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Down the Rabbit Hole in der Sign Lounge

Die Bar des Jahres Österreich 2015: das breite Lächeln ist einladend und ansteckend, der ganze Raum schwingt voll positiver Energie. Und das trinkbare Goldfischbecken am Tresen verströmt die selbe schelmische Aura erwachsen gewordener Kindlichkeit wie der Gastgeber selbst. Durchatmen, ankommen, fallenlassen in ein Hasenloch gelebter Barkultur. 

 Wenn man die Glastüren der The Sign Lounge & Cocktailbar durchschreitet und den langgestreckten Tresen entlangmarschiert, stehen die Chance recht gut, dass Kan Zuo schon wieder ein neues Gadget ausgegraben hat oder mit einem überdimensionalen Gummifinger freudig zur Begrüßung winkt. Kaum eine Bar lässt einen so glücklich und sorglos zurück wie das Lokal im neunten Wiener Gemeindebezirk. Dass die Drinks dann auch mit dem Prädikat „Weltklasse“ auszuzeichnen wären, sei nebenher noch erwähnt.

Doch hier war nicht immer alles eitel Sonnenschein!

Gemeinsam mit einem ehemaligen Geschäftskollegen möchte der junge gebürtige Chinese ein Lokal eröffnen. Verträge werden unterzeichnet, Pläne geschmiedet, Geld zusammengekratzt — und über Nacht ist all dies mitsamt Business Partner verschwunden. Kan Zuo steht vor den Scherben eines vermeintlich spannenden Projekts. Doch statt die Sache an den Nagel zu hängen, beschließen Kan und seine Frau Xiabo Ma, besser Vollgas zu geben.

Jeden Morgen öffnet man die Türen und hofft auf Gäste, dankbare Abnehmer für Frühstück, Imbisse, ein offenes Ohr oder auch fürs Playstation-Spielen bis spät in die Nacht. Zuo hat Zeit, die er stets nutzt um seiner Leidenschaft für Cocktails und Bar nachzugehen. Andreas Obermaier, Urgestein der Wiener Bar-Szene und treuer Wegbegleiter, kommt regelmäßig auf dem Heimweg vorbei und wird Freund sowie Mentor. Dazu bieten die Erste Österreichische Barkeeper-Schule und die unendlichen Weiten des World Wide Web Information und Fundament zur ständigen Weiterentwicklung. Die Bar öffnet irgendwann nur mehr abends, klassische Mixed Drinks und kreative Cocktails rücken in den Fokus. Das Team und die Gäste wachsen zusammen, werden erwachsen.

In der Weltspitze angekommen

Heute ist das The Sign eine der besten Bars unserer Breiten und erfreut sich regen Zuspruchs seitens der Gäste sowie internationaler Kritiker. Der MIXOLOGY BAR AWARDS als Bar des Jahres Österreich 2015 oder die Ernennung Zuos zum Bartender des Jahres durch Rolling Pin sind dabei zwei markante Meilensteine des Erfolgswegs, die eine klare Sprache sprechen.

Während manche Ecken der sehr großen Lokalität früher dunkel und leer blieben, muss man heute schon in weiser Voraussicht einen Tisch reservieren, um besonders am Wochenende in den Genuss der Kreationen im The Sign zu kommen. Doch selbst bei dröhnendem Vollbetrieb und Unmengen an durstigen Gästen bleibt das Team rund um Kan, seine Frau und die „Familie“ gelassen, aber dennoch schnell und zuvorkommend.

Malerbrett oder Pinkelbub?

Die Drinks sind aufwendig, bunt, ausgefallen, modern. Der Barchef legt größten Wert auf die Balance seiner Getränke, möchte stets auch für neue Gäste einen sanften Einstieg in die Cocktailwelt bieten und hat so über die Jahre viele Stammgäste gewonnen. Und alle kommen sie wieder, haben sie erst einmal Blut geleckt und sich völlig verblüfft vor einem Malerbrett, in ein Glas „pinkelndes“ Männchen oder einer anderen, spektakulären Präsentation wiedergefunden.

Übersichtlich strukturiert kommt die Karte daher und geleitet nonchalant durch Kategorien wie „Art & Drink“ oder „Foodpairing“, wo jedes Getränk mit einem kleinen Street Food-Snack kombiniert wird.

Angesichts der verwendeten Qualitäten sind die Preise fair kalkuliert und bewegen sich im internationalen Rahmen – Cocktails erleichtern das Portemonnaie im Schnitt um 10 Euro, Premium-Qualitäten gehen darüber hinaus. Sattelt man die Rubrik „Maultier-Helden“, wird die Welt der Mules offenbar, und mit „Our Contribution“ oder „Unforgettable“ präsentiert man die Brücke zwischen Allzeit-Klassikern und neuen Eigenkreationen.

Weg von der Etikette!

Hier geht es nicht um Purismus, versteifte Etikette und gewohnte Normen. Wohlfühlen und Spaß haben steht im Mittelpunkt, ein Umstand, den Angebot und Nachfrage deutlich machen. Nicht die rarsten Spirituosen oder teuersten Champagner werden ausgeschenkt, man trinkt Cocktails. „Wir sind eine ‚Bar um die Ecke’, abseits breiter touristischer Trampelpfade“, so Kan. „Die Gäste nehmen extra den Weg auf sich, um zu uns zu kommen. Dafür sind wir sehr dankbar.“

Das Interieur und die Atmosphäre des Raumes fügen sich nahtlos in dieses Gesamtbild ein. Locker und ungezwungen stehen die schlichten Möbel aus Leder und Metall auf dem roten Kunststoffboden. Mit etwas Phantasie mag man sich der verruchten Geschichte des Lokals entsinnen, die lange vor Cocktails und Drinks hier geschrieben wurde.

Während unter der Woche zartere Klänge — Soul, Funk oder loungige Jazztöne — aus den Boxen fließen, heizen am Wochenende elektronische Klänge und die Menge an. Auch Live-Musik vom exzellenten „The Swinging Duo“ ist einmal monatlich zu hören.

Der Gastgeber-Gastgeber

Kan Zuo ist selbst stets präsent und hinter der Bar zu finden. Gemeinsam mit Martin Asche, Martin Ramberger und Malte Müffelmann, der zuvor seine Sporen in der Halbestadt bei Erich Wassicek verdient hatte, dirigiert er Shaker und Rührlöffel. Den smoothen Service sowie administratives Beiwerk leitet Ehefrau Xiabo mit feinster Handschrift.

Effizienz und Geschwindigkeit sind trotz der opulenten Dekorationen und aufwendigen Drinks unabdingbar. „Der Gast versteht vielleicht nicht, warum er zwanzig Minuten auf einen Drink warten müsste“, ist der Gastgeber überzeugt. „Wir wollen, dass alle, die zu uns kommen, glücklich sein können“.

Und dass dem so ist, macht ein Blick in die Runde klar. Man lässt sich tragen von der Musik und dem Klackern der Cocktailshaker und Gläser, die Stimmung ist ausgelassen, die Leute lachen, feiern, tanzen. Es ist ein Familienbetrieb, ein herzliches Miteinander des Teams und der Gäste.

Und wenn man wieder einmal mit Gummifinger und einem dicken Grinsen begrüßt wird, weiß man, dass man zu Hause ist.

Credits

Foto: via The Sign

Comments (1)

  • Michael Singer

    Rauchen: nein – und auf der Bar stehen Aschenbecher?

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