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Sven Goller Das Schwarze Schaf

Sven Goller: Dank DIY zum Botschafter für Barkultur

Sven Goller und sein Das Schwarze Schaf haben Bamberg auf die Bar-Landkarte gehievt. Im letzten Jahr gewann er die deutsche Vorausscheidung der World Class. Höchste Zeit also für einen Besuch bei dem 27-jährigen Autodidakten in seiner sympathischen Vintage-Bar
Mit seinen knapp 70.000 Einwohnern ist Bamberg zugegebenermaßen überschaubar und zugleich berühmt für Traditionskultur: Alte Fachwerkhäuser, unzählige Bierkeller und ja, auch Barkultur – zumindest in Kennerkreisen. Maßgeblich für diesen letzten Aspekt ist der Chef-Bartender der Bamberger Cocktailkneipe „Das Schwarze Schaf“, Sven Goller, verantwortlich. Der Franke darf sich seit 2017 auch mit dem national Titel „World Class Bartender of the Year“ schmücken. Höchste Zeit also für ein näheres Kennenlernen.

Das Schwarze Schaf: WG im Vintagelook

Schön ist es, dieses fränkische Bamberg: Vom Bahnhof geht es schnurstracks geradeaus Richtung Altstadt – verwinkelte Gassen, kleine Cafés und Läden. Wohlklingende Namen tragen diese Straßen, wie Balthasargäßchen oder Am Kranen. In der Schranne 7, einer gebogenen, offenen Straße, residiert es – Das schwarze Schaf.
Der Eingang ist unprätentiös, innen glaubt man, in dem Wohnzimmer der Lieblingsnachbar-WG aus vergangenen Zeiten gelandet zu sein: ein paar Flohmarktmöbel im Vintagelook, ein alter Plattenspieler in passender Optik und bunte Wände, über eine Treppe gelangt man in einen kleinen Gewölbekeller, in dem ein Kicker steht.
Eng ist es dort unten und gemütlich, Sitzecken laden zum Verweilen ein. Das Herzstück im Das Schwarze Schaf befindet sich allerdings direkt gegenüber des Eingangs. Es ist ein kleiner Tresen mit einem riesigen Schaf-Logo im Comicstyle. Niedrig ist dieses Reich der Barkeeper, auf dem eine Reihe an hochwertigen Spirituosenflaschen steht.
„Ja, hier mixen wir tatsächlich“, sagt Sven Goller. „Allerdings nicht mehr lange. Wir planen gerade, die Barstation zu professionalisieren, um der Auslastung gerecht zu werden. Dabei soll aber der Charme erhalten bleiben, ein klassischer Tresen ist nach wie vor nicht vorgesehen“, fügt er lachend hinzu.

Gestatten: Sven Goller, Autodidakt

Der 27-Jährige ist nicht irgendwer in Bamberg, sondern der Initiator der hiesigen Barkultur. Begonnen hat alles in seiner Heimatstadt Bad Staffelstein, ca. 40 Kilometer von Bamberg entfernt. Dort arbeitete er schon zu Schulzeiten in einer Bar. „Das waren dann aber eher Caipirinhas, die wir gemacht haben“.
Dennoch blieb er dabei, auch als er 2010 vor Ort ein duales Studium anfing. „Das hat mir aber keinen Spaß gemacht. Das Arbeiten in der Bar hingegen schon“, blickt er zurück. So schmiss er das Studium hin und arbeitete einen Sommer lang in allen möglichen Bereichen in der Gastronomie, um sich danach für ein Studium der Politikwissenschaften in Bamberg zu entscheiden – seine Freundin studierte hier bereits, und so zog er ihr nach.
„Ich habe damals eine Anzeige gelesen, dass eine neue Bar aufmacht. Dann habe ich hier die Baustelle gesehen und meinen jetzigen Geschäftspartner Stefan Zwosta kennengelernt, den es genervt hat, dass man in Bamberg nirgendwo einen anständigen Longdrink bekommt.“
Sechs Jahre ist das nun her. Noch während des Studiums wird ihm klar, dass er danach in die Gastronomie möchte, obwohl er sogar noch einen Master an den Bachelor hängt: „An einem Tag in der Woche habe ich meine Masterarbeit geschrieben, an den restlichen hier gearbeitet“, gibt er zu. Zwischendurch nahm er an  Barwettbewerben teil und erreichte bereits 2016 das Finale der World Class.

Portland lässt grüßen

Es war auch jene Teilnahme, die ihm die erste Anerkennung sowie Kontakte in die Szene brachte, denn als klassische Barstadt galt Bamberg bis dato nicht. „In den ersten zwei Jahren war hier schon viel Try and Error“, skizziert Sven Goller die Anfangszeit im Das Schwarze Schaf. Von gehobenerer Barkultur, wie es sie in Städten wie Berlin gab, wusste man in der  fränkischen Studentenstadt wenig. „Hört sich vielleicht trivial an, aber damals gab es in Bamberg zum Beispiel nur zwei Gin-Marken, wir haben dann zwei, drei andere genommen“.
Zunächst spezialisierte er sich auf Longdrinks, erweiterte das Sortiment um ein paar Cocktails und begann, Sirups herzustellen sowie Säfte frisch zu pressen. Den größten Teil seines Wissens brachte er sich selber bei, so war er auf einschlägigen Blogs wie dem von Jeffrey Morgenthaler unterwegs und verschlang eine Reihe an alten und neuen Cocktailbüchern. „Das passierte alles mehr oder weniger in der Freizeit, ab 2014 wurden wir professioneller“, beschreibt Goller seinen Weg in die höhere Cocktailkunst.

Sven Goller und der Circle of Friends

Und dann gewann er letztes Jahr die World Class. „Momentan bin ich viel unterwegs“, so Goller. Insgesamt 16 Städte besucht er in diesen 12 Monaten, um anderen Bartendern sein Wissen weiter zu geben. Zusätzlich dazu steht er nach wie vor im Das Schwarze Schaf, deren Teilhaber er auch mittlerweile ist. Nebenbei hat er mit seinem Kollegen und Freund Christoph Köll (Schluckspecht) das „Cocktail Institut“ gegründet, in dem sie Tastings und Cocktailkurse anbieten.
„Es ist schön zu sehen, wie sich hier eine kleine Szene entwickelt hat und auch, dass wir uns alle gut verstehen“, fasst Sven Goller zusammen. Mehr noch, sie halten fest zusammen, unterstützen sich bei neuen Rezepten und tauschen sich über Projekte aus. Und das wirkt sich auch auf seine Besucher im Das Schwarze Schaf aus. „Früher waren hauptsächlich Studenten hier, mittlerweile hat sich das Klientel erweitert“, sagt er, und meint damit auch die Gruppe Ü-30, die schon eher im  Berufsleben steht und für einen Cocktail auch gerne mehr ausgibt.

Am Ende endlich Edelstahl

Wobei die Preise in seiner Bar sehr moderat sind. Sie liegen zwischen 8,00 bis 12,00 Euro, denn nach wie vor möchte er auch die Studierenden ansprechen. In den kommenden Sommersemesterferien wird auch der neue World Class Bartender gekürt: Bis dahin stehen noch so einige Termine in seinem Kalender, und wenn die abgehakt sind und der neue Meister der Cocktailkultur gefunden ist, will Sven Goller erstmal in den Urlaub fahren, um danach wie gewohnt hinter seinem Tresen im Das Schwarze Schaf zu stehen – dem Neuen aus Edelstahl, ganz so wie es sich für einen professionellen Bartender gehört.

Credits

Foto: World Class Drinks

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