Mutige Minne: Ein Hotel im Dienste Margaritas
Die Bar hat der Küche eine Idee vorgeschlagen im Wiener Steigenberger Hotel Herrenhof. Mit vereinten Kräften huldigt man Mexikos Trinkkultur. Angelo Dallabrida steht dafür ein ganzes Arsenal für die personalisierte Margarita zur Verfügung.
Alle haben jetzt Gin im Überfluss (Überdruss vielleicht sogar?), viele Hotels auch noch Whisky und Rum. „Wir wollten uns abheben“, erklärt Angelo Dallabrida, warum in der hellen Herrenhof-Lounge jetzt die „Añejo News“ aufliegt. Der 25 Jahre alte Barchef stammt aus dem fernen Feldkirch in Vorarlberg. Seit mehr als zwei Jahren sorgt er im Steigenberger Hotel Herrenhof für die Positionierung der Bar, gelernt hat er das Handwerk davor im Skiort St. Anton im Hotel Gletscherblick. Die von ihm liebevoll mitgestaltete, eigene Mexiko-Karte listet Wiens größte Tequila-Auswahl auf.
Sie befindet sich an unerwarteter Stelle, denn die Herrengasse war bislang eher für Patisserie von Rang, Kaffee in der verglasten Hochhaus-Milchbar und desorientierten Touristen dazwischen bekannt. Doch das Steigenberger-Hotel Herrenhof mochte immer schon kulinarische Experimente. Ob das Grappa-Dinner mit Jacopo Poli, Veronelli-Olivenöl-Indoktrinationen oder Essig-Einführungen waren – Mainstream-Hotel-Kost konnte man Chefkoch Stefan Schartner nie vorwerfen. Entsprechend viel Freiraum genießt das Haus innerhalb der 117 Hotels der deutschen Hotelkette.
Wenn schon Mexiko, dann kräftig
Und so ließ Schartner sich auch auf den Vorschlag seines Barkollegen ein, die Lounge in eine kleine Mexiko-Welt zu verwandeln. Tortillas, Burritos, Chiles Rellenos oder Tortilla Chips mit Salsa und Guacamole stehen nun statt Kaffee und Kuchen auf der Karte der Lounge. Wer mit dem Destillat der Blauen Weber-Agave fremdelt, kann Shots um vier Euro ordern oder den festen Cocktail löffeln, den Dallabrida serviert. Der „Newbauer Cube“ besteht aus einer Mischung aus Tequila, Balsamessig und Limettensaft, der als Gelee gereicht wird (fünf Euro).
„Tatsächlich war es anfangs vor allem für Stammgäste ein wenig ungewohnt“, räumt der Barchef nach drei Wochen des Experiments ein. Die schlechten (Jugend-)Erfahrungen mit Tequila dürften in der westlichen Welt eine Art soziale Konstante darstellen, mutmaßt Dallabrida. Der hohe Gästeanteil aus den USA habe sich aber schnell mit dem neuen Angebot angefreundet. Zumal die Auswahl an 24 Tequilas, die noch dazu ausführlich erklärt werden in der Karte, auch versierte Freunde des Agavendestillats überrascht.
Kombinatorik-Aufgabe Margarita
Was anderswo der Perfect Martini vom Wagen oder eine auf Gästewunsch servierte G&T-Auswahl samt Gemüsebeilage im Goldfischglas darstellt, ist hier die Margarita. Die Limette ist selbstverständlich in der Auswahl, Passionsfrucht, Mango oder Erdbeere, Pfirsich sowie Lavendel, Ingwer, Honig, Minze und sogar Gurke lassen viel Raum für Experimente. Zumal man nicht nur die Varianten „shaked“ und „frozen“ anbietet in der Herrengasse, sondern auch eine gerührte Version aller Flavours. Gespielt wird aber auch mit anderen Klassikern. Der „Bloody Mexican“ zitiert die Savoury-Klassiker Mexikaner und Bloody Mary, aus Tequila, Orangensaft, Lavendelsirup und Limette wird der „Tequila Moonrise“ (12,50 Euro).
Zwischen Franz Josef und Montezuma
Mit dem Tequila-Virus hat Dallabrida noch sein Vorgänger infiziert. Als es um die Themenkarte ging, war also schnell klar, dass die Reise nach Mexiko führen würde. Aus Sicht der Barstadt Wien unterstreicht diese Initiative, wie wichtig es wird, sich auch als Hotel von den mittlerweile im Fokus stehenden „stand alone“-Bars der Donaumetropole abzuheben. Der Mut zu einem wenig erprobten Drink-Konzept ist definitiv zu begrüßen, zumal das Thema kein Einlageblatt einer Standardkarte darstellt, sondern genau den umgekehrten Fall. Klassiker werden natürlich gemixt, erste Wahl sollte aber etwas aus der „Añejo News“ sein, so die Idee von Schartner und Dallabrida.
Die Tequila-Bar soll es vorerst aber bewusst nur im Wiener Steigenberger geben. Und so können Reisende nicht nur die legendäre, so genannte Federkrone Montezumas im Welt-Museum um die Ecke des Hotels besichtigen, sondern die Runde um die Hofburg auch mit einem passenden Getränk beschließen. Schließlich waren der alte Herr, der 68 Jahre die Donaumonarchie beherrschte, und der deutlich kürzer regierende Maximilian, Kaiser von Mexiko, Brüder.