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Eine pikante Angelegenheit: The Mustard Seed Cocktail

Was Nico De Soto anfasst, wird zu Bar-Gold. Mit seiner Kombination aus Enzian, Banane und Senf zeigt der französische Wahl-New Yorker einmal mehr, wie es geht. Über die Geschichte hinter einem Drink, der überhaupt nicht so eigenartig schmeckt, wie viele wohl zunächst denken würden. Und Bratwurst muss man dazu auch nicht essen!

Der Name Nicolas De Soto gehört zu den klangvollsten, die der heutige Bar-Globus zu bieten hat. Früher in Tony Conigliaros 69 Colebrooke Row sowie im Team des Experimental Cocktail Club an der Lower Eastside in New York zuhause, betreibt der charismatische Franzose mittlerweile mit dem Mace eine der angesehensten Trinkadressen im Big Apple, dieser Tage eröffnet mit dem Danico sein zweites eigenes Barkonzept, diesmal auf europäischem Boden, genauer gesagt in Paris.

Kein Senfglas – aber Senf im Glas

Schon immer zählte De Soto zu jenen Vordenkern, die abseitige Aromen nicht nur einfach ins Cocktailglas überführten, sondern dort auch schlüssig und harmonisch integrieren konnten. In die Riege jener Aromenexperimente gehört auch eine seiner jüngeren Kreationen, der The Mustard Seed Cocktail – ein simpler Likör-Sour, der auf die Kombination von Enzian, schwarzer Senfsaat und Banane setzt.

Dabei war die konkrete Inspiration zu der Rezeptur eher dem Zufall geschuldet, wie Nico einräumt: „Die Idee für diese Kombination kam mir, als ich in einem Wettbewerb in der Jury saß. Den betreffenden Drink damals fand ich aber eher mittelmäßig – darin waren gelbe Senfsamen, die ich nicht besonders mag“, erklärt der Bartender und Unternehmer das Grundkonzept.

„Dennoch hatte es mir die Mischung einfach angetan, und so versuchte ich mich an der Paarung aus den viel spannenderen und komplexeren schwarzen Senfsamen und Banane. Ansonsten war mir diese Kombination aber tatsächlich komplett neu“, geht er darauf ein, dass zwar Frucht-Senf durchaus in der Küche traditionell bekannt ist, aber gerade die schwarze Senfsaat nach wie vor wenig Berücksichtigung im Zusammenspiel mit Obst bekommt.

The Mustard Seed: Vom Festtagsdrink zum Crowdpleaser

Und auch von seiner aromatischen Grundanlage passte die Idee zudem von Anfang an ins Konzept des Mace, meint De Soto: „Im Mace paaren wir oft deftige oder pikante Aromen mit fruchtigen Geschmäckern, insofern ist das kein Neuland für mich gewesen.“ Die Wahl auf den herbsüßen französischen Enzianlikör entwickelte sich dann durch eine externe Anfrage: „Das endgültige Rezept kam dann ungeplant anlässlich des Bastille-Day 2015 in New York zustande: Wir sollten einen Drink mit Suze entwickeln, und der allererste Versuch hat sofort gepasst. Es ist also quasi ein ‚First Take’“, freut sich der Wahl-New Yorker.

Gemessen am Aufwand, den viele Bars heutzutage in ihr Mise-en-Place an hausgemachten Zutaten stecken, ist die Rezeptur überdies geradezu simpel: Der Suze-Likör wird ganz einfach für zwei Tage mit Senfsamen kaltmazeriert, ansonsten ist keine besondere Vorbereitung nötig. Als Basis wählte De Soto nicht den klassischen Suze, sondern die Variante Saveur d’Autrefois aus der „Gamme Apéritifs“-Range. Die Abfüllung weist einen im Vergleich zur Standardqualität (der mit 15% Vol. abgefüllt wird*) leicht erhöhten Alkoholgehalt von 20% Vol. auf und flankiert die typische, kraftvolle Enzian-Note mit reichlich Zitrusaromen – eine hervorragende Basis für das Wechselspiel aus sahnigen Nuancen von Banane und pikantem Senf. Und nicht nur im Mace lieben die Gäste den The Mustard Seed, sondern auch in anderen Bars, die den Drink auf die Karte genommen haben.

So etwa Marco Beier, ehemaliger MIXOLOGY-Autor und Mitbetreiber der Bar Patolli in München, der den Cocktail im April auf sein monatlich wechselndes Menü nahm. Beier schwärmt zwar für den simplen, aber hochkomplexen Drink, räumt allerdings auch dessen spezielle Komponente ein: „Definitiv ein polarisierender Drink: Entweder man liebt ihn, oder man kann gar nichts damit anfangen. Im ersten Moment verwirrt der The Mustard Seed, da man Senf nicht mit einem Getränk in Verbindung bringt. Sobald die Banane aber die Schärfe wieder aufgefangen hat, ist der Cocktail ein herrlich süffiger Drink mit einem speziellen Kick.“

Aroma trotz wenig Alkohol

Zudem geht Beier darauf ein, dass es einigen Freunden stärkerer Drinks angesichts der alkoholischen Milde eventuell ein wenig an Kraft fehle: „Einziges Manko ist vielleicht, dass nur Liköre als Basis dienen. Manch einer mag den ‘Punch’ hintenraus vermissen. Ich würde die Rezeptur aber trotzdem nicht verändern.“ Doch gerade in den kommenden, sonnigen Tagen dürfte ein „Medium Cocktail“, der trotz seiner Leichtigkeit mit dichten, würzigen Aromen punkten kann, im Prinzip mehr als willkommen sein. Und keine Angst: Der The Mustard Seed schmeckt auch ohne Begleitung einer Nürnberger Rostbratwurst ganz herausragend!

* Nur für die Schweiz wird auch der klassische Suze mit 20% Vol. angeboten.

Credits

Foto: Foto via Tim Klöcker.

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