Endlich wieder Cocktail-Competition: Das Old Judge Tiki Match in Wien setzt ein Lebenszeichen
Wettbewerb? Challenge? Competition? Da war doch mal was… Einen der Eckpfeiler im internationalen Cocktail-Zirkus hat Corona ebenfalls gekillt. Doch beim „Old Judge Tiki Match“ in Wien wurde endlich wieder live gemixt. Ein Lebenszeichen mit Wehmut – und einem würdigen Sieger.
Ja, auch wir haben immer wieder gemosert über Aufgabenstellungen, verkatert-unvorbereitete Teilnehmer und knausrige Sponsoren. Und Ian Burrells Videoclip gewordener Rant „How to lose a cocktail competition” darf sowieso zu den wenigen Klassikern unter den Bartender-Clips gezählt werden. Doch seien wir ehrlich: Im fünften Monat ohne echten Shake-Wettbewerb vermisst man selbst nervige Jury-Fragen während einer „Speed and Taste“-Challenge. Das war der erste Eindruck beim „Tiki Match“, das Julia Kub und Markus Altrichter entgegen aller Widrigkeiten im Rahmen in Wien stemmten.
„Old Judge Falernum“ versammelte nicht nur eine Fülle an Rum-Marken und anderer Sponsoren (der Guavesirup von Real feierte sogar so etwas wie seine Europa-Premiere beim Bewerb), sondern konnte auch ein österreichisches und deutsches Finale ausrichten. Da kann man den Tropenhelm ziehen vor!
Geschwindigkeitsrekorde und Piratenträume
Denn die aus Mannheim, Karlsruhe und Rust angereisten Tiki-Musketiere machten es bis zuletzt spannend. Marco Lamonaca („Roof“ im Radisson Blu), Lennart Geist („The Door“) und Vitomir Sluga (Europapark) taten alles, um die unfassbare Bestzeit von Marcel Katzer („Moby Dick“, Wien) beim Corn n‘ Oil zu unterbieten. 19,28 Sekunden brauchte der Wiener für die beiden Drinks, doch auch mit jeweils knapp über fünfundzwanzig Sekunden ließ die deutsche Equipe nichts anbrennen. Nur Patricia „Trish“ Vankusova (Roberto‘s) war in dieser Disziplin noch schneller. Natürlich entschieden jedoch auch Füllstand und identär Geschmack, bewertet von Michael Kreuzer („Frau Dietrich“) und Roland Graf (MIXOLOGY). Und da war dann Geschwindigkeit doch nicht alles.
Nach dem teilweise recht schlüpfrigen Schnell-Gemixe kam echte Stimmung bei der Punchbowl-Challenge auf. Da wurden alle Register gezogen, und der an sich schon eskapistische Tiki-Geist belebte Urlaubsdestinationen, die man in diesem Jahr nicht bereisen kann. So beschwor „Captain Jack Swallow“ alias Thomas Vitek karibische Pirateninseln fast schon outrierend. Dass Korsaren nicht in die Schule gehen, lernte man wiederum bei Vitomir Slugas Bowl. Wie das Tiki-Gefühl auf der Donauinsel zelebriert wird, veranschaulichte Maurizio Mayer (vormals: „Porto“, Wien): „Ich stelle mir einen Mitte-40-Jährigen im Klappstuhl und mit leichter Wampe vor, der eine gute Zeit hat.“ Besonderer Gag: Sein von den Worten des Strauss’schen „Donauwalzers“ inspirierter Vierer-Serve „Bowle so blau“ war eigentlich grün – „so wie auch die Donau heute“.
Urlaubsersatz Falernum mit viel Symbol-Kraft
Den Grenzgang zwischen Tiki-Wahnsinn und Wettbewerbsussancen lieferte in der „Bar Campari“ dann Vankusova, die nicht nur die Sonnencreme dick auftrug. Mit Strand-Spielzeug angerührt und im Sand-Förmchen serviert, ließ sie am Ende keinen Zweifel am Lebenswillen und der Lebensfreude der Bar-Community. Rumgereichtes Spendenglas fürs Urlaubsgeld inklusive! Der Lohn in Form des real existierenden Palmenambientes im Tiki-Match-Finale blieb dieser Performance aber versagt.
Im eigens errichteten Tiki-Dorf des Cocktailfests Liquid Market matchten sich um die besten „Zombie“-Variante Marcel Katzer, Maurizio Mayer und Marco Lamonaca. Doch man hatte auch ohne „M“ als Initiale Siegeschancen. Das bewies James Keegan Juarez Matos („Stollen 1930“, Kufstein). Der Tiroler trat zum dritten Mal die Reise zu Oldjudge an – und kam prompt ins Finale der letzten Vier. Wenn man ein Herz für Symbolik hat, konnte man auch das als Triumph der Beharrungskräfte einer gebeutelten Branche lesen.
Zweikampf im Hawaii-Hemd um das Tiki Match
Am Ende ergab sich ein spannender Zweikampf für die Jury (u. a. Nicolai Augustin, „The Real McCoy“), Marcus Philipp („The Chapel“, Wien) und Matty Vinnitski („Matiki“, Wien), der zugleich ein Ländermatch wurde: Sonnenschein und Lokalmatador Marcel Katzer versus Mannheimer Präzisionsmixologie von Marco Lamonaca. Und selbst der Preis, den die Falernum-Macher Kub und Altrichter auslobten, hatte eine symbolische Kraft. Denn um 1.000 Euro darf der Gewinner eine Reise antreten, sobald das wieder sicher ist – –und der Abflug wird wohl in Wien-Schwechat erfolgen, denn das bessere Ende hatte am Ende Moby-Dick-Bartender Marcel Katzer für sich. Ob es wohl zum Whale watching gehen wird?
Roof-Barchef Lamonaca ging dafür mit einem Shaker nach Hause. Natürlich aus Bambus )von bambam.cc) – wie es sich für das rundum lebensfrohe Tiki Match gehört.
Credits
Foto: Wolfgang Schmid