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windspiel sloe gin

Die MIXOLOGY-Verkostungsrunde April 2017

Der Windspiel Sloe Gin verzückt die Redaktion. Ebenso überzeugen können der neue Eversbusch’s Doppelwachholder 1817 und Kano Sencha Eistee. Die erste MIXOLOGY-Verkostungsrunde im Frühling ist da!

Es wird allmählich wärmer – wächst da vielleicht die Lust auf einen Sloe Gin Fizz mit Schlehenaromen vom letzten Winter? Der neue Windspiel Sloe Gin zumindest lässt der Redaktion das Wasser im Munde zusammenlaufen. Zunächst jedoch eröffnen wir die monatliche Verkostung – wie immer – mit etwas Alkoholfreiem.

Kano Bio Eistee Sencha

Noch neu auf dem wachsenden Markt mit Alkoholfreiem ist Kano. Das Unternehmen mit Sitz in München verspricht Eisteegenuss ohne Zusatzstoffe und mit vollkommen natürlichem Geschmack. Zu haben in den Sorten „Mate“ (Südamerika), „Roiboos“ (Afrika) und „Sencha“ (Japan), nahm sich die Verkostungsrunde letztere Qualität zum Tasting vor.

Neben Sencha-Tee komplettieren u.a. Hopfen, Melisse, Ingwer, Baldrian, Kamille und ein Hauch Zitrus den Kano-Eistee, gesüßt wird nur minimal – und auch das nur als Zugeständnis der Hersteller, die meinen, komplett ungezuckerter Eistee sei nicht vollständig. In der Tat verspricht das Etikett nicht zuviel: Die Nase des Kano Sencha ist blumig mit klaren Grünteenoten, flankiert von erdiger Kamille und einer deutlichen Frische aus der Melisse. Überaus anregend, aber kein Stück aufdringlich! Im Mund schlank, tatsächlich sehr trocken, frisch und mit präsentem, würzigem Sencha und dazu korrespondierender feiner Bittere. Sehr guter Premix-Eistee, sowohl als purer Erfrischer, aber auch als Filler-Alternative für sommerliche Highballs. Einzig die komplette Abwesenheit von einer Spur Kohlensäure wird von einigen Verkostern bemängelt – diese könnte dem Kano unter Umständen noch zu etwas mehr Präsenz verhelfen. Aber das soll das positive Urteil nicht schmälern.

Limoncetta di Sorrento

Limoncello ist zugegebenermaßen ein zweischneidiges Schwert: Einerseits ist der traditionelle italienische Zitronenlikör wesentlich weniger schlimm als der Ruf, der ihm oft vorauseilt. Andererseits bleibt er an der Bar bis heute ein rotes Tuch – obschon einige traditionelle Hersteller ihre Qualitätsprodukte jüngst bewusst in Richtung Cocktailkultur positionieren. Der Limoncello  (der auf dem Etikett die Bezeichnung Limoncello nicht führt), wird ausschließlich mit Zitronen aus dem Sorrent hergestellt, einer der weltweit bekanntesten Regionen für beste Früchte.

Erfreulich auch gleich das Nosing: Die bei minderwertigeren Abfüllungen häufig anzutreffende Barreiniger-Note glänzt durch Abwesenheit, stattdessen tritt die Zitrusfrucht durch eine kraftvolle, zestige Frische zutage, fast wie ein Sherbet oder Ölzucker – fast meint man eine Bitterkeit zu riechen! Im Mund ist er angesichts der 30% Vol. überraschend mild und von einer schönen Cremigkeit. Freilich macht sich die Süßung deutlich bemerkbar, im Vergleich zu anderen Vertretern der Kategorie ist er jedoch geradezu trocken. Das Zitronenaroma ist knackig, kernig und sehr natürlich – lediglich mit einer gewissen alkoholischen Schärfe im Finish. Wer Limoncello bislang skeptisch gegenüberstand, aber die Materie interessant findet, könnte hier etwas finden.

Windspiel Sloe Gin

Keine Frage: Das Haus aus der Vulkaneifel hat es in Sachen Design einfach raus. Der neue Windspiel Sloe Gin fügt sich da nahtlos in die Produktrange mit dem Windhund ein, das Label zieren diesmal farblich zum Inhalt passende, stilisierte Schlehenranken. Nicht fehlen darf natürlich ebenso der metallene Ring am Flaschenhals, der das Fähnchen mit dem Verweis auf den „Kartoffelbefehl“ Friedrichs führt. Denn wie auch beim Dry Gin und dem Windspiel Vodka basiert auch der Schlehenlikör auf einem Brand aus den Kartoffeln vom Eigenanbau – gleiches gilt übrigens für die verarbeiteten Schlehen.

Gleich zu Beginn manifestiert sich der Anspruch des Windspiel Sloe Gin: Der Duft ist maskulin, wacholdrig und harzig. Der Sloe Gin betont also eindeutig die „Gin-Seite“, wenn er am Ende auch ein Schlehenlikör ist. Dazu passt auch der vergleichsweise hohe Alkoholgehalt von 33,3% Vol. Zum Wacholderduft des Windspiel Sloe Gin gesellt sich dann allerdings eine dunkle, volle Tönung von Zwetschgenkonfitüre, ein anregendes Bouquet. Diesen Eindruck kann der Windspiel Sloe Gin auch auf den Gaumen transportieren: Der Alkohol macht sich bemerkbar, der Likör ist leicht adstringent und feinsäuerlich. Man scheint auf eine Akzentuierung der natürlichen Säure der Schlehen gesetzt zu haben, um sich von vielen arg süßen Vertretern der Gattung abzugrenzen. Insgesamt auch hier ein sehr natürlicher, „pflaumiger“ Charakter, auch in der retronasalen Ebene, unterstrichen von der herben Würze des Gins. Ein toller Sloe Gin, gerade für einen Einsatz in Cocktails durch den niedrigeren Zuckergehalt hervorragend geeignet. Wie immer bei Windspiel zu einem durchaus stattlichen Preis – aber vollkommen zu Recht

By The Dutch Genever

Schon wieder By The Dutch! Nachdem die Redaktion in der letzten Runde hellauf begeistert war vom Batavia Arrack des niederländischen Unternehmens, kommt diesmal der Oude Genever auf den Tisch. Die Gattung ist dieses Jahr im deutschsprachigen Raum so stark im Fokus wie noch nie zuvor, das Interesse am historischen Vorläufer des Gins wird immer größer – keine Wunder, geht es doch in vielen Fällen darum, sich historischen Rezepturen möglichst originalgetreu anzunähern. Und da führt kein Weg vorbei am aromatisierten Kornbrand.

Der Genever von By The Dutch ist einer im „Oude“-Stil, d.h. ein beträchtlicher Teil des Alkohols ist auf Malzbasis entstanden. Im Konkreten bilden Brände aus Gerstenmalz, Roggen und Mais die Grundlage für den Genever aus Wacholder, Anis, Zitrus und anderen Botanicals. In der typischen Genever-Stärke von 38% Vol. gehalten, geht das erste Nosing in Richtung reifer Birne, Zitrus, Blüten, Banane und ein wenig Nelke. Der Geschmack des By The Dutch Genever ist ein wenig flüchtig, aber komplex und würzig: Leicht estrige Fruchtigkeit trifft auf viel weihnachtliche Gewürze wie Zimt, Anis, Kardamom und abermals Nelke. Dazu kommt eine leichte malzige Süße und in Richtung Rachen auch eine wacholdrige, leicht medizinale Harzigkeit, ebenso verstärkt sich die Frucht. Das Finish ist samtig und dicht. Dürfte herausragend in einem „sahnigen“ Martinez funktionieren.

Bozal Mezcal Espadín/Barril/Mexicano Joven

Ein absoluter Blickfang in jedem Regal könnte die Flasche des Bozal Mezcal fraglos sein. Durchgängig aus Steinzeug gefertigt und mit Korken versehen, macht sie einen urigen und dennoch edlen Eindruck, die rötliche Färbung trägt ihr Übriges bei. Nach der Listung von Pasote Tequila bleibt das Bremer Spirituosen Contor mit der Neueinführung vom Bozal (beide über 3 Badge Mixology aus den USA) definitiv am Ball in Sachen Agavenbrand. Als wichtigste Mezcal-Gattung bleibt weiterhin die Sorte aus Espadín-Agave (hier ergänzt um Barril und Mexicano) in der Joven-Version, also ungereift.

Sehr typische, aber für einen Espadín überraschend deftige Noten bestimmen das Aromenprofil des Bozal: Viel Rauch, auch Bacon und Asche treten zutage, dazu eine Spur kandierter Orangen. Vor allem aber prägt eine klare Note von Tabak den Geruch, später begleitet von mineralischen Quartz-Nuancen. Dieses vollmundige, komplexe Versprechen kann der Bozal zwar in den Mund transportieren, allerdings verliert er ein klein wenig. Die Frucht verschwindet fast komplett, es offenbart sich nun die Mexicano-Variante durch krautige Noten etwas mehr, getragen von einer recht deutlichen Alkoholnote. Prägnant und kraftvoll, sehr durchsetzungsfähig und mit einem konzentrierten, langen Abgang.

Eversbusch Doppelwachholder 1817

Doppelwacholder ist derzeit wahrlich in aller Munde: Nicht nur, dass viele Bars ihr Gin-Angebot durch einen klassischen, deutschen Doppelwacholder ergänzen, die Berliner Bar am Steinplatz machte gar jüngst von sich reden, da sie allen Gin auslistet und künftig nur noch auf Doppelwacholder setzt. Das neue Pouring-Produkt ist dort der Brand aus dem Traditionshaus Eversbusch aus Hagen. Jüngst hat man dort zum 200-jährigen Jubiläum eine neue Abfüllung, quasi in Navy Strength herausgebracht: den Eversbusch’s Doppelwachholder 1817 (das doppelte h ist so gewollt, Anm.), benannt nach dem Gründungsjahr.

Und man kann es nicht anders sagen: Der Eversbusch Doppelwachholder 1817 duftet einfach unheimlich dicht und ätherisch nach grünem Wacholder. Anregend, zestig, ölig und dicht – ein grandioses Bouquet, das die Tonkrugflasche preisgibt. Dazu eine Ahnung von Limette sowie eine tiefe Komponente, die an Anis und Fenchel erinnert. Im Mund dann ebenso füllig, mit starker, öliger Adstringenz aber gleichzeitiger Milde, glänzt der Eversbusch Doppelwachholder 1817 dort mit einer tollen Viskosität, die ihn gerade auch für klassische Gin-Cocktails zu einer aufregenden, durchsetzungsfähigen Alternative machen dürfte. Pur durch seine enorme Dichte sicherlich nicht gerade etwas für den kompletten Neuling, aber hervorragend!

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Credits

Foto: Foto via Sarah Liewehr.

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