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The Old Jacob – endlich Bar in Bonn

Das wurde aber auch Zeit! Mit The Old Jacob eröffnete im Mai 2016 die erste ernst zu nehmende Cocktailbar auf hochwertigem Niveau in Bonn. Für einen ordentlichen Drink müssen Einwohner der ehemaligen Hauptstadt jetzt nicht mehr nach Köln fahren. MIXOLOGY ONLINE mit einem Lokalaugenschein zwischen Oceanside Fizz und Sazerac.

 

B.O.N.N. – die Bundesstadt ohne nennenswertes Nachtleben. So kursiert seit Jahren und Jahrzehnten der augenzwinkernde Abkürzungsscherz über das hübsche Städtchen am Rhein. Nette Straßencafés und idyllische Biergärten laden zur fröhlichen Einkehr, einige sehr gute Restaurants verwöhnen speisetechnisch den Gaumen. Alleine für Freunde gemixter Drinks bedeutet Bonn im letzten Jahrzehnt ein wüstendürres Niemandsland, spätestens seit der Schließung der Negroni Bar von Altmeister Helge Fechner in Poppelsdorf. Gut, das stimmt nicht ganz. Freunde der 1990er-Jahre können in den Gassen der Ex-Hauptstadt durchaus auf ihre Kosten kommen. Allerlei kneipige Einkehrmöglichkeiten mit vorwiegend karibisch anmutenden Namen und improvisieren Drinks, die zwar bunt und fruchtsaftorientiert anzuschauen sind, die aber von aktueller Trinkkultur so weit entfernt scheinen wie Ernest Hemingway von einem Virgin Colada. Dazu jene riesige Cocktailschwemme, die dereinst als „Meyer Lansky’s“ startete und über eine Zwischenphase als „Apricot“ zum „Shaker’s“ wurde, in der 400 Cocktails zwischen Cherry Lady und Sex on the Beach die Erinnerungen an das vergangene Jahrtausend anstupsen. Insider raten, bei den Spirituosen nach vergessenen Preziosen zu spähen.

DAHINSCHMELZEN?

Gut, die Gin & Tonic-Welle schwappte auch an den Rhein, und so verweist der Service eines jeden Restaurants stolz auf den lokalen Siegfried Gin. Aber die Ergebnisse kommen oftmals traurig daher. Wie jener Gin & Tonic in einem sehr angesagten Treff nahe dem Kaiserplatz, dessen Hohlkegel-Eiswürfel auf der Strecke vom Tresen zum Tisch beinahe gänzlich dahinschmolzen. Auf die Frage: „Was tut der Bonner, wenn er einen guten Cocktail will?“ konnte bislang die einzig zutreffende Antwort nur lauten: „Er fährt nach Köln.“

Selbst das pompöse Kameha Grand Hotel schloss relativ rasch die Pure Gold Bar und begnügt sich seither mit einer Lobby-Bar von durchschnittlicher Mittelmäßigkeit. Woran liegt es, dass Bonn so ausgehfreudig anmutet und getränketechnisch doch so genügsam und altbacken schlürft Universität, Telekom, UN und Post sind vor Ort, diverse Theater und sogar eine Oper offerieren kulturelle Vielfalt, selbst Craft Beer ist kein Fremdwort mehr. Der Verlust des Hauptstadt-Status kann es nicht gewesen sein. Nach dem Wegzug der Beamten mussten zwar die Briefmarkenläden und Nachtclubs schließen, die Ersatzorte mit Starbucks oder Sausalitos erfreuen sich aber größter Beliebtheit.

AM PILGERWEG

Doch Obacht: Die Korken dürfen endlich knallen, die Cocktail-Diaspora der Beethoven-Stadt hat ein Ende. Bonn liegt am Jakobsweg (ein Mythos besagt ja, dass der Name der Kölsch-Kellner – Köbes – sich von den Jakobus-Pilgern gen Santiago de Compostela ableitet), endlich darf auch der Cocktail-Pilger frohgemut den Wanderstab an den Barhocker lehnen und muss sein Heil nicht in anderen Metropolen auf dem Weg zum Grab von Jakobus dem Älteren suchen. The Old Jacob Bar drückt dem durstigen Wanderer kein Altes Testament in die Hand, sondern eine sehr junge Barkarte.

In der Tat ist die neue Bar nicht vom Apostel inspiriert, sondern vom viktorianischen Zeitalter und einem Hauch Bud Spencer, an den das Logo erinnert. Dennoch kommt der Tresen schon etwas altargleich daher. Die schönen Bar-Instrumente rings um Jigger, Shaker und Rührlöffel werden herrlich präsentiert und inszeniert, das Barteam mit Susi und Sembo vermag damit auch geschickt umzugehen. An der Wand der Bar hängen frische Kräuter, darunter Flaschen mit selbst gemachten Infusionen, das Eis stammt aus einer Hoshizaki-Maschine. Ringsum zieren alte Bilder und Landkarten die Wände und spielen mit Erinnerungen an das 19. Jahrhundert und relevante Persönlichkeiten der Getränke-Historie, wie Harry Johnson oder Don Facundo Bacardí.

JA ZUM JACOB!

Hübsche Old-School-Lampen, ein dunkler Holztresen und die Lederschürze des Bartenders verströmen ein wenig dezenten Saloon-Style. Ein halbes Dutzend Hocker bieten Platz am Tresen, entlang der Wand und an weiteren Tischen werden weitere Gäste platziert. Ein hübsches Hinterzimmer rundet die Räumlichkeiten ab und bietet auch einer größeren Gruppe von acht bis zehn Personen Platz. Ein kleiner Außenbereich ist ebenfalls vorgesehen.

Die Drinksauswahl offeriert saisonale Klassiker wie eine Auswahl an Mule-Varianten, aber auch eigene Inspiration steckt in den Drinks, die um die zehn Euro kosten und so für Bonn etwa zwei Euro über den üblichen Preisen liegen. Dafür erhält der Gast aber auch Premium Spirituosen und keine Supermarkt-Ware. Whiskey und Gin bilden das Herzstück des Sortiments. Sehr schön abgeschmeckt war der Oceanside Fizz mit Beefeater 24, Minze, Bitters, Zucker, Limette, Soda und einer Prise Salz. Gerne berät der Barchef individuell, und wo viele Bonner Barleute bei Boulevardier und Sazerac ratlos stutzen, nickt er wissend und greift zum Rührglas.

Auch für Bierfreunde ist The Old Jacob Bar geeignet. Ein Bild von einem Hahn hängt über den vier Zapfhähnen. Neben Pils und Kölsch wecken auch Biere von Brewdog, Anchor Brewing, Sierra Nevada und Ratsherrn die Neugierde des Publikums.

Die Eröffnungsphase soll zunächst die Abläufe einspielen. In Kürze folgt dann eine Erweiterung der Opening-Karte mit Punches. Auch Verkostungen und Seminare werden bald angeboten. Gut so. Einer muss ja endlich die getränketechnische Fortbildung Bonner Getränke-Gaumen übernehmen.

Credits

Foto: Foto via The Old Jacob Bar.

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