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Shiki: Japan-Martini von der Süßkartoffel

Der Dirigent Joji Hattori verwirrt mit seinem teuren japanischen Lokal hinter der Oper gerade die Wiener. Beim Stopp in der Bar wird das Konzept klarer. Der Slowake Robert Baca bringt einen Hauch Fernost in die Shaker, auch wenn keine Eiswürfel von Hand geschnitzt werden.

Das „Tenmaya“ ist nicht wiederzuerkennen. Dem Japaner in der Krugerstraße mit seinem Tatami-Raum (Schuhe aus, Knien beim Essen) verpassten die Architekten des Teams BEHF Wände aus Bronze-Geflecht. Im Fine Dining-Bereich wachsen daraus sogar Grünpflanzen. Das „Shiki“ mit der vertikalen Grünfläche bescherte der Hauptstadt Joji Hattori, ein Geiger und Dirigent. Musik und Geldausgeben liebt man im Ersten Bezirk eigentlich. Doch irgendwie fremdeln die Gastrokritiker mit dem Konzept.

Denn Hattori-san hat kein Sushi-Restaurant eröffnet, auch wenn es die Fischröllchen hier gibt. Die Schublade „Fusion“ schlug er den Testessern aber auch zu. „Japanische Küche mit europäischen Einflüssen“, definiert Hattori sein Konzept, das war vielen zu sperrig. Wagt hier jemand, abseits der vorbereiteten Schablonen zu denken? Und, noch wichtiger: Darf er das?

Shikis Chic: Keine Showeffekte

In der Bar des „Shiki“, das für Japaner entweder „Vier Jahreszeiten“ oder „Dirigieren“ bedeutet, stellt Hattori – Authentizitätsfanatikern zum Trotz – auf den Tisch, was ihm schmeckt: Fett-salzigen Jamon Iberico de Bellota. Als Barsnack ist das ein sicherer Gewinner, vor allem in der 70 Gramm-Portion (16 Euro), die die Brasserie ab 18 Uhr ebenso serviert wie Tonkatsu, die japanische Variante des Sandwichs. Nun, mit einem „Floraison de Shiki“ (der französische Trauben-Gin wird mit Salbei kombiniert) in der Hand macht das durchaus Sinn.

Allerdings sind Erwartungen dem Mann, der mit seinen CD-Aufnahmen die Toiletten des Restaurants beschallt, egal. „Viele wollten wohl das Exotik-Erlebnis“, schüttelt Hattori die Mähne, „Frauen im Kimono werden sie bei uns nicht finden“. In der Bar hat dieser Zugang eine gute Seite. Damit ist nicht gemeint, dass der Musiker irgendwann aufgab, der Behörde zu erklären, dass ein japanischer Bartender eine „Schlüsselarbeitskraft“ sein kann (die Regularien verstehen darunter eher Anwärter auf Nobelpreise).

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Außenbereich Shiki Fine Dining Brasserie

 

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In der Sicht Hattoris geht es bei den Spirituosen aus Fernost nicht um den plakativen Einsatz, sondern um einen Mehrwert. Schließlich liegen wir 2015 bei bisher drei Bar-Neueröffnungen in der Austro-Hauptstadt; die neue Vitalität erhöht aber auch den Druck, sich zu differenzieren.

Sake und Slowake: Der Bar-Samurai

Auftritt: Robert Baca. „Shochu hat nur 25% Alkohol, ein Martini damit ist der perfekte Aperitif“, schwärmt der Barchef von seinem flüssigen Tool. Tatsächlich zeigt der Drink mit dem französischen Wermut La Quintinye viel Kraft, ohne sie über den Alkohol zu entwickeln. Das erdige Aroma der Süßkartoffel-Spirituose wird so zu einer Leinwand, auf der die Zitronenzeste die frischen Striche setzt, während Perlzwiebeln die fruchtigen Kringel dazu malen. Wie aber wird ein Slowake zum Samurai?

„Jede Barkultur hat ihr gewisses Etwas, aber Japan war für mich immer ein mythisches Land“, erzählt Baca von seiner Sehnsucht nach dem Fernen Osten. Näher als London ist er Japan zwar nie gekommen. Dort hat er sich die Technik angesehen und zog mit Nikka-Botschafter Stanislav Vadrna, ebenfalls Slowake, um die Häuser. „Stan“, der das Analog Bartending Institute betreibt, hat ihn zu einem Verfechter des Konzepts Ichi-go Ichi-e (etwa: „Hier und jetzt“) gemacht. „Wir haben nur diesen einen Moment zwischen Gast und Bartender, den es perfekt zu gestalten gilt“.

Klassiker, ins Japanische übersetzt

Der 30-Jährige begann im Journalismus, landete aber während des Studiums in Žilina hinterm Tresen. Die Cocktail-Bar Mane stellte dann die Weichen – weg von der Uni, wo er „Diplomatie und internationale Beziehungen“ belegt hatte. Zweieinhalb Jahre blieb Baca der Bar im Norden der Slowakei treu, ehe Stationen in Prag und Bratislava (Barchef im L’Appetit) folgten. Auch Jerry’s Cocktail Bar in Žilina – immerhin dreifacher Gewinner bei den slowakischen Bar Awards – hat er im Lebenslauf stehen.
In Wien mixt er also in seiner dritten EU-Hauptstadt; zum Beispiel einen Perfect Manhattan, bei dem zum Maker’s Mark Thymian-infusionierter Antica Formula und Boker’s Bitters kommen.

Das stellt momentan eine Ausnahme dar, denn in der kleinen und von drei Seiten einsehbaren Bar liebt man das pure Produkt: „Wozu soll ich Gurkensirup machen, wenn ich frische Gurken zur Verfügung habe?“, nutzt Baca gerne die Logistik des Restaurants. Sie liefert die aromatische Grundlage für die Abteilung Savoury unter den zehn Shiki-Signatures: das aus Yuzu und Chili bestehende Kanzuri. Die im Fass gelagerte und leicht fermentierte Paste bringt die Kanzuri Mary (11 Euro) auf Touren. Dass man selbst Pflaumenwein noch sinnvoll in der Bar einsetzen kann, zeigt ein anderer Drink: Der Umeshu Spritz (um 9,50 Euro) verpasst dem China-Restaurant-Goodie mit Minze, Limette und Crémant de Bourgogne eine Frischekur.

Nippon-Whisky statt Flug-Sake

Beim Sake ging der Chef aus japanischer Sicht einen Kompromiss ein: „Es gibt nur vier Sorten, die aber frisch“, erklärt Joji Hattori. Denn edle Sorten hielten gerade einmal ein Jahr, „verbringen aber schon vier Monate auf dem Schiff zu uns“.

Asiatische Getränke kann man aber genug kosten, von den Big Playern des Biermarktes (Asahi, Kirin und Sapporo) über drei Sorten Shochu bis zu den Japan-Whiskys: 17-jähriger Hibiki, Yamazaki 12 years, Nikkas From the Barrel sowie Coffey Grain. Die Bewährungsprobe für die Bar, die momentan 28 Plätze bespielt, schlägt in zwei Monaten. Dann bringt der Schanigarten, wie der Österreicher Tische im Freien nennt, 45 weitere Plätze. „Wir wollen mit dem Publikum interagieren“, sieht Stoiker Hattori etwaige Veränderungen nicht als Problem, „wir sind noch in der Geburtsphase“.

 

Credits

Foto: Artikelbild: Barleiter R. Baca via Martina Wenzel, currycom. Bilderserie via BEHF.

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