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Im Interview: Michael Mattersberger möchte mit „True Spirits“ für Transparenz sorgen

Klarheit nimmt er bei Destillaten jetzt wörtlich: Nach Jahren im globalen Spirituosen-Marketing widmet sich Michael Mattersberger vom Salzburger Örtchen Adnet aus seiner globalen Community „True Spirits“, das als eine Art Zertifizierungssiegel gegen Marketing-Lügen dienen soll. Ein Gespräch über die flüssige Wahrheitssuche.

Wenn Michael Mattersbergers Traum aufgeht, dann schafft er eine Parallelwelt des Guten, Schönen und Hochprozentigen. Wenn nicht, dann wollte er eindeutig zuviel. Denn „True Spirits“ schaffte nach monatelangen Vorarbeiten, die nicht nur in die digitale Machbarkeit flossen, ein geschlossenes System. Oder auch eine Achse der Guten, eine Liga der außergewöhnlichen Gintlemen bzw. die Raiders of the Lost Chinchona Bark.

In diesem Kosmos jedenfalls tauschen sich im Idealfall alle aus, die mit Spirituosen zu tun haben. „Schnapsholder“ statt Stakeholder, gewissermaßen. Doch es soll keine digitale Quatschbude werden, sondern ein Kommunikationskanal, der zielgerichtete Importeurs-Ansprache vereinfacht, Journalisten-Bemusterung ermöglicht, aber auch impliziter Lügendetektor für Marketingbehauptungen sein will. Ziemlich viel also, was man sich im Salzburgischen da vorgenommen hat. Warum es aber ein komplexes Tool braucht, um etwas Einfaches – das Spirituosen-Handwerk – zu erhalten, erläutert „Mister True Spirits“ in einem Interview mit MIXOLOGY Online.

MIXOLOGY: Lieber Michael, nach Deinen internationalen Engagements (u. a. Haromex, Koval) bist Du mit „True Spirits“ gestartet. Behaupten denn nicht alle Hersteller, das einzige, das „wahre“ Destillat zu machen?

Michael Mattersberger: Wie überall im Leben treffen die Behauptungen leider oft nicht auf reale Fakten zu. Durch meine Erfahrung und die Aktivität am internationalen Markt habe ich einfach sehr viele Täuschungen durch fehlende Marketingtransparenz erlebt. Die Branche und der Verbraucher achten aktuell rein auf das Produkt und werden oft durch eine nur im Marketing geschaffene „Handwerkskunst“ bewusst getäuscht. Unsere Branche wird von Kultur, Tradition und Handwerk dominiert und genau das gehört auch weiterhin bewahrt.

MIXOLOGY: Im Grunde habt ihr ein globales Netzwerk für „ehrliche“ Brenner geschaffen. Was bringt das denen, von Vertriebskontakten einmal abgesehen?

Michael Mattersberger: Unsere B2B-Plattform ist nicht nur auf die Expansion der Spirituose ausgerichtet, sondern deckt die Vermarktung, Vernetzung, B2B-News und Kommunikation zwischen Spirituose, Importeur, Medien und Supplier ab. Das klare Ziel von „True Spirits“ ist es, allen Bereichen Zeit und Kostenersparnis zu generieren und deren tägliche Arbeit erleichternd und effizient zu unterstützen. Zusätzlich stehen wir allen Partnern für alle Fragen persönlich zur Seite.

Für Importeure und Medien stellt unsere Verifizierung eine Sicherheit dar, dass die transportierten Marketinginformationen der Spirituosen auch auf Fakten basieren. Denn genau diese beiden Bereiche tragen ja auch die Verantwortung gegenüber ihren Kunden und Lesern, dass die Recherchen auf realen und ehrlichen Grundlagen beruhen.

»Wir möchten lediglich, dass einfach die Wahrheit vermarktet wird, wer man ist und dass das Vertrauen der Kunden nicht missbraucht wird. Wir decken hier nichts auf, sondern geben nur eine Hilfestellung durch unsere Verifizierung.«

— Michael Mattersberger

MIXOLOGY: Als Dienstleistung klingt das recht abstrakt – hast Du konkrete Beispiele, was der Destillateur in der Eifel oder aus dem Waldviertel nur bei euch bekommt?

Michael Mattersberger: Wir verbinden das benötigte Wissen aus unterschiedlichsten Bereichen, haben klare Membership-Strukturen mit kalkulierbaren Kosten und optimieren gemeinsam mit unseren Partnern ihre internen Abläufe. Mit unserem Tool erfolgt die Partnersuche zielorientiert sowie mit hoher Zeit- und Kostenersparnis. Die B2B-Plattform verändert den klassischen Weg der Partnersuche und eröffnet allen Partnern die Nutzung eines zeitgemäßen, digitalen Weges. Persönlich ist „True Spirits“ auf Messen vertreten, wo wir wiederum eine sehr gute Schnittstelle zwischen Spirituose und Veranstalter sind. Ein Beispiel ist die „True Spirits“-Area am Vienna Rum Festival und am „Liquid Market“ in Wien. Wir sind mit mehr als 60 Ständen, 21 interaktiven Masterclasses und mehreren Bühnentalks vor Ort. Hier kann man unsere Community persönlich kennenlernen.

MIXOLOGY: Ein Anliegen ist Dir der Kampf gegen Marketing-Lügen. Aber wie sehr kannst Du auch hinter die Kulissen eines neuen Kunden schauen?

Michael Mattersberger: Ich würde das nicht als Kampf bezeichnen! Wir möchten lediglich, dass einfach die Wahrheit vermarktet wird, wer man ist und dass das Vertrauen der Kunden nicht missbraucht wird. Wir decken hier nichts auf, sondern geben nur eine Hilfestellung durch unsere Verifizierung. Wir haben hier klare Abläufe in der Überprüfung und zusätzlich sichern wir die bestandene Überprüfung mit einer klaren Vertragsklausel. Wenn wir dennoch bewusst getäuscht werden würden, dann könnten wir das auch ganz klar global über unsere Medienpartner kommunizieren. Dieses Risiko wird man wohl nicht eingehen, da dadurch die aufgebaute Seifenblase platzen würde und man würde sich ja selbst Schaden zufügen. Außerdem agieren wir immer transparent und genau das erwarten wir einfach auch von unseren Partnern.

»Wir müssen langsam darauf achten, dass wir unsere Kultur in der Spirituose nicht verlieren. Wir sprechen zu oft nur noch über die großen Kategorien, anstatt den kleinen, teilweise sehr innovativen, nationalen Spirituosen, unsere Aufmerksamkeit zu schenken.«

— Michael Mattersberger

Michael Mattersberger nimmt mit „True Spirits“ Marketinglügen ins Visier

MIXOLOGY: Die so genannten „non distilling producers“ sind in einigen Kategorien (Rum, Whisk(e)y) ein wichtiger Faktor. Wie hältst Du es mit denen?

Michael Mattersberger: Definitiv sind diese Partner ein wichtiger Faktor, denn genau auf dieses Bewusstsein setzen wir! Der „unabhängige Abfüller“, welcher Produkte durch seine eigene Reifung in Lagerstätten personalisiert, hat ja auch einen maßgeblichen Anteil beim Erfolg vom Single Malt und Rum. Wir haben auch klare Marken im Netzwerk, welche in keiner Weise den Status eines Produzentens vorspielen. Leider tragen viele Etiketten Informationen wie: „Produzent oder unabhängiger Abfüller“ ohne jegliche Handwerkskunst dahinter. Leider werden auch von „non distilling producers“ ohne jeglichen Hintergrund und Tradition erfundene Fantasiegeschichten vermarktet und durch dieses Marketing stellen sie sich dann auf den Status eines Produzenten. Genau so etwas befürworten wir nicht und deshalb passt das ganz klar nicht in unser Konzept.

MIXOLOGY: Abgesehen von „True Spirits“: Wie siehst Du als langjähriger kritischer Marktteilnehmer die globale Spirituosen-Landschaft aktuell?

Michael Mattersberger: Wir müssen langsam darauf achten, dass wir unsere Kultur in der Spirituose nicht verlieren. Wir sprechen zu oft nur noch über die großen Kategorien, anstatt den kleinen, teilweise sehr innovativen, nationalen Spirituosen, unsere Aufmerksamkeit zu schenken. Dies kann man aktuell auch in ganz Europa im Bereich Whisky verfolgen. Wer soll denn das alles trinken?

Der Verbraucher soll einfach auch wissen, was er trinkt und was wirklich hinter den Spirituosen selbst steckt. Ein großes Problem ist da die Vermarktung über die Social Media-Kanäle. Da kann man sich darstellen, wie man es möchte. Das passiert natürlich nicht immer, aber leider dennoch viel zu oft! Mit zusätzlichen gesetzlichen Bestimmungen wird die Transparenz zwar weiter gefördert, aber das ist nur auf die „Flüssigkeit“ bezogen. Was ehrliche Unternehmen dann nur teilweise schützt.

MIXOLOGY: Und wie steht es um die deutschsprachige Szene?

Michael Mattersberger: Die ist aus meiner Warte super spannend und zukunftsorientiert. Ein gutes Beispiel sind Obstbrände, die wohl höchste Kunst der flüssigen Veredelung von Früchten. Ein gewisses Miteinander hat hier definitiv gefehlt, um den internationalen Kunden den Fokus auf die Produktion zu vermitteln. Es wird zwar oft über Qualität gesprochen, aber genau diese muss erstmal verstanden werden. Und erst wenn dieses Umdenken stattgefunden hat, kann und wird die Spirituosenlandschaft sowohl regional, als auch global die Wertschätzung erfahren. Mit diesem Produktionswissen, das sicherlich stark auf die Maische ausgerichtet ist, werden heute auch internationale Spirituosen-Kategorien produziert. Diese sind aber von der Handschrift der nationalen Handwerkskunst geprägt. Ich persönlich denke, hier haben wir im Bereich der Reifung noch Potential die Qualität zu erhöhen. Aber ich sehe deutschsprachige Produkte als überaus trinkfreudig und qualitativ hochwertig.

MIXOLOGY: Lieber Michael, danke für das Gespräch.

Credits

Foto: True Spirits

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