TOP
Von Geschichte bis Gegenwart: Sieben Fakten über den Shaker

Sieben Fakten über Shaker: Geschichte, Eigenschaften, Handhabung

Geschüttelt, nicht gerührt! Obwohl man dem Rührlöffel mit diesem berühmten Diktum Unrecht tut, bleibt doch der Shaker das große Synonym des Bar-Handwerks. Mixology mit einer Rundschau über Geschichte, Beschaffenheit und Wirkung des heiligen Grals der Bar.

 

Was Tennisspieler:innen das Racket, ist Bartender:innen ihr Shaker: Arbeitsgerät und treuer Gefährte zugleich. Seine Handhabung erfolgt nach individueller Vorliebe und ist gleichzeitig ein Ausdruck des persönlichen Stils. Ohne ihn geht in der Bar nichts. „Geschüttelt, nicht gerührt” ist vermutlich immer noch die in der Gesellschaft am weitesten verbreitete Cocktail-Binsenweisheit. Was aber bedeutet sie? Was passiert im Shaker? Und macht es einen Unterschied, wie man schüttelt? Sieben Fakten zum vielleicht wichtigsten Barutensil.

1) Wann gab es die ersten Shaker?

Schon der Konquistador Hernán Cortés erwähnte im Jahre 1520 in einem Brief an den spanischen König Karl V. ein goldenes Behältnis in Form eines Zylinders, in dem ein Kakao-basiertes Getränk der Azteken schäumte. Ein zusammengestecktes Becherpaar aus Augsburg, das auf die Jahre um 1600 datiert wird, kommt im Aussehen einem Shaker verblüffend nahe. Abgesehen von Spekulationen, dass es sich um Urahnen handeln könnte, beginnt die moderne Shaker-Geschichtsschreibung im 19. Jahrhundert. 1848 beschreibt George Foster, ein Reporter der New York Tribune, die Art, wie ein Bartender einen Drink zubereitet: “With his shirt sleeves rolled up, and his face in a fiery glow [he] seems to be pulling long ribbons of julep out of a tin cup.”

Literarische Erwähnungen finden sich 1852 in “The Upper Ten Thousand“ von Charles Astor Bristead sowie 1856 in “The Quadroon” von Thomas Mayne Reid, wo ein Bartender auf einem Mississippi-Dampfer einen Julep herstellt. In Verwendung sind Gläser und Becher, durch Rolling werden Flüssigkeiten hin- und her geschwenkt. Irgendwann in dieser Zeit wird ein Becher auf den anderen gesteckt und der Drink versiegelt. Jerry Thomas tourt für sein “The Bon Vivant’s Guide or How to Mix Drinks”, das 1862 erscheint, mit silbernen Bechern durch Europa, die er allerdings nicht als Shaker bezeichnet. Die ältesten Patente des US-Patentamts gehen auf das Jahr 1872 zurück.

Das “Bartender’s Manual“ von Harry Johnson aus dem Jahre 1882 erwähnt ein eisgefülltes Glas mit einem umgedrehten Metalltrichter, dem Vorläufer eines Boston Shakers. Am 24. Juni 1884 meldet Edward J. Hauck in New York einen dreiteiligen Shaker mit inkludiertem Strainer zum Patent an, heute als Cobbler-Shaker bekannt. Und 1886 gab es im Katalog der Meridian Britannia Company zwölf Seiten von Barutensilien, darunter sechs zweiteilige Cocktail-Shaker. US-Präsident Franklin D. Roosevelt bereitete den ersten Martini im Weißen Haus nach dem Ende der Prohibition 1933 übrigens in einem Shaker zu.

2) Welche Shaker-Formen gibt es und was sind die Unterschiede?

Der wichtigste Unterschied: Es gibt zwei- und dreiteilige Shaker. Die klassischen dreiteiligen Shaker aus Becher, Mittelaufsatz (samt Sieb) und Deckel werden grob unter dem Begriff „Cobbler Shaker“ zusammengefasst. Sie spielten viele Jahre lang kaum eine Rolle in professionellen Bars, dafür umso mehr als billige, schlecht schließende Leichtblech-Ware für die Heimbar oder als POS-Goodie beim Kauf einer Flasche Schnaps im Supermarkt. Durch die allgemeine Qualitäts-Renaissance in der Bar sowie speziell durch das weltweite Interesse an japanischer Barkultur kam auch der Cobbler Shaker wieder in Mode. Heute gibt es zahllose hochwertige Modelle in allerlei Größen und Metalltypen zu kaufen.

Größere Allrounder sind hingegen zweiteilige Shaker. Sie bestehen lediglich aus zwei Bechern, für die Arbeit mit ihnen benötigt man somit zusätzlich einen Strainer. Die etwas elegantere Variante ist der komplett metallene „Parisian Shaker“, der aus einem Hauptbecher und einem meist kegelförmigen Verschluss besteht, der sauber abschließend in die Öffnung des Bechers geschoben werden kann. Der gängigste und praktikabelste Zweiteiler ist allerdings ohne Frage der „Boston Shaker“. Er besteht in der klassischen Variante aus einem massiven Becherglas, über das ein großer Metallbecher leicht schräg gesteckt oder quasi gekantet wird. Das Glas hat jedoch im Lauf der Zeit eher ausgedient: Inzwischen die die Boston-Shaker-Variante namens „Tin-Tin“ der neue Standard. Er funktioniert nach dem gleichen Prinzip, bei ihm bestehen jedoch beide Elemente aus Metall, üblicherweise Edelstahl.

3) Was passiert in einem Shaker mit den Flüssigkeiten?

Der im Shaker angesetzte Cocktail soll mit Schmelzwasser verdünnt sowie möglichst stark gekühlt werden. Der Geschmack und die Aromen der Zutaten sollen gebunden und freigesetzt werden. Lange Zeit galt: Hauptsächlich werden Cocktails geschüttelt, die Anteile aus Fruchtsaft, Sahne oder Eiweiß beinhalten. Der vielleicht wichtigste Grundsatz: Viel Eis hilft viel. Ein Cocktail, der nur auf drei oder vier Eiswürfeln geschüttelt wird, ist am Ende nur laukalt, dafür aber arg verwässert. Der Shaker darf gern randvoll mit Eis gefüllt sein: Die Methode, relativ wenig Flüssigkeit durch relativ viel Eis zu jagen, ist eben ein sehr effizienter Weg der Kühlung.

Für gewöhnlich reicht dabei ein Schüttel-Vorgang von 12 bis 15 Sekunden, um eine Temperatur von -5° bis -8°C zu erreichen. Alles darüber hinaus ist eigentlich nicht mehr notwendig. Kälter wird der Drink nicht mehr. Ausnahme für einen längeren Shakevorgangs wäre, wenn nicht Eiswürfel, sondern beispielsweise ein großer Eiscube verwendet wird, da man durch diesen länger für eine Verwässerung benötigt. Doch wie wir im nächsten Punkt sehen, sind auch hier die Effekte kleiner, als man annehmen würde.

4) Ist es von Bedeutung, wie man im Shaker schüttelt?

Von oben nach unten, von vorne nach hinten, mit Kopfstand oder nicht: Die Technik hat im Grunde keinen Einfluss auf Kälte und Verwässerung. Hauptsache, man schüttelt stark und lange genug. Zwar liest oder hört man immer wieder davon, dass bestimmte Schüttel-Stile oder das gewählte Eis erheblichen Einfluss auf den fertigen Drink haben – dieses aufwendige Experiment von Dave Arnold aus dem Jahre 2009 sorgte seinerzeit jedoch für viel Aufschluss darüber, dass Shaken eben doch fast immer einfach nur Shaken ist –  so lange ausreichend Eis enthalten ist! Natürlich teilen nicht alle diese Meinung, und speziell in Japan würde man widersprechen, praktiziert man dort doch Techniken wie den kontrovers betrachteten Hard Shake, der sich in verschiedene Komplexitätsstufen aufteilen lässt.

Beim Hard Shake geht es vereinfacht gesagt darum, das Eis so viel wie möglich zu bewegen und damit die Flüssigkeit von so vielen Seiten wie möglich anzugreifen, ohne dabei auf eine Art zu shaken, die heftige Kollisionen der Eiswürfel mit dem Boden des Shakers mit sich bringt. Der Shaker wird horizontal bewegt. Mit einer Drehung aus Handgelenk, dem „Snap”, wird er in eine Haltung gebracht, dass das Eis am Boden des Shakers eher abrollt als aufschlägt. Zusätzlich zur Kühlung und Verdünnung soll vor allem die Textur verbessert werden. Wie der Hard Shake aussehen kann oder soll, ist hier vom angeblichen Erfinder, der japanischen Bar-Legende Kazuo Uyeda, selbst zu sehen.

5) Warum lässt sich ein Shaker nach dem Shaken manchmal schwer öffnen?

Den klemmenden oder schlicht schwer zu öffnenden Shaker nach dem Schütteln dürfte jede:r Bartender:in kennen. Dieses Phänomen gründet sich auf Unterdruck. Dieser wiederum entsteht durch zweierlei Faktoren: Das Abkühlen von Luft und das Schmelzen von Eis.

Beim Verschließen des Shakers hat die im oberen Teil gebundene Luft Umgebungstemperatur, also in den meisten Fällen über 20°C. Im Laufe des Schüttelns kühlt sich diese Luft stark ab, wodurch sich wiederum ihre räumliche Ausdehnung verringert. Wer sich noch an den schulischen Physikunterricht erinnert, kennt das: Temperatursenkung geht bei Gasen immer mit Schrumpfung der räumlichen Ausdehnung einher. Da der Shaker fest verschlossen ist, kann kein Druckausgleich mit der Umgebung erfolgen. Das Resultat ist ein „klemmender“ Shaker, der vom innen herrschenden Unterdruck zusammengesogen wird.

Leicht verstärkt wird dieser Effekt übrigens durch das Abschmelzen des Eises beim Schütteln: Denn – wieder Physikunterricht – eine bestimmte Masse an Wasser hat im gefrorenen Zustand ein höheres Volumen als im flüssigen. Schmelzendes Eis führt demnach ebenfalls zu Druckminderung im geschlossenen Shaker. Den größten Teil des Unterdrucks führt allerdings die abkühlende Luft herbei, weswegen das Phänomen des Klemmens bei Boston- oder Tin-Tin-Shakern am stärksten ist, da in diesen der größte Anteil Luft enthalten ist – während Cobbler Shaker traditionell zum überwiegenden Teil mit Eis und Flüssigkeit gefüllt sind.

6) Dry Shake oder nicht?

Vor allem bei Cocktails mit Eiweiß oder Sahne wird oft der sogenannte „Dry Shake” angewendet. Dabei schüttelt man die Zutaten zunächst ohne Eiswürfel, in einem zweiten Gang dann auf Eiswürfeln. Tatsächlich entsteht durch den Dry Shake etwas mehr Schaum und eine leicht seidigere Textur, als würde man sofort auf Eis schütteln. Es gibt auch den „Reverse Dry Shake”, auf dessen Erfindung Aristotelis Papadopoulos Anspruch erhebt. Diese Methode soll ein noch schaumigeres Ergebnis bringen. In diesem Fall schüttelt man zuerst alle Zutaten zusammen mit Eis, seiht den Drink in das kleinere Shaker-Gefäß ab, leert die Eiswürfel aus und schüttelt den Drink anschließend „trocken”. Darüber, ob nun klassischer oder Reverse Dry Shake ein besseres Resultat erzielt, gehen die Meinungen auseinander.

7) Shaken als Show? Besser nicht.

Grundsätzlich könnte man sagen: Die Stunden, Tage und Monate, die es dauert, drei Flaschen gleichzeitig in hohem Bogen durch die Luft zu jonglieren, dabei noch dreimal in die Hände zu klatschen und Eis in den Shaker zu schaufeln, könnte man als Bartender:in auch sinnvoller verbringen – mit Warenkunde und Verkostungen beispielsweise. Überzogenes Flairbartending gehört heute eher in den Zirkus oder ins Varieté als in eine Bar.

Trotzdem ist nicht von der Hand zu weisen, dass mit dem Shaken die Arbeit des Bartenders nach wie vor von vielen Gästen überhaupt als solche wahrgenommen. Es ist die Bewegung, die jeder kennt, und oft der defining moment: Wie diese Bewegung ausgeführt wird, entscheidet darüber, ob ein Gast dem Bartender etwas zutraut. Das mag ungerecht sein, aber deswegen nicht weniger wahr. Ist der oder die Bartender:in locker, lächelt er oder sie vielleicht sogar beim Schütteln? Oder sieht er dabei so angestrengt aus, als versuche er, einen rostigen Nagel aus seiner Hand zu ziehen? Es empfiehlt sich daher, sich zumindest Gedanken darüber zu machen, wie man dabei aussehen möchte – schließlich schmeckt der beste Drink nur mäßig, wenn die Atmosphäre verbissen wirkt.

Dieser Beitrag wurde erstmals 2015 auf MIXOLOGY Online veröffentlicht. Er wird regelmäßig von der Redaktion überarbeitet, das letzte Update stammt vom August 2024. 

Credits

Foto: Mariyana M - stock.abobe.com

Kommentieren

Datenschutz
Wir, Meininger Verlag GmbH (Firmensitz: Deutschland), würden gerne mit externen Diensten personenbezogene Daten verarbeiten. Dies ist für die Nutzung der Website nicht notwendig, ermöglicht uns aber eine noch engere Interaktion mit Ihnen. Falls gewünscht, treffen Sie bitte eine Auswahl:
Datenschutz
Länderflagge Deutsch
Wir, Meininger Verlag GmbH (Firmensitz: Deutschland), würden gerne mit externen Diensten personenbezogene Daten verarbeiten. Dies ist für die Nutzung der Website nicht notwendig, ermöglicht uns aber eine noch engere Interaktion mit Ihnen. Falls gewünscht, treffen Sie bitte eine Auswahl: