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Robertos Bar

Roberto’s, Wiener Aperitif-Kultur

Das erste Halbjahr 2014 beschert Österreichs Barflies Neueröffnungen en masse. Während Gerhard Kozbach-Tsai im März loslegt und im Juni die Whisky-Lounge im Park Hyatt-Hotel „Am Hof“ öffnen, ist Roberto Pavlovic-Hariwijadis neue American Bar bereits im Betrieb. Und wie sie das ist.

Es ist ein trüb-kalter Mittwoch, 16.30 Uhr, und das „Roberto’s“ bereits fast voll. Parallel begrüßt Namensgeber Roberto neugierige Stammgäste seiner alten Wirkungsstätte „Loos Bar“, bestellt Rosen als Tischschmuck – „nur die Weißen, langstielig!“ -, zeichnet Auftragsformulare beim Mann von der Kreditkartenfirma ab und bittet seine Schwiegereltern, den Sohn aus dem Kindergarten zu holen.

Licht und Halbdunkel

Denn der Aufbruch in die Selbständigkeit erfolgte blitzartig: „Ohne die Hilfe von Freunden wäre es nicht möglich gewesen.“ Soeben wurden die Cocktail-Untersetzer geliefert, im geschwungenen schwarz-weißen Corporate Design. Den Hingucker schlechthin in der intim wirkenden Bar entwickelte ein Pavlovic-Freund, der weltbekannte Experte für Retro-Leuchten Wolfgang Karolinsky (auch Bruce Willis und Samuel L. Jackson parlierten schon im Schein seiner Lampe). Nach einer Idee von Alexandra Pavlovic-Hariwijadi wurde dazu in den WOKA-Werkstätten ein Luster quasi dekonstruiert; die runde Lichtquelle selbst wurde vom Lampenschirm, der aus unzähligen Strängen von Süßwasserperlen besteht, getrennt.
Das zweite Highlight in der ansonsten im eleganten Halbdunkel der Adolf Loos-Lampen und der schwarzen Holzmöbel Roland Widis gehaltenen Bar, setzt die „Belle Epoque“. Die eingruppige Espressomaschine von Elektra ähnelt einer silberverkleideten Zapfsäule und liefert unter anderem die Basis für den „Espresso Martini“, eine vor allem zu später Stunde willkommene Kraftquelle aus Ristretto, Kahlua und Vodka. Pavlovic-Hariwijadi verwendet dafür den selten gesehenen russischen „Green Mark“, dessen Viskosität die Cremigkeit des Drinks unterstreicht. Später wurde es öfter in den ersten Tagen, „wenig Schlaf“, lacht Roberto, wenn er eine Frage nicht gleich versteht. Denn Ruhetag gibt es am Bauernmarkt 11-13 keinen: „Ich will ja auch nicht, dass mein Lieblingsrestaurant gerade dann zu hat, wenn ich Lust habe essen zu gehen“.

Der Sommer kommt mit Aperitifs

Sollte einmal etwas Luft sein, will er auch am Musikkonzept feilen, momentan beschallt u. a. Edith Piaf die Bar. „Aber ich bin schon froh, dass ich die Bose-Anlage in Gang bekomme“, so Technik-Laie Pavlovic. Für die Sommersaison liegen 16 bewilligte Freiplätze am Bürgersteig vor, womit sich das Platzangebot auf knapp 50 erhöht. Denn die Außensituation mit der dominanten Markise soll sich noch ändern, hier hat man die Optik des Vorgängerlokals „Doma“ übernommen. Mittlerweile umschwirren ihn die drei Mitarbeiter Martin Bauer, Robin Peller und Sebastian Kelemer, der die Welt gerne wissen lässt, dass er Single ist. „Diese Hobbits haben keinen Respekt vor dem Alter“, scherzt Pavlovic, während Gattin Alexandra – geheiratet wurde vor drei Wochen – die Kleinigkeiten für den Aperitivo vorbereitet. Neben Mozzarella-Tomate und einem reifen Comté auch Pršut aus Kroatien, einem Urlaubsmitbringsel, dessen Salzigkeit ihn von fetteren Rohschinken unterscheidet.

Mit dem in Österreich bis dato eher vernachlässigten Aperitif beginnt im „Roberto‘s“ jene Hälfte des Tages, „in der noch alles passieren könnte“. Von 16 bis 18 Uhr dominieren Aperol Spritz, Lillet Tonic, Bellini und Rossini die Tische. Wird ein Tee serviert, ist das die Ausnahme, auch wenn es ihn als Edelvariante des Tee mit Rum mit Ron Zacapa 23auf der Karte gibt. Vor allem bei den Gastrokollegen kommt das mediterrane Angebot zwischen Mittags- und Abendgeschäft offenbar gut an. Der bekannteste kroatische „Fischwirt“ sitzt an einem Tisch, etwas weiter springt gerade die zweite Generation der Veggie-Pioniersfamilie Wrenkh auf. Der junge Koch holt vom Restaurant gegenüber schnell frisches Ei für einen „Gin Fizz“, der gerade geordert wurde.

Drinks und kein Mixologe

Den „Bobes Special“, Pavlovic‘ Signature Drink aus Plymouth Gin, Peach Tree, Limettensaft und Ananas, gibt es wie andere Hauscocktails auch als Shot (4 Euro). Ansonsten bilden die Schwerpunkte der nach Basis-Spirituosen sortierten, 120 Positionen starken Barkarte „jene Getränke, die ich selbst gerne mag: Old Fashioneds und Champagner“. Nachsatz: „Wer weiß, wie das in ein paar Jahren ausschaut.“ Den Whiskey-Cocktail jedenfalls gibt es mit sieben verschiedenen Bourbons sowie in zwei Rum-Varianten.
Champagner kommt entweder glasweise (8 Euro) von Perrier-Jouët oder als einer von acht Cocktails auf den Tisch. Neben dem „Prince of Wales“ oder dem „Pimm’s Royal“ (12 Euro) stehen aber noch 13 Marken flaschenweise zur Verfügung. Will ein Gast seinen Rosé-Champagner unsinniger Weise noch kälter serviert, erfüllt Pavlovic auch diesen Wunsch. Getreu seinem Credo: „Ich bin kein Mixologe, für mich sind die Drinks nur 50%, der Rest ist der Service am Gast“. Und über den kann man sich wahrlich nicht beklagen.

Credits

Foto: Philip Martin Rusch

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