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US Craft Beer

US-Craft Beer und Bourbon in Wien

Die Augen waren groß, die NSA-Witze zahlreich: Wiens US-Botschafterin Alexa Wesner hatte ihre beeindruckende Residenz für die Leistungsschau der US-Drinkbranche geöffnet. Bourbon und Craft Beer stahl den kalifornischen Edel-Merlots (etwa von Shafer und Caymus) die Show – was nicht nur an den sommerlichen Temperaturen lag.
Ob man in Boulder/Colorado viel Lessing liest? “Wir wollen weniger erhoben und fleißiger getrunken sein“, könnte man frei nach Gotthold Ephraim L. nämlich auch vom Craft Beer aus jenem Land sagen, in dem der Boom der Rückbesinnung aufs Brauerhandwerk und die Revolte gegen Uniform-Sude begann. Robert D. Pease, Chief Operating Officer der amerikanischen Brewers Association legte in Wien die zwiespältige Bilanz seiner Organisation, der immerhin 2.200 Handwerksbrauer nach US-Definition vertritt, vor. „Fast täglich eröffnet eine neue Brauerei“, so der in Colorado ansässige Standesvertreter zum ungebrochenen Boom. Gegen den Trend des insgesamt rückläufigen Biermarktes legten seine Mitglieder beim Verkauf im Vorjahr am Inlandsmarkt sogar zu.
Schwedens Bier-Durst
Die Brewers Association hat aber auch den Export seit 2003 um fast 2.000 % (!) gesteigert, im Vorjahr verließen 282.526 Barrels die Vereinigten Staaten. Dennoch gibt es genug zu tun in „good old Europe“; denn in der Mengenstatistik, die alle Länder über 2% Exportanteil anführt, scheint abgesehen von Großbritannien (8%) und Schweden (nimmt satte 15% des Gesamtexports auf!) kein europäischer Staat auf. Anders gesagt: Selbst Korea und China trinken mehr US-Craft Beer als Deutschland. In der Suche nach Gastropartnern und Importeuren für die Getränkewirtschaft lag durchaus auch einer der Gründe für die prominente Art dieser Präsentation, so Andrea Fennesz-Berka vom Büro für Landwirtschaftsangelegenheiten der US-Embassy, die gemeinsam mit dem Magazin Falstaff umgesetzt wurde.
Dies betrifft vor allem die boomende Bourbon-Szene, die Frank Coleman vom Distilled Spirits Council vertrat. Vierzehn Häuser, darunter viele Rye-lastige Vertreter, suchten vor Ort nach einem Österreich-Vertreter. Das Vernetzen gelang jedenfalls gut, sowohl bei den Bierimporteuren, als auch den Bartendern; Neben Erich Wassicek (Halbestadt), Lukas Hochmuth (Ritz-Carlton) und Christian Ebert (Ebert’s Bar) schaute auch Jan Pavel (Fabio’s) bei „Barfly’s“-Kollegen Tom Sipos vorbei, der die Jack Daniel’s-Bar (inklusive der Limited Edition „Sinatra“) betreute. Pläne für einen eigenen Auftritt beim Berliner Bar-Convent besprachen hingegen mit Blick auf den Pool die Craft Beer-Importeure Sigrid Wiegand (Ammersin/Wien) und Anton Dérer (Dérer Import/Berlin).
Das „Gonzo“-Ale
Potential für ein kräftiges Lebenszeichen der „Craft Beer-Wiege“ gibt es jedenfalls. 93 Biere von 25 Brauereien wurden im 13. Bezirk verkostet, vom ikonischen „Sierra Nevada“ über das mit sieben Hopfen gebraute Pale Ale der Rogue Brewery/Oregon bis zum recht trinkanimierenden Barley Wine „Old Foghorn“ der „Anchor Brewery“/San Francisco. Dafür, dass auch Einsteiger in die Kreativbrauszene bedient wurden, sorgte unter anderem das mild gehopfte „Midas Touch“ aus Delaware von der Dogfish Head Brewery. Besonders gerne schenkte Pease natürlich das „Flying Dog“ ein, dessen Etiketten der Brite Ralph Steadman gestaltet hat. Denn der illustrierte auch die Klassiker von Peases Landsmann Hunter S. Thompson. Und wie sagte der Meister, auf den natürlich angestoßen werden musste, in seinem Artikel zum Launch eines Flying Dog-Bieres („Ale According to Hunter“) so schön: „Ale has long been the drink of thugs, convicts, rowdies, rakes and other depraved outlaws who thrive on the quick bursts of night-energy that ale brings”. Bevor man zuviel von der Nachtenergie tanken konnte, schlossen sich aber die Tore des Botschaftsgartens um 19 Uhr auch schon wieder.
 

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