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Zum Versand von Spirituosen: Es wird kompliziert

Der Lückenschluss des Jugendschutzgesetzes war überfällig, trotzdem trifft das Urteil des Landgerichts Bochum den Handel für Spirituosenversand an einer empfindlichen Stelle. Whiskey, Vodka & Co. unterliegen nun der Verifizierung der Volljährigkeit des Käufers. Was das bedeuten kann.

Ein Urteil des Landgerichts Bochum wird Versandhändlern von Spirituosen in Zukunft die Arbeit erschweren. Das Gericht hat nämlich im Januar festgestellt, dass Alkoholika auch aus dem Versandhandel heraus nur an verifiziert volljährige Personen abgegeben werden dürfen.

Seither hagelt es Abmahnungen für Händler. Und auch etwa bei Amazon prangt unter alkoholischen Artikeln ein neues Banner, das auf eine Altersprüfung während des Bestellvorgangs hinweist.

Lückenschluss §9 Jugendschutzgesetz: Jetzt erst?

Nun, bei allem Gejammer um den scheinbaren Angriff auf die komfortable Infrastruktur des Spirituosen-Versandhandels, ist natürlich vorerst zu sagen: „Wie, jetzt erst?“ Denn wenn man ehrlich ist, war der Lückenschluss von §9 des Jugendschutzgesetzes längst überfällig. Während für Tabakwaren und Datenträger mit jugendgefährdenden Inhalten schon seit langem der Versandhandel ganz explizit in den Gesetzestext mit eingeschlossen wird, steht im Paragraphen für Alkoholika immer noch ganz allgemein: „in sonstiger Öffentlichkeit“.

Und genau zu diesem unspezifischen „in sonstiger Öffentlichkeit“ hat das Landgericht Koblenz im Jahr 2007 geurteilt, dass der Versandhandel vom Wortlaut unberührt bleibe, zum Unverständnis vieler Rechtsexperten und des Bundesfamilienministeriums. So kann sich 2019 in demselben Land, in dem der Tatort in der ARD-Mediathek erst ab Punkt 20 Uhr abrufbar ist, ein Zwölfjähriger, der über das nötige Taschengeld verfügt, in nur wenigen Klicks von Absinth bis Vodka saufen. Also, machen wir es kurz: Man hätte damit rechnen können.

Die Folgen für den Spirituosenversand

Tobias Keuper vom Spirituosenhändler und Importeur DTS & W etwa hat tatsächlich damit gerechnet, seit längerem. „Wir haben uns schon vor einiger Zeit damit befasst, weil wir davon ausgegangen sind, dass ein Gesetz kommen wird“, gibt er zu Protokoll. Aber dann sei nichts passiert, und so habe sich das Thema etwas verlaufen.

Jetzt ist es aber endgültig auf dem Tisch, und die Frage, wie die neue Richtlinie nach dem Urteil aus Bochum umzusetzen ist, wird eifrig diskutiert. Bei DTS & W wird man, vorbehaltlich einer rechtlichen Prüfung, wohl mit dem „Alterssichtprüfung“ Angebot von DHL arbeiten. Eine verhältnismäßig günstige Möglichkeit, um zumindest das Alter des Empfängers zu bestimmen. Da ist der Schnaps allerdings schon beim Kunden. Unter Umständen muss der Händler dann, mit größerem Aufwand, die bereits bezahlte Ware rückabwickeln.

Alternativen für den Spirituosenversand – und ein Teufelskreis

Wer sich das sparen und schon beim Bestellvorgang sicher gehen möchte, dass der Kunde volljährig ist, kann zum Beispiel zu dem relativ komplizierte Verfahren „Post-Ident“ der Deutschen Post greifen. Deutlich kostenaufwendiger kann man dort aus verschiedenen Produkten wählen, die jedoch alle mit einem gewissen Mehraufwand für den Bestellenden verbunden sind. Dabei muss der Kunde im schlimmsten Fall erstmal persönlich in der Postfiliale vorstellig werden.

Und um sich bei der Post in die Schlange zu stellen (zumindest in Berlin), braucht zumindest der Autor dieses Textes einen kräftigen Schluck guten Alkohols. Ein Teufelskreis also.

Comments (2)

  • Sarah

    An und für sich natürlich eine gute und wichtige Sache,
    aber Frage meinerseits: darf man ohnehin nicht erst ab 18 Jahren online mit EC / Kreditkarte / Paypal
    bezahlen? Freue mich auf Feedback 🙂

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    • Redaktion

      Moin, liebe Sarah,

      klar, damit hast Du natürlich Recht: Die Geschäftsfähigkeit mit den erwähnten Zahlungsmitteln setzt ebenfalls die Volljährigkeit des Käufers voraus. Sie sichert aber nicht zweifelsfrei ab, dass der Käufer wirklich volljährig ist bzw. dass der Käufer wirklich unter seinem eigenen Namen kauft. Es ist z.B. nicht auszuschließen, dass ein Minderjähriger mit der im Haushalt vorliegenden Kreditkarte seiner Eltern einkauft, zu der er sich ja unter vielen Umständen einfach Zugang verschaffen kann.

      Die nun kommende Rechtslage schiebt mit der Verpflichtung zum Altersnachweis einen weiteren Riegel vor, indem die Aushändigung der Ware an einen Altersnachweise gekoppelt ist – was wiederum dazu führen könnte, das auf die o.g. Weise illegitim gekaufte Ware nicht ausgehändigt wird. Gleichermaßen ist es aber nach unserer Lesart auch nicht mehr zulässig, wenn z.B. ein volljähriges Haushaltsmitglied alkoholische Produkte bestellt und die Zustellung bei einem Minderjährigen erfolgen soll. Wie immer in juristischen Fragen gilt: Vieles, was in der Zukunft daraus gemacht wird, wird der fachlichen Auslegung durch Richter und antragsstellende Anwälte obliegen.

      Hilft das zur Klärung Deiner Frage?

      Herzlich
      // Nils Wrage

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