Die MIXOLOGY-Verkostungsrunde April 2018
Wir testen das Organics by Red Bull Tonic Water. Außerdem hocherfreulich: der Cold Brew X Coffee Liqueur aus der Berliner Röststätte. Die MIXOLOGY-Verkostungsrunde freut sich über den Frühling und hat einige Schmankerl mit an Bord.
Zum zweiten Mal in diesem Jahr tritt unsere Testrunde zusammen um neue Produkte unter die Lupe zu nehmen. Den Anfang machen wir, genau, mit dem vielleicht kontroversesten Filler der letzten Monate. Prost!
Organics by Red Bull Tonic Water
Seit einigen Monaten ist die Organics by Red Bull-Range bereits auf dem Markt, jetzt nimmt der österreichische Riese den deutschen Markt der Sodas ins Visier. Die Runde nimmt sich das für die Bar interessanteste Produkt vor, das Red Bull Tonic Water. Freilich: Es kommt in der Dose, ein anderes Packaging ist nicht vorgesehen. Gleichzeitig funktioniert damit die intendierte Einbettung in die durch die Cola initiierte Range der „Organics“ – wie auch die anderen Sorten, also Cola, Bitter Lemon und Ginger Ale, ist das Red Bull Tonic Water ausschließlich aus natürlichen Zutaten hergestellt.
Dieser Umstand mach sich auch gleich im Aussehen bemerkbar: Das Red Bull Tonic Water hat eine deutliche Gelb-Tönung, was ein klarer Verweis auf die Verarbeitung naturbelassener Chinarinde sein dürfte. Der Duft ist mit leicht erdigen Tönen vor allem geprägt durch florale und zestige Noten, besonders von Bergamotte und Grapefruit. Dazu ein leicht parfümierter Eindruck. Im Mund ist das Red Bull Tonic Water dank feinperliger, aber zurückhaltender Kohlensäure dann überraschend voluminös, auch vergleichsweise süß – den Wettlauf ums trockenste Tonic überlassen die Österreicher anderen Herstellern. Generell ist das Red Bull Tonic Water am Gaumen sehr fokussiert mit nur wenig Seitenaromen und einer mäßigen Bittere. Ein gutes Einsteiger-Tonic, das allerdings vielen heutigen Puristen zu sehr auf der süßen Seite stehen könnte.
250 ml, 0% Vol., ca. € 1,99
— redbull.com
Röststätte Cold Brew X Coffee Liqueur
Schon lange zählt die Berliner Röststätte in der Ackerstraße zu den wichtigsten hauptstädtischen Kaffee-Adressen. Seit Kurzem nun bereichert ein hausgemachter Kaffeelikör das Portfolio der Berliner. Der Anspruch dahinter ist klar: Ein echter Premium-Likör auf Basis von kalt extrahiertem Kaffee und guatemaltekischem Rum soll dort in die dezente Apothekerflasche wandern, das handwerklich-schlichte Etikett untermauert dieses klaren Ansatz.
Und dem wird der Cold Brew X auch vollends gerecht: Mit charakteristischer leichter Trübung und schöner Bindung schwenkt er im Glas und verströmt hochkomplexe Aromen von Mokka, Kakaobohne, Zimt, Rosinen, Kardamom und Orangenzeste. Das macht Lust auf mehr! Dieses Niveau kann der Likör auch geschmacklich halten, zunächst durch seine fein austarierte, karamellige Süße, die gemeinsam mit der deftigen, schokoladigen Bitterkeit geradezu eine positive Assoziation in Richtung von Storck Riesen erzeugt. Mit der Zeit gesellt sich eine feine Nussigkeit zum Aroma, die sanfte, röstige Bitternote rundet besonders das Finish vom Cold Brew X ab und verleiht ihm Schlankheit und Eleganz. Ein großartiger Kaffeelikör, von einem der Tester gar als der beste bezeichnet, den er jemals probiert hat.
500 ml, 20,7% Vol., ca. € 34,90
— coldbrewx.com
Märkisch Kräuter
Einen zweifellos edlen, markanten Auftritt hat die schwarze Flasche des klaren Kräuterlikörs aus dem Hause Märkisch Spirituosen aus Potsdam. Die Flasche wird geziert durch einen stilisierten Baum (wohl ein Nadelbaum) – die Runde freut sich entsprechend auf waldige Aromen.
Diese Erwartungen kann der Likör beim Nosing definitiv erfüllen. Die Nase macht in der tatsächlich glasklaren Spirituose eine gehörige Portion Pinienharz aus. Dazu kommt an Limettenzeste erinnernde Frische, flankiert mit Thymian, Blütenhonig und einer winzigen Prise Muskat – ein anregendes, appetitliches Aromenprofil. Leider hält der Märkisch Kräuter dieses Level beim Geschmack nicht wirklich. Der Likör tritt auf der Zunge allzu alkoholisch auf, ebenso macht die recht starke Süße einen pappigen, kristallinen Eindruck. Hinzu kommt, dass die zuvor so schön aufgefächerten Aromen sich leider kaum weiter verlängern und der Märkisch Kräuter mit einem recht dünnen Finish ausläuft.
500 ml, 38% Vol., ca. € 27,90
— maerkisch-spirituosen.de
Rheinland Distillers Encore Vodka
Rund drei Jahre nach dem Launch ihres gewaltigen Erfolgs Siegfried Gin lassen es die Rheinland Distillers erneut krachen – und das ausgerechnet in der noch immer schwierigen Kategorie Vodka. Doch die beiden Macher Raphael Vollmar und Gerald Koenen machen, was ihnen Freude bereitet. Da hat schließlich auch ein guter Vodka seine Daseinsberechtigung. Der stilsichere Auftritt erfolgt in der gleichen Flasche wie auch beim großen Bruder „Siggi“, allerdings mit einem verspielt-formalistischen Schriftzug aus großen goldenen Lettern.
Der Encore Vodka schimmert mit leichter Viskosität im Glas und duftet fein getreidig. Dieses zentrale Aroma wird aufgefächert durch Nuancen von weißem Pfeffer, Zitrus, floralen Tönen und einer minimalen phenolischen Tönung. Eine schöne Nase, alles andere als beliebig. Im Mund punktet der Encore dann zuallererst durch eine unglaubliche, sahnige Cremigkeit. Mild, mit feiner sensorischer Süße und ganz entfernt an Haferflocken und Sauerteig erinnernd, schmiegt sich der Brand an den Mundraum und transportiert die schon aus dem Nosing bekannten Aromen stimmig weiter.
500 ml, 41% Vol., ca. € 24,90
— encorevodka.com
Schrödinger’s Katzen Gin
Ganz neu auf dem Parkett ist Schrödinger’s Katzen Gin, seine Macher sind es nicht: Hinter dem London Dry Gin steckt mit Petra Spamer-Riether die Erfinderin des Gewürzlikörs Pussanga. Die Mutterfirma wurde nun anlässlich des zweiten Launches umfirmiert, man ist neuerdings unter dem Namen „Heidelberg Spirits“ aktiv. Der Name des Gins zwinkert gleich doppelt: Einerseits nimmt er Bezug auf ein Experiment des Physikers Erwin Schrödinger, andererseits auf die Katzenminze, eines der gewählten Botanicals.
Abseits der verarbeiteten Katzenminze hingegen präsentiert sich der Gin passend zu seinem Labeling als „London Dry“ sehr geradlinig, prägnant und würzig: Es dominieren harzige Aromen aus Nadelholz, Zitronenzeste und Wacholder, dazu gesellen sich erdige Töne von Moos, Majoran und eine leicht pikante Note, die wohl am ehesten in Richtung Kubebenpfeffer geht. Am Gaumen wird dieser kraftvolle, spitze Eindruck bestätigt, der Gin spielt seine 44 Voluemnprozent gekonnt mit feiner Öligkeit, leichter Frucht, dezenter Minz-Frische und sattem Finish aus. Im neuen deutschen Gin-Zoo eine absolute Bereicherung.
500 ml, 44% Vol., ca. € 34,95
— heidelbergspirits.com
Credits
Foto: Nils Wrage