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Sieben Fakten über Shaker

Geschüttelt, nicht gerührt! Obwohl man dem Rührlöffel mit diesem berühmten Diktum Unrecht tut, bleibt doch der Shaker das große Synonym des Bar-Handwerks. Stefan Adrian mit einer Rundschau über Geschichte, Beschaffenheit und Wirkung des heiligen Grals der Bar.

Shaker sind dem Bartender das, was dem Tennisspieler sein Racket: Arbeitsgerät und treuer Gefährte zugleich. Seine Handhabung erfolgt nach individueller Vorliebe und ist gleichzeitig ein Ausdruck des persönlichen Stils. Ohne ihn geht in der Bar nichts. “Geschüttelt, nicht gerührt!” ist vermutlich immer noch die in der Gesellschaft am weitesten verbreitete Cocktail-Binsenweisheit. Was aber bedeutet sie? Was passiert im Shaker? Und macht es einen Unterschied, wie man shaked? Sieben Fakten zum vielleicht wichtigsten Barutensil.

1) Wann gab es die ersten Shaker?

Schon der Konquistador Hernán Cortés erwähnte im Jahre 1520 in einem Brief an den spanischen König Karl V. ein goldenes Behältnis in Form eines Zylinders, in dem ein Kakao-basiertes Getränk der Azteken schäumte. Ein zusammengestecktes Becherpaar aus Augsburg, das auf die Jahre um 1600 datiert wird, kommt im Aussehen einem Shaker verblüffend nahe. Abgesehen von Spekulationen, dass es sich um Urahnen handeln könnte, beginnt die moderne Shaker-Geschichtsschreibung im 19. Jahrhundert. 1848 beschreibt George Foster, ein Reporter der New York Tribune, die Art, wie ein Bartender einen Drink zubereitet: “With his shirt sleeves rolled up, and his face in a fiery glow [he] seems to be pulling long ribbons of julep out of a tin cup.”

Literarische Erwähnungen finden sich 1852 in “The Upper Ten Thousand“ von Charles Astor Bristead sowie 1856 in “The Quadroon” von Thomas Mayne Reid, wo ein Bartender auf einem Mississippi-Dampfer einen Julep herstellt. In Verwendung sind Gläser und Becher, durch Rolling werden Flüssigkeiten hin- und her geschwenkt. Irgendwann in dieser Zeit wird ein Becher auf den anderen gesteckt und der Drink versiegelt. Jerry Thomas tourt für sein “The Bon Vivant’s Guide or How to Mix Drinks”, das 1862 erscheint, mit silbernen Bechern durch Europa, die er allerdings nicht als Shaker bezeichnet. Die ältesten Patente des US-Patentamts gehen auf das Jahr 1872 zurück.

Das “Bartender’s Manual“ von Harry Johnson aus dem Jahre 1882 erwähnt ein eisgefülltes Glas mit einem umgedrehten Metalltrichter, dem Vorläufer eines Boston Shakers. Am 24. Juni 1884 meldet Edward J. Hauck in New York einen dreiteiligen Shaker mit inkludiertem Strainer zum Patent an, heute als Cobbler-Shaker bekannt. Und 1886 gab es im Katalog der Meridian Britannia Company zwölf Seiten von Barutensilien, darunter sechs zweiteilige Cocktail-Shaker. US-Präsident Franklin D. Roosevelt bereitete den ersten Martini im Weißen Haus nach dem Ende der Prohibition 1933 übrigens in einem Shaker zu.

2) Welche Shaker-Formen gibt es und was sind die Unterschiede?

Es gibt im Großen und Ganzen drei Varianten. Den zweiteiligen Boston-Shaker, der aus einem Glas- und einem Metallteil (v.a. Edelstahl) besteht. Den zweiteiligen French- oder Parisian Shaker, der aus zwei Metallteilen besteht. Sowie der erwähnte dreiteilige Cobbler-Shaker, meist in einer Art Urnenform gehalten, bei dem der Aufsatz als Strainer fungiert und der mit einem kleinen, abnehmbaren Verschluss versehen ist.

Letzterer ist heute aus den Bars weitgehendst verschwunden, erfreut sich jedoch in Hausbars oder als Geschenk weiterhin großer Beliebtheit. (Eine moderne Spielart ist der Mason Shaker) Eine Ausnahme bleibt Japan, wo der Cobbler-Shaker für die lokalen Shake-Techniken als geeigneter betrachtet wird. Hinter dem Tresen hierzulande teilen sich hauptsächlich die beiden Erstgenannten das Feld, und welcher verwendet wird, hängt großteils von der Sympathie der Bartender ab. Tatsächlich aber gibt es kleine Unterschiede.

Metallshaker erwärmen und kühlen schneller und benötigen dabei nicht viel Energie, wodurch sie einen geringen Einfluss auf die entstehende Temperatur des fertigen Drinks haben. Schwere Gläser eines Boston-Shaker haben jedoch eine höhere, thermische Masse. Der Nachteil von Metallshakern wäre – wenn es denn einer ist – die verminderte Einsicht auf die sich im Shaker befindlichen Flüssigkeiten. Es gilt: Die Flüssigkeit kommt in das kleine Teil, das Eis in das große Teil.

3) Was passiert in einem Shaker mit den Flüssigkeiten?

Die Flüssigkeiten im Shaker sollen verwässert wie auch gekühlt werden. Der Geschmack und die Aromen der Zutaten sollen gebunden und freigesetzt werden. Lange Zeit galt: Hauptsächlich werden Cocktails geschüttelt, die Anteile aus Fruchtsaft, Sahne oder Eiweiß beinhalten. Während man beim Stirring nur so viel Eis verwenden sollte, wie die Flüssigkeit berührt, da mehr Eis bestenfalls überflüssig ist oder schlimmstenfalls zu viel Verwässerung erzeugt, darf beim Shaken gerne mehr Eis verwendet werden. Die Methode, relativ wenig Flüssigkeit durch relativ viel Eis zu jagen, ist eben ein sehr effizienter Weg der Kühlung.

Für gewöhnlich reicht dabei ein Shakevorgang von 12 bis 15 Sekunden, um eine Temperatur von minus fünf Grad bis minus acht Grad zu erreichen. Alles darüber hinaus ist eigentlich nicht mehr notwendig. Kälter wird der Drink nicht mehr. Ausnahme für einen längeren Shakevorgangs wäre, wenn nicht Eiswürfel, sondern beispielsweise ein Eiscube verwendet wird, da man durch diesen länger für eine Verwässerung benötigt. Das Umgekehrte passiert mit Crushed Ice – mit dem man freilich überhaupt nie shaken sollte.

4) Ist es von Bedeutung, wie man shaked?

Von oben nach unten, von vorne nach hinten, mit Kopfstand oder nicht: Die Technik hat im Grunde keinen Einfluss auf Kälte und Verwässerung. Hauptsache, man schüttelt stark und lange genug. Dieses aufwendige Experiment von Dave Arnold aus dem Jahre 2009 sorgt für aufschlussreiche Daten. Natürlich teilen nicht alle diese Meinung, und speziell in Japan würde man widersprechen, praktiziert man dort doch Techniken wie den kontrovers betrachteten Hard Shake, der sich in verschiedene Komplexitätsstufen aufteilen lässt.

Beim Hard Shake geht es vereinfacht gesagt darum, das Eis so viel wie möglich zu bewegen und damit die Flüssigkeit von so vielen Seiten wie möglich anzugreifen, ohne dabei auf eine Art zu shaken, die heftige Kollisionen der Eiswürfel mit dem Boden des Shakers mit sich bringt. Der Shaker wird horizontal bewegt. Mit einer Drehung aus Handgelenk, dem Snap, wird er in eine Haltung gebracht, dass das Eis am Boden des Shakers eher “abrollt” als aufknallt. Zusätzlich zur Kühlung und Verdünnung soll vor allem die Textur verbessert werden. Wie der Hard Shake aussehen kann oder soll, ist hier vom Erfinder, der japanischen Bar-Legende Kazuo Uyeda, selbst zu sehen.

5) Warum lässt sich ein Shaker nach dem Shaken manchmal schwer öffnen?

Das hat mehrere Ursachen. Die Luft im Shaker hat zu Beginn Zimmertemperatur, kühlt aber während des Shakevorgangs ebenso ab wie die Flüssigkeit. Diese kühlere Luft verursacht geringeren Druck, wodurch ein Unterdruck entsteht. Eis besitzt weniger Dichte als Wasser. Wenn es schmilzt, schrumpft es im Volumen. Wenn sich das Volumen der Flüssigkeit und das Eis im Shaker verkleinert, vergrößert sich das Volumen der Luft.

Da jedoch keine neuen Luftmoleküle hinzugefügt werden, verringert das angestiegene Volumen den Druck, wodurch sich der Druck noch weiter abesenkt. Schließlich gewinnt die abgekühlte Flüssigkeit an Dichte, was wiederum bedeutet, dass sie an Volumen verliert und das Vakuum vergrößert. Auch könnte der letzte Schlag, den Bartender dem Shaker aus dem Grund der Versiegelung gerne vor dem eigentlichen Shaken versetzen, für ein minimales Entweichen von Luft sorgen.

6) Dry Shake oder nicht?

Vor allem bei Cocktails mit Eiweiß oder Sahne wird der Dry Shake angewendet, d.h. man shaked alle Zutaten zuerst ohne Eiswürfel, und schüttelt erst in einem zweiten Gang den Drink auf Eis. Tatsächlich entsteht durch den Dry Shake etwas mehr Schaum, als den Cocktail auf die herkömmliche Art sofort auf Eis zu shaken. Es gibt auch den Reverse Dry Shake, auf dessen Erfindung Aristotelis Papadopoulos Anspruch erhebt. Diese Methode soll ein noch schaumigeres Ergebnis bringen.

Hier shaked man zuerst alle Zutaten zusammen auf Eis, seiht den Drink in das kleinere Gefäß ab, leert die übrigen Eiswürfel weg und schüttelt den Drink erneut trocken. Ein anderer Grund des Dry Shake ist, wenn einfach auf das Element der Verwässerung und Kühlung verzichtet werden soll.

7) Shaken als Show – ja oder nein?

Grundsätzlich könnte man sagen: Die Stunden, Tage und Monate, die es dauert, drei Flaschen gleichzeitig in hohem Bogen durch die Luft zu jonglieren, dabei noch dreimal in die Hände zu klatschen und Eis in den Shaker zu schaufeln, könnte man als Bartender auch sinnvoller verbringen, mit Geschmackskunde beispielsweise. Überzogenes Flairbartending gehört heute eher in den Zirkus oder ins Varieté als in eine Bar. Trotzdem ist es nicht von der Hand zu weisen, dass mit dem Shaken die Arbeit des Bartenders nach wie vor von vielen Gästen überhaupt als solche wahrgenommen.

Es ist die Bewegung, die jeder kennt, und oft der “defining moment“: Wie diese Bewegung ausgeführt wird, entscheidet darüber, ob ein Gast dem Bartender etwas zutraut. Das mag ungerecht sein, aber deswegen nicht weniger wahr. Ist der Bartender locker, lächelt er vielleicht sogar beim Shaken? Oder sieht er dabei so angestrengt aus, als versuche er, einen rostigen Nagel aus seiner Hand zu ziehen? Es empfiehlt sich daher, sich zumindest Gedanken darüber zu machen, wie man dabei aussehen möchte.

Credits

Foto: Shaker via Shutterstock. Postproduktion: Tim Klöcker

Comments (5)

  • Daniel S

    Koenntet ihr bitte aufhoeren zu schreiben, dass im Shaker ein Vakuum entsteht? Ein Vakuum waere eine (nahezu) vollstaendige Abwesenheit jeglicher Gase. Es entsteht ein Unterdruck und that’s it.
    Vor allem ergibt “mehr Vakuum” absolut keinen Sinn: Mehr kein Gas?
    Das ist nicht boese gemeint, aber die Aussage bereitet mir schon seit dem ersten Cocktailian Kopfschmerzen.
    Cheers, Daniel

    reply
    • Redaktion

      Hallo Daniel,

      vielen Dank für Deinen Hinweis – Du hast natürlich Recht, von einem Vakuum kann da nicht die Rede sein. Da operiert man manchmal jahrelang betriebsblind mit dem falschen Begriff, ohne diesen zu hinterfragen. Nicht wirklich gut, zugegeben. Umso schöner, dass wir uns auch immer wieder über unsere sehr aufmerksamen und ehrlichen Leser freuen können. Text oben ist schon geändert.

      Cheers & Viele Grüße aus der Redaktion,
      Nils Wrage

      reply
    • Tobias

      Ach Daniel,
      sogar an der Uni in chemischen Labors haben wir Behälter “auf Vakuum gezogen”, die dann nicht mal ein Grobvakuum erreicht haben.
      Technische Vakua gibt es sehr wohl in Abstufungen, weswegen “mehr Vakuum” alltagssprachlich Sinn ergibt. (Grobvakuum, Feinvakuum, Hochvakuum, …)
      Daneben definiert die DIN 28400 den Begriff Vakuum als “Zustand eines Gases, wenn in einem Behälter der Druck des Gases und damit die Teilchenzahldichte niedriger ist als außerhalb oder wenn der Druck des Gases niedriger ist als 300 mbar”
      Sieh an, damit ist die Verwendung des Begriffs “Vakuum” für den Unterdruck in einem Shaker keine Alltagssprache sondern per Industrienorm reglementierte Fachsprache.
      Das Wort sogar auf eine seiner Bedeutungen in der theoretischen Physik zu reduzieren (eine andere wäre z.B. der energetische Grundzustand eines Feldes…) zeugt stark vom Dunning-Kruger-Effekt.
      Ich empfehle eine tiefgreifende Recherche (in dem Fall zwei Minuten den Wikipeadiaartikel überfliegen um dich zu wiederlegen) damit der nächste Rant nicht ganz so uninformiert daherkommt.

      reply
  • Ralf

    Warum gebt Ihr eigentlich gelegentlich falsche Informationen weiter?
    So sind zum Beispiel “Shaker” schon um 1860 patentiert worden, …. Jerry Thomas tourt mit seinen Mixing Cups, ………… Harry Johnson erwäht auch “Shaker”, ……. Die Flüssigkeiten im Shaker sollen verwässert wie auch gekühlt werden………eigentlich sollte kein Mixgeträk verwässert werden (wenn wegen dem Sirup verdünnt), …. daher wurde ein Cocktailshaker mit Behälter für das Eis entwickelt um verwässern zu verhindern, …..

    Cheerio!
    Ralf

    reply
    • Stefan

      Hallo Ralf,
      nun ja, warum immer gleich von falschen Informationen sprechen … die im Text erwähnten Beispiele von 1848, 1852 und 1856 sind erwiesen, und man geht davon aus, dass ab Mitte der 1850er Jahre Shaker-Frühformen in Bars vorhanden waren, und so steht es auch im Text drin. Jerry Thomas’ Reise nach England soll 1859 gewesen sein, die Becher werden im Text auch erwähnt, nur eben übersetzt und nicht als englischer Ausdruck Mixing Cups. Das Buch kam erst 1862 raus, und seinen Blue Blazer hat er auch geworfen. Ab wann Shaker so genannt wurden und wo der der erste Bartender zwecks Versiegelung einen Becher auf den anderen gesteckt hat, um den Ur-Shake zu machen, weiß man schlichtweg nicht, und werden wir auch nie wissen; was ja faszinierend an sich ist. Im Grunde sitzen wir hier alle an einer großen Enzyklopädie des Trinkens, und diese Dinge haben sich vor langer Zeit zugetragen; der Cobbler-Shaker wurde eben im angegebenen Jahr patentiert, und wenn es ab 1860 Patente gab, freue ich mich über Links und Beispiele und lerne gerne dazu – und das meine ich ohne jegliche Ironie; was die Verwässerung betrifft, meine ich aber schon, dass Eis und der Vorgang des Shakens eben diese samt Kühlung zum Zweck haben sollen. Damit ist ja nicht die Verwässerung im Sinne eines “verwässerten” Drinks gemeint, der auf fünf ungefrosteten Kühlschrank-Eiswürfelchen basiert, die zu Wasser zerspringen, wenn man sie nur anschreit, sondern als bindendes Element.
      In diesem Sinne, Cheerio zurück,
      Stefan

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