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Jazz, Drinks und Razzia – Robert Potthoff

Am Düsseldorfer „Kiez“, zwischen Stripclubs und Wettbüros liegt die Off-Location „Ellington“, das von Robert Potthoff seit fünf Jahren geleitet wird. Mit MIXOLOGY ONLINE sprach er über das Geschichten erzählen, Düsseldorfer Institutionen und den geheimnisvollen Zauber der Nacht.
„Für nichts. Kann doch nicht wahr sein. Bestes Leder! Gestern war Weihnachten und Ostern zusammen. So wie die uns manchmal den Laden hier zurichten, perfekt.“, lächelt Robert Potthoff zugänglich und weist zu Anfang des Gespräches auf die frisch erworbene Sitzgarnitur hin, bestehend aus sechs Ledersesseln, die aus dem Keller der Nachbarn geräumt wurden.
Markante Details wie solche findet man in der Ellington Bar oft, die manchmal vom Flohmarkt sind, den er beruflich als auch privat gerne besucht. Egal, ob alte Shaker, massive Aschenbecher oder einen Wasabinuss-Automat, der in der Mitte des Einganges thront, Hauptsache, der alltägliche Nutzenfaktor in seiner Bar kommt nicht zu kurz.

Palmen und Blaulicht

Diese liegt direkt am palmenverzierten Stresemann-Platz in Düsseldorf und wird von ihm seit fünf Jahren geleitet, nachdem er die Bar von Anne Thoms erworben hat. In seinen 25 Jahren als Bartender hat er in vielen gastronomischen Institutionen aus Düsseldorf gearbeitet, wie z.B. dem Ratinger Hof, dem Malkasten, der Kultkneipe Opp de Eck und zuletzt in der modernen In-Location Monkey´s West am Graf-Adolf-Platz. Seine Ellington Bar bezeichnet er aber selbst als Off-Location, da man sich fernab der klassischen Düsseldorfer Ausgehviertel Altstadt, Flingern oder dem Medienhafen befindet, wo die Pachten seiner Meinung nach absurd sind.
„Es ist zwar kein echter Kiez, aber hier gibt es ein paar Strip-Bars und Prostituierte, das hat einen gewissen untypischen Düsseldorf Charme, der den Leuten gefällt. Das Tollste war gestern: Sebatian Gaaler hat bei uns hochfeinen Jazz gespielt, gegenüber war ´ne Razzia mit Blaulicht und unsere Gäste saßen am Tresen und hatten gute Drinks. Großartig, so etwas wird weiter getragen“, lacht Robert und erklärt, dass das für die Leute eine Art Nervenkitzel ist. „Ähnlich verhält es sich in der Bar Olio, wo man hervorragend essen kann. Ich habe das Gefühl, dass die Leute in solchen Location besser abschalten können.“
Wahrheitsdroge die Geschichten erzählt
In seiner Bar hat der gebürtige Bielefelder, der seit 30 Jahren in Düsseldorf lebt, das Barkonzept seit seiner Übernahme sukzessive geändert, wie z.B. die Öffnungszeiten, die Qualität der Drinks verbessert, vernünftiges Eis etabliert und somit das fachliche Niveau in die Bar einfließen lassen. Nach diesen Vorbereitungen, so schildert er, hat er dann einfach angefangen sich hinter den Tresen zu stellen und zu mixen, ohne große Öffnungsfeier, da man dabei seiner Meinung nach nur verlieren kann: „Punkt eins ist, dass der Laden nach einer Open-Bar-Eröffnung aussieht wie eine Wüste. Haben die Leute kein Limit, dann machen die dir den Laden leer. Punkt zwei ist ebenfalls nicht unerheblich, da man sich Leute verprellt, wenn man die Eröffnung nur einem auserwählten Kreis zugänglich macht.“
An den Bartresen ist er über einen Studentenjob während seines Innenarchitekturstudiums an der Fachhochschule Düsseldorf gekommen. Sowohl das Studium als auch der Beruf als Bartender haben ihn seiner Meinung nach positiv geprägt. „Man ist zur Kommunikation verpflichtet. Das sorgt für Flexibilität und Demut. Es ist eine große Schule des Lebens, in der man Bescheidenheit, Flexibilität, Demut und Verzicht lernt. Werte die den Beruf so toll machen.“ Wenn sich jemand selbst Mixologist oder seine Bar als Labor bezeichnet, dann findet er das eher albern. Seiner Meinung nach wollen die Leute gute Drinks und, dass man ihnen einen angenehmen Abend bereitet. „Ich will nach Hause kommen und wissen, dass die Leute mit einem seligen Lächeln einschlafen können und eine Geschichte erlebt haben. Menschen erzählen Geschichten. Geschichten, die mich faszinieren.“
Diese Erzählungen werden seiner Meinung nach durch den geheimnisvollen Zauber der Nacht und einem Ort wie einer Bar verstärkt. Was in der Nacht vollkommen bedeutungsvoll wirkt, verpufft dann aber leider am Tag aufgrund der ganzen Masken und Filter die man am Tag hochzieht. Und genau diese weichen durch die Wahrheitsdroge Alkohol in der Nacht der Direktheit, da man ehrlicher, authentischer und unmittelbarer ist. Das ist für ihn das Schöne und Faszinierende daran.
Die Einfachheit der Contessa
Seine eigene Wahrheitsdroge nimmt er am liebsten in Form eines Manhattan zu sich, aber nur wenn er weiß, dass die jeweilige Bar diesen auch beherrscht. Ansonsten vertritt er die Meinung, dass die Nacht dazu da ist, um Whisky zu trinken. Am liebsten unabhängige Malts wie Longrow oder Glenfarclas. Auf Drinks mit viel Dekoration und Obst, serviert in einem sündhaft teuren Kristallglas legt er keinen Wert. Einfache Rezepturen und Variationen wie z.B. der Contessa Negroni sind für ihn gute Drinks, da sie der Gast zu Hause einfach nachkreieren kann.
Diese Schlichtheit bevorzugt er auch bei Bars die sich formal zurück nehmen und perfekte Drinks servieren, wie z.B. dem Windhorst in Berlin, das er gerne mag. „Massives Nussbaumbrett, fein bearbeitet. Perfekte Details. Da kommt natürlich das Studium durch, aber meiner Meinung nach liegt im Detail einfach der Meister und macht diese Bar so schön. Das ist genau die Bar, mit  der Lage und in der Stadt in der ich gerne sein möchte.“
Ruhe und Schönheit
Dabei fühlt er sich in Düsseldorf sehr wohl, da für ihn zuhause da ist, wo man seine Familie, Freunde und sein Umfeld hat. „Ich muss kein Geld oder Reichtum haben, ich muss es schön und ruhig haben. Ich muss aus dem Fenster schauen und es Grün haben. Das finde ich sexy. Ich weiß, ich lande irgendwann draußen in so ´ner Butze. Tür zu, Ruhe!“ Und für die muss er ebenfalls nicht zahlen.

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