist limitiert auf exakt 1001 Flaschen, aufgeteilt in solche mit 0,33 und 0,75-Litern.
Den jeweiligen Preis von 19,90 bzw. 49 Euro mag man zunächst als schmerzhaft empfinden – aber schon an der „günstigen“ 0,33-Variante können zwei Personen einen ganze Zeit lang ihre Freude haben. Nicht nur an dem Bier selbst, sondern ebenso daran, dass derartige Biere zeigen, dass Innovationen nicht immer als hopfengestopftes Ale oder den Zusatz „Imperial“ um die Ecke kommen müssen – erst Recht, da hier eben kein Junger Wilder am Werk war, sondern eine gesetzte Privatbrauerei aus Augsburg. Diese Brauerei hat uns das besondere Bier für diesen Herbst beschert, vielleicht das Bier des Jahres. Und das schreibt jemand, der dunklen Starkbieren sonst wirklich nicht viel abgewinnen kann. Cheers!