TOP

The Castle Pub Berlin – Wir planen nicht, wir tun einfach.

Vormals Irish Pub, nun Craft Beer Bar und Gasthausbrauerei mit Tap Room, Event Location und Speakeasy Cocktail Bar – Ist zu viel immer noch zu wenig im Castle Pub am Gesundbrunnen? MIXOLOGY sprach mit den Gründern und Inhabern Ben Fisher und Gekko (nur Gekko) über kreatives Chaos und den gewundenen Pfad zum Erfolg.

So richtig ist er ja noch nicht da, der Durchbruch zum nächsten, großen Partybezirk, der dem Wedding seit einem Jahrzehnt (oder länger) prophezeiht wird. Günstige Mieten locken Studenten, Multikulti gibt es sowieso, der Sprengelkiez zeigt langsam sanfte Ähnlichkeit zum Prenzlauer Berg vor 15 Jahren und die Bierkultur schwankt irgendwo zwischen Schulti in der Eckkneipe und 34 Zapfhähnen im Castle Pub. Aber das volle Potential des zentrumsnahen Bezirks, der seit der Bezirksreform 2001 zu Mitte gehört, ist noch lange nicht erreicht. So sehen das auch Ben und Gekko, Betreiber des Castle Pub und der F-Bar, und sie stellen immer wieder klar: Sie wollen den Wedding zu einer Adresse machen, wo die Leute hinfahren, um auszugehen – und sind bereit das ihre zu tun!

Potpourri à la Wedding

Wer den Castle Pub an der Hochstraße, gegenüber einem kleinen Park direkt am S-Bahnhof Gesundbrunnen gelegen, betritt, steht in einem Irish Pub. Das zumindest sagen Tartan Clothes an den Wänden, holzig-schummrige Farbgebung und der Whisk(e)y im Backboard. Viel Englisch ist zu hören, internationales Publikum stömt aus dem Holiday Inn Hotel direkt nebenan (und darüber). Doch schon etwas weiter war es das plötzlich mit Guiness und Co., an der treibgutartig dekorierten Craft Bar lassen Namen wie Lervig, Founders und Brewbaker den Schluss zu, dass man einen anderen Bierkosmos betreten hat. 24 Hähne versorgen Crafties mit flüssig Brot, Sofas im heruntergekommenen Berliner Chic laden zum Hinfläzen ein.

Einmal um die Ecke, vorbei an einem Autochassis, im zweiten Großraum der 400m² großen Bar, finden normalerweise Veranstaltungen wie Pub Quiz, Pokernächte oder Public Viewing statt, doch die hiesige Bar gehört den Two Fellas, die hier ihre in der vormaligen Küche gebrauten Biere ausschenken. Noch weiter in die Eingeweide des Castle Pubs, durch finstere Korridore und vorbei an einer Tür, die stilgetreu stilfremd mit längsseits halbierten Benzinkanistern verziert ist, findet sich die Carcosa Bar, wo Bartender Lucas Cocktails auf Basis von Bourbon und Mezcal kreiert.

Erstmal n Café

Ist das nicht alles etwas wild zusammengestückelt? “Mag sein,” sagt Ben, “aber wir haben ja hier auch den Platz dafür. Außerdem wissen wir schon, dass keines dieser Konzepte, weder Pub noch Craft Beer Bar noch Gasthausbrauerei, für sich selbst hier im Wedding auf dieser Fläche funktionieren würde. Also haben wir uns angepasst.”

Das sagt der Richtige. Ben Fisher kommt ursprünglich aus Israel, ging jedoch vor 15 Jahren mit seiner deutschen Mutter nach Kiel, dann nach Berlin. Hier lernte er Gekko, einen Urberliner, im Gastronomiegewerbe kennen. Sie arbeiteten gut zusammen, ergänzten sich. Schnell kam die Idee einer eigenen Café-Bar, bald war die F-Bar, ebenfalls im Wedding, geboren.

“Anfangs waren wir viel mehr auf Kaffee aus, das war Bens Aufgabe.” erinnert sich Gekko. “Wir schulten unser Personal in der ordnungsgemäßen Zubereitung von Kaffeespezialitäten. Aber die Gäste blieben teils bis 5 Uhr morgens, das mit der Bar kam besser an als das Café. Also haben wir das einfach gemacht.”

Alkoholfreier Betreiber

Doch wie kam Ben mit dieser Umstellung klar? Der 34jährige trinkt nämlich keinen Alkohol – für den Betreiber einer Dive Bar und eines Pubs eher ungewöhnlich, und auch die stets erste Reaktion darauf (“Aus religiösen Gründen?”) verneint Ben:

“Alkohol schmeckt mir nicht. Aber das Publikum gefällt mir besser. Cafégäste sitzen gern in Ruhe, meist eher allein. Ich bin aber ein sozialer Typ, mag die Interaktion. Das kriegt man eher bei den späteren Gästen. Ähnlich ist es auch bei den Gästen, die unser Craft Beer-Angebot uns zusätzlich gebracht hat. Normale Gäste bestellen ihr Bier, gehen zurück an ihren Tisch. Craft Beer-Trinker suchen den Austausch über das Produkt, darüber kommt man gut ins Gespräch.”

Und worüber spricht man dann, wenn man selbst nicht trinkt? “Na, über den Hersteller zum Beispiel. Lokale Brauer zu unterstützen und Biervielfalt zu bieten war uns von Anfang an sehr wichtig. In der F-Bar hatten wir fast von Anfang an Brewbaker vom Hahn und Dutzende Flaschenbiere. Damals, 2010, war das noch echt ungewöhnlich, gerade hier in der Hochburg der klassischen Eckkneipe, aber wir wollten das so, also haben wir es einfach gemacht.”

Hausbrauerei und Indoor-Braufest

Die Hersteller liegen den Beiden am Herzen. So kam die Idee zur Brauerei in der ausgedienten Küche. Warum ausgedient? „Wir hatten echt leckeres Zeug, z.B. Burger mit handgemachten Patties und handgemachtem Brot. Aber 8-11 Euro waren damals, vor drei Jahren, einfach noch zuviel für den Wedding.“ klagt Gekko. Ben nickt: „Läufst Du 15 Minuten von hier, bist Du am The Bird in Prenzlberg. Da funktioniert das seit neun Jahren. Hier noch nicht. Also haben wir die Küche dicht gemacht.“

2015 kamen Rob und Mike, die Two Fellas, und nisteten sich in der Küche ein. „Leerstand ist doof, und wir wollten was daraus machen. Mit dem erfolgreichen Umschwung des Castle Pubs zur Craft Beer-Bar war das der nächste Schritt. Die eigene Brauerei in den eigenen vier Wänden.“

Also haben sie das einfach gemacht, genau wie das Gesundbrewing Festival, ein Indoor-Bierfest auf der gesamten Fläche des Castle Pub. Die Erstausgabe gab’s im letzten Winter, und es war brechend voll. Dass die Brauer gern kommen, ist dabei kein Wunder, denn Gekko und Ben verlangen keine Standgebühren. Wie rechnet sich das dann?

“Na, wenn hier alles voll ist, machen wir schon unseren Umsatz, denn wir haben ja auch ganz gute Biere am Hahn. Zudem möchte man vielleicht irgendwann auch noch etwas anderes trinken.” lächelt Gekko. “Aber es geht uns hauptsächlich darum, gute Beziehungen zu den Brauern zu pflegen und den Castle Pub auf Berlins Bierlandkarte als feste Größe zu etablieren. Gesundbrewing bot uns das. Also…“

…haben Sie das einfach gemacht. Und es soll nicht das letzte Mal gewesen sein – die Gesundbrewing-Summer-Edition steht vor der Tür, am 8. und 9. Juli 2016.

Freunde durchdachten Designs und vollendeter Konzepte werden sicherlich nicht glücklich in dem kontrastreichen Pub an der Hochstraße. Doch Klasse und Masse, Craft Beer und Tequila Shots, Cocktails und Karaoke, Suffies, Druffies, Künstler und Connaisseure – all das passt irgendwie in den widersprüchlichen Wedding, der eigentlich schon mit Mitte mitfeiern möchte, es sich aber noch nicht so ganz leisten kann. Oder will.

Credits

Foto: Foto via Filippo TRitto

Kommentieren