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ShakeNight Cocktail Workshop | Mixology — Magazin für Barkultur

ShakeNight: Ein Workshop für alle, die was erleben wollen

ShakeNights verwandelt Gäste für eine Nacht zu Bartendern. Schöne Sache oder schnöde Bespaßung? MIXOLOGY-Redakteur Maruan Paschen war beim Mai-Tai-Workshop in der Bar Truffle Pig vor Ort und hat bei einem der Cocktailworkshops *hust* mitgemischt.

„Hallo, ich hätte gerne einen Cocktail.“

„Was bestimmtes?“

„Ja, was gibt’s denn?“

ShakeNight Cocktail Workshop | Mixology — Magazin für Barkultur
Sven Lukas, Betreiber der ausgefeilten Speakeasy-Bar Truffle Pig im Neuköllner Norden.

Workshop für den mündigen Gast: Bei ShakeNight werden Geschmäcker erkundet

Die ShakeNight bietet Cocktail-Workshops für den Endverbraucher, den trinkenden Gast. Nicht für Bartender, nichtmal für Hobby-Bartender. Denn hier lernt man zwar, vor allem handelt es sich bei den den ShakeNights aber um Abendveranstaltungen. Die Auskopplung der bekannten ArtNights möchte keine Fortbildung im eigentlichen Sinne sein, erklärt Wolfgang Mauer, Gründer und Kopf der ShakeNights, sondern eher eine Alternative zu Netflix oder Hipster-Minigolf.

Den Gast zu „erziehen“, erläutert Mauer, sei nur wie eine positive Nebenwirkung. Was sich anhört wie eine paternale Bevormundung, ist in Wirklichkeit eine Möglichkeit, den Gast  zur Mündigkeit zu erziehen. Während ein kurzes Gespräch vor der Bestellung, in letzter Sekunde quasi, dem Gast im besten Fall ein wenig Werkzeug in die Hand gibt, seine Wünsche zu äußern, („ja was gibt’s denn? Ich mag eigentlich alles.“), schafft der Workshop gleich einen ganzen Werkzeugkasten.

Die ShakeNights passieren immer an verschiedenen Orten, immer in guten Bars, mit unterschiedlichen Bartendern und für unterschiedliche Cocktails. Immer ein Drink pro Kurs steht im Mittelpunkt, vor allem Klassiker wie Espresso Martini, Whiskey Sour oder Old Fashioned gibt es hier.

ShakeNight Cocktail Workshop | Mixology — Magazin für Barkultur
Wolfgang Mauer, Gründer und Kopf der ShakeNights.

Jetzt ist es im Grunde egal, was auf der Karte steht, es können Aromen sein, die Hauptspirituose oder die Geschichte eines Cocktails. Bestellvorgänge wie der oben beschriebene passieren jedem Bartender immer wieder, und sie sind etwa so ergebnisorientiert wie Gespräche über den Nahostkonflikt.

Und wenn der Gast nicht hinschaut, dann rollt der Bartender die Augen, und wenn der Gast seinen Drink bekommt, hätte er gerne mehr Flüssigkeit im Glas – und am Ende ist niemand so ganz zufrieden. Warum eigentlich? Aber von vorn:

Zwischen Mai Tai und My Tai liegt bei den Gästen das Erwachen der Geschmackssinne.

Im Truffle Pig geht es heute um den Mai Tai. Sven Lukas, Betreiber der ausgefeilten Speakeasy-Bar im Neuköllner Norden, trägt ein Hawaii-Hemd. Auf dem hufeisenförmigen Tresen stehen Shaker, Strainer, ein Tiki-Totenkopf-Becher und Minze in achtfacher Ausführung. Und zwar auf der Seite, auf der eigentlich der Gast sitzt.

Die Gäste sind heute auch Bartender, es sind 16 an der Zahl, und mit großen Augen schauen sie auf den Hawaii-Hemd tragenden Sven, der sicher und ruhig durch den Abend führen wird. Erst gibt es eine kurze Erklärung zum Hemd, dann zu Victor „Trader Vic“ Bergerons Geschichte und der Erfindung des Mai Tai. Die Tiki-Lektion hält der souveräne Bartender so spannend, dass die Besucher darüber fast vergessen, an ihrem Begrüßungscocktail zu nippen, ein gefälliger Drink (im besten Sinne), mit Farbverlauf und Dekoration, wie man es eben so von Instagram kennt. Und gerade noch nicht zu süß.

Dann mixen die Gäste ihren ersten Mai Tai nach Anleitung und klassischem Rezept. Es gibt unterschiedliche Meinungen, allerdings noch sehr bipolar. „Schmeckt“ und „Schmeckt nicht“, das sind die Entscheidungen der werdenden Experten. Wie in einer römischen Arena gehen die Daumen rauf oder runter.

ShakeNight Cocktail Workshop | Mixology — Magazin für Barkultur
Die ShakeNights passieren immer an verschiedenen Orten, immer in guten Bars.

Ein Workshop zum Schwanken

Der zweite Cocktail hat einen Twist. Ein Teil des Rums wird durch einen Laphroaig 10 ausgetauscht. Und plötzlich verzweigen sich die Meinungen. Sven Lukas geht einmal durch die Runde, und mit nur wenigen Worten öffnen sich die neu erworbenen Werkzeugkästen der „erzogenen“ Gäste.

„Ich mag es, wenn es so trocken im Hals ist“, oder „Das, was da so nach einem Fass geschmeckt hat, das fand ich gut.“ Plötzlich können die Gourmet-Neulinge gar nicht mehr aufhören, sich über Drinks zu unterhalten und aufgeregt Nuancen zu verbalisieren. Sven Lukas geht von Station zu Station und empfiehlt und tauscht aus und fügt hinzu und verändert. So dass schließlich alle ihren persönlichen dritten Cocktail im Shaker haben, der eine mit etwas Wermut, die andere mit einem Schluck Sherry.

Alle beenden den Abend sehr glücklich. Und durchaus mit einem im Tee, wie einer der Gäste es beim Zur-Toilette-Schwanken ausdrückt. Danach bleiben viele noch in der Bar, bestellen sich durch die Karte und diskutieren. Und nie wieder werden diese Gäste fragen: „Ja, was gibt’s denn?“

Credits

Foto: ShakeNights

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