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The Bank: Stefan Bauers Wiener Devisen-Handel

Das ist mal ein Empfang: In der Bar des Wiener Park Hyatt gibt es zur Begrüßung ein Bündel Geldscheine. Die neue Barkarte von Stefan Bauer spielt mit der Vergangenheit des Luxushotels als Bank-Zentrale – und ironisiert Klischees mit einer geschmacklichen Weltreise.

Die ungewöhnliche Raumhöhe der Bar erinnert noch an die alte Schalterhalle der Österreichischen Länderbank, in deren Räumlichkeiten vor zwei Jahren Wiens erstes Park Hyatt eingezogen ist. Ursprünglich eine Etage tiefer situiert, eröffnete die damals noch Pearl genannte Hotelbar 2014 mit Michaela Baier (heute im Berliner Hyatt) am Tresen. Mit dem Freiwerden der Räumlichkeiten neben dem Restaurant übersiedelte man als The Bank dann mit Stefan Bauer, der aus der Heuer Bar ins Fünf-Stern-Haus wechselte. Die meisten Drinks hatte Reinhard Pohorec für die Neupositionierung entwickelt, noch ehe Bauer, im Vorjahr als „Newcomer des Jahres“ bei den MIXOLOGY BAR AWARDS nominiert, an Bord war.

Uff! Nach dieser Vorgeschichte aber hat der gebürtige Steirer nunmehr seine eigene Handschrift in die neue Karte eingebracht. Wobei, schon das Wort „Karte“ führt in die Irre. Genau genommen sind es elf von einer Geldklammer umschlossene Scheine, die das Bar-Team seinen Gästen reicht. Statt Präsidenten – aktuell eh nicht so ein gutes Thema – zeigen die Bauer-Banknoten Trinkgefäße, von der Schale bis zum Tiki-Mug, vom Mason Jar bis zum Flachmann. Doch mehr als sie und die Nennung der Basis-Spirituose samt Kurzcharakteristik – man denke an „Sour, refreshing“ – wird man darauf nicht finden. Dafür hat sich Bauer intensiv mit den Ländern und ihren spezifischen Zutaten auseinander gesetzt. Und der Allergenhinweis? Zutaten, die man nicht ausstehen kann? „Man soll halt auch wieder mit dem Bartender reden“, sieht der Österreicher das Geldschein-Bündel auch als willkommenen Kommunikationsanlass.

Die Schweizer Schoki zum Dessert

Preislich hat man sich generell auf 14 Euro für die Drinks eingependelt, „nur die Russen wollen es etwas teurer“, wird der „Rubel“ um 17 Euro serviert. Er ordnet die kulinarischen Landesklischees Borschtsch (in Form von Rote Rüben-Sirup) und Blinis (Buchweizen) rund um Stolichnayas „Elit“ an. Und natürlich wird mit Sekt getoppt, der allerdings stammt aus der Steiermark und nicht von der Krim.

„Wir wollten alle Geschmacksrichtungen vertreten haben“, erklärt Bauer, der nicht nur einen maskulinen Brasilien-Twist (Leblon-Cachaça trifft Porter und Kaffee) anbietet. Der verführerisch süße „Franken“ hat die Aufgabe des Dessert-Drinks zugewiesen bekommen. Selbstgemachter Schoko-Käse-Sirup gibt dem Kirschwasser-Cocktail seine cremige Konsistenz. „Vier Monate Vorlauf stecken in der Karte“, freut sich der Barchef, dass das neue Konzept nun endlich auch serviert wird.

Man kann fast philosophisch werden, wenn man etwa den „Euro“ schlürft: Denn der lebt vom Zusammenfallen der Gegensätze – Rotwein und Bier, ansonsten eher Teiler der Geschmackswelt des Kontinents, werden mit Rosmarinsirup und rotem Wermut doch zu einem harmonischen Ganzen. Der Bier-Likör bringt hier subtilen Tiefgang, die Kräuter evozieren die mediterrane Verwandtschaft. Doch bevor es hier zu verschwurbelt wird, halten wir uns an den nordisch-klaren Drink.

Nordisch: Kümmel mit Zwiebeln

Hier ließ Bauer zwar die Grenzen ein wenig verfließen und verwendet Helbings Kümmel als Basis der norwegischen „Krone“ (spätestens nach dem Lesen dieses Artikels klingeln die Aquavit-Händler vermutlich Sturm im Park Hyatt). Doch der Cocktail mit Preiselbeere und einer knackigen Perlzwiebel-Einlage wird allen Freunden der würzigen Abteilung gefallen. Dass damit endlich ein schöner Signature Drink mit dem Nordlicht in Wiens Zentrum zu haben ist, mag nicht als historische Tat durchgehen, aber freut sicher die Expatriates von der Waterkant – und natürlich Norweger.

Denn einen schönen Nebeneffekt haben die Geldschein-Drinks natürlich: Der Hotelgast erhält im besten Falle einen unerwarteten Gruß von daheim. Zumal man mit einigen exotischen Währungen – Test ohne Google: Wo gilt der Quetzal als Zahlungsmittel? – auch für Gesprächsstoff unter den Bar-Gästen gesorgt hat. Der „Quetzal“ übrigens hat mit dem darin verarbeiteten Püree aus gegrillter Ananas schnell seine Fangemeinde gefunden. Als guatemaltekische Währung kann er natürlich nur mit Ron Zacapa gemixt sein, der Crowdpleaser enthält zusätzlich noch etwas Muscovado-Zucker. Ebenfalls hoch im Kurs, um beim Pekuniären zu bleiben, steht der mit Yuzu in einen schönen Wechsel-Kurs zwischen Süße und Säure gebrachte „Yen“.

Gast-Schicht im Geldspeicher

Die Devisen-Drinks sind aber nicht die einzige Neuerung. Neben dem „Kassenschluss“ genannten Donnerstag-Abend mit DJ-Musik sollen auch regelmäßige Gastschichten die Barflys Wiens ins Luxushotel locken. Den Anfang macht ein Gast aus Barcelona; Norwegens „Barkeeper des Jahres“ Moe Aljaff übersiedelte nach Spanien, um dort 2017 mit Mathias Alsén das Two Schmucks zu eröffnen. Einen Vorgeschmack gab es in Wien. „Weitere Freunde aus der internationalen Szene folgen“, so Bauer.

Bliebe nur noch eine Frage zu beantworten: Wieviel der 1.000 gedruckten Karten der Erstauflage als Souvenir verschwinden werden? Man weiß es nicht Am Hof in Wien. Der konzeptive Anfang jedenfalls ist mehr als gelungen – und macht neugierig auf mehr Drinks aus dem Geldspeicher.

 

Credits

Foto: Foto via Theresa Schrems.

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