Ein redseliger Mensch voller Ideen: David Rippen
David Rippen und seine Squarebar in Düsseldorf haben sich in den vergangenen Jahren einen hervorragenden Ruf erarbeitet. Längst überfällig also, dem bodenständigen Rheinländer mit exotischem Aromendrang einen Besuch in seiner gemütlichen Bar abzustatten.
Eigentlich ein richtig bescheidener Tag. Die Wolken hängen tiefer als die Laune, während ich mich wie ein durstiges Kamel durch den Stau im Ruhrgebiet quäle. Eigentlich verlasse ich diese Arbeiterregion gen gelobtes Land, so könnte auch diese erhellende Aussicht meinen Gemütszustand ob der vertrackten Parkplatzsituation auf den vergoldeten Straßen der Landeshauptstadt nicht bessern. Nein, wahrlich kein guter Tag.
Dann öffnet sich diese alte, krächzende, eigentlich gar aus dem Furnier springende Tür mit einem Geräusch, das mir entgegen schreit, dass es auch um die Isolierung nicht mehr so gut steht; heraus kommt ein Mann, dessen Strahlen, ja dessen einnehmendes Lächeln ein all die Grausamkeiten des Alltags vergessen macht: David Rippen.
David Rippen: Understatement mit Wolverine-Look
Nein, David Rippen ist kein Player. Er mag aussehen wie ein sich auf seinen nächsten Auftritt vorbereitender Hugh Jackman, und doch sind seine Waffen (meist) keine Klingen, sondern das Barwerkzeug, mit dem er seinen Gästen Drinks zaubert.
„Zaubern. Ach, das ist so ein Wort. Ich meine, ganz ehrlich, ich bin generell nicht der Typ, der wegen Erfolg durchdreht. Ich werde auch einfach auf den Boden zurückgeholt, wenn ich mal in eine andere Bar gehe und sehe, wie andere Bartender Dinge vielleicht noch effizienter angehen als ich. Mir fließt ja auch nicht alles aus der Hand. Wenn ich mal ein paar Wochen an einem Drink rumwerkele und dann nicht alles funktioniert oder der Gast einen auf dem falschen Fuß erwischt, dann sagt man sich: ‘Guck mal David, alles kannst du auch nicht wissen’“, so Rippen.
Es ist diese Form des Understatements, die einen jeden Gast der Squarebar die Gesellschaft des Niederrheiners so schätzen wissen lässt. Er nimmt sich nicht wichtig, ihm sind Allüren fremd. Das merkt man nicht nur an seinem Wohnzimmer, einer Wirkungsstätte, die voller Geschichte und Lokalkolorit steckt – einst ein Fahrkartenhaus und später eine Eisdiele und Fleischerei – nein, man sieht es auch an den leicht verschrobenen Devotionalien der Mixologie, die im ganzen Etablissement verteilt zu finden sind. Nichts glänzt, nichts schimmert hier, fernab von all dem Katzengold der Kö.
Wert statt Wichtigtuerei
„Was gar nicht geht, ist diese Bevormundung in der Bar. Da will ein Gast einen einfachen und ehrlichen Mojito und der Bartender kommt und sagt: ‘Ich hab da mal ‘nen Twist’. Da denke ich mir immer: ‘Lass doch stecken! Stelle doch deine Wahl nicht über seine.’“ Demut ist David Rippen wichtig.
Vielleicht liegt es auch daran, dass der Rheinländer seine Karriere eigentlich gänzlich ohne Shaker begann. In einem kleinen, als Familienbetrieb geführten Hotel, wurde er von einem alternden, weitgereisten Barmann und die Fittiche genommen wurde. Dort lernte er das Handwerk des Barmannes noch von der Pike auf. Auch deswegen weiß David Rippen noch heute, wie wichtig ein Mentor zur richtigen Zeit und am richtigen Ort sein kann, solange nötiger Freiraum zur eigenständigen Entwicklung gelassen werde.
„Gezweifelt an der Entscheidung habe ich eigentlich nie. Einen Plan B gab es für mich nicht. Vielleicht war es dann gen Ende meiner Zeit im Hotel, als ich mir schon vieles angelesen hatte und dennoch lediglich Bier zapfen durfte, manchmal ein wenig schwieriger, ich kam ins Grübeln und fragte mich: ‘Wofür machst du das denn jetzt?’. Aber dann bin ich ja schnell nach Düsseldorf gekommen.“
Heimat statt Hinaus
Angekommen sei er inzwischen in Düsseldorf und in dieser anfänglich kleinen Barszene unglaublich aufgenommen und integriert worden. Man können gar sagen, sesshaft sei er geworden, er, der sich selbst immer noch als Grünkohl-und-Mettwurst-Typ beschreiben würde. „Da wo der Taxifahrer mit mir Platt spricht und da wo ich am Rheinufer spazieren kann, da fühle ich mich zu Hause.“
Und auch hier steckt David Rippen voller Überraschung. Ist er auf der einen Seite loyal zu seiner Heimat und kann ihr vieles abgewinnen, so strotzen seine in der Squarebar dargebotenen Drinks nur so vor einer exotischen Detailverliebtheit, die in Sachen Kreativität für die Region neue Maßstäbe setzt. Nicht selten sind in seiner Bar auf der von ihm und seinem Team grundsätzlich im Poesiebuch-Stil handgeschriebenen Karte Drinks mit Spreewaldgurken, Assam Tee, Ziegenweichkäse und Honig-Butterkeks-Salzrand zu finden. Alles ein wenig abgedreht, durchsetzt mit einer großen Prise an Humor.
„Ich lasse mich von allem Möglichen inspirieren. Der asiatische oder indische Lebensmittelladen ist momentan so etwas wie das Toys R Us des Barkeepers für mich. Auch bei einem Restaurantbesuch kann man ein pfiffiges Dessert entdecken und dann adaptierten. Ich unterhalte mich gerne mit Köchen und schalte mich mit ihnen zusammen.“
Geht da noch was neben der Squarebar?
Seit fünf Jahren betreibt Rippen seine Trinkstätte in Düsseldorf nunmehr im Sommer. Knapp dürften die Plätze geworden sein, sein Ort des liquiden Glücks ist über die Jahre immer bekannter und beliebter geworden, David Rippen selbst als Mixologe deutschlandweit mehr und mehr geschätzt.
„Ich möchte es gar nicht ausschließen, dass da vielleicht noch was kommt. Ideen für etwas Neues sind da, ein Konzept, das Düsseldorf so noch nicht kennt, das habe ich auch im Kopf. Konkret möchte ich da aber noch nicht werden“, grinst der sympathische Bartender in seinen Bart und verschluckt – ganz typisch – in seinem ansteckenden Lachen das ein oder andere Wort.
Es ist diese nahbare Menschlichkeit, die David Rippen zu einem so besonderen Charakter macht. Ein Menschen, fernab von Allüren und auf dem Boden geblieben, gedanklich bei den Gästen, seinem Team und vor allem 100% bei der Arbeit in der Squarebar. Jemand, bei dem man keine drei Drinks braucht, um sich ihm anzuvertrauen. Warum? Weil man hier bei Ehrlichkeit, guten Drinks und vertrauter Stimmung angekommen ist. Angekommen bei einem wahren Gastgeber. Mit Wolverine-Bart.
Credits
Foto: David Rippen