Das Seiberts in Köln: Ein Dampfer und sein Kapitän
Volker Seibert will zuerst mal eine Kleinigkeit loswerden. „Mit allem gebührenden Respekt, aber wenn in der Nominierung für die Mixology Bar Awards steht, ich würde ‚von Tisch zu Tisch springen‘, dann repräsentiert das nicht die Philosophie unserer Bar“, so der Kölner Barbetreiber. „Wir arbeiten im Gegenteil extrem zurückhaltend und ruhig am Gast.“
Das Seiberts schwimmt seit 2014 auf der Erfolgswelle
Manche Dinge sind eben Interpretationssache. Von Tisch zu Tisch springen kann ja durchaus als Allegorie für eine ansteckende Aktivität verstanden werden, und als Kompliment. Anders wäre es nicht zu erklären, dass Volker Seibert mit seiner Bar regelmäßiger Stammgast in der Shortlist der MIXOLOGY Bar Awards ist.
Aber lassen wir das mit dem Herumspringen. Fakt ist, dass es wenige Bars wie das Seiberts gibt; und dass es wenige Bartender wie Volker Seibert gibt. Das eine ist ein Dampfer, der seit seiner Eröffnung 2014 die gesteckten Ziele erreicht und konsequent an Fahrt zulegt. Das andere ist sein Kapitän, der unermüdlich auf der Brücke steht, um sowohl das Wohl seiner Passagiere wie auch das seiner Mannschaft im Auge zu haben. „Unser Ziel war es, Aperitifkultur in Köln etablieren, das ist uns gelungen. Wir hatten bei den letzten beiden Negroni-Wochen Umsatzrekord“, so Volker Seibert. „Es gibt auch kaum einen Tag mehr, an dem die Bar nicht voll ist. Bei 70 Gästen machen wir Einlassstopp.“
Liquid Kitchen als Erfolgskonzept
Negroni – speziell eine Version mit einem seltenen Campari aus den 1970-er Jahren – ist das eine, wofür das Seiberts bekannt ist. Das andere, noch vordergründigere Thema ist seine Liquid Kitchen. Das Arbeiten mit selbst verarbeiteten Zutaten hat Volker Seibert, der nach wie vor jeden Mittwoch mit seinen Mitarbeitern am Markt einkauft, von Tag Eins an verfolgt und sukzessive in neue Höhen geschraubt.
Der Doppelsieg als „Bar des Jahres Deutschland“ und „Mixologe des Jahres“ 2016 war logische Konsequenz. Im Seiberts wachsen Zutaten aus dem Rotovap, Sous-vide, Pacojet oder Schockfroster zu erstaunlichen Cocktailskulpturen. Deren bisweilen opulenter Präsentationsstil mag polarisieren, sie schmiegen sich aber konsequent in ein Raumkonzept ein, das eine Art neo-barockes Ausstiegsfenster aus dem Alltag bietet. Und somit das, was eine Bar immer schon auszeichnet: Eskapismus.
„Liquid Kitchen ist das Aufwendigste, was man als Bar machen kann. Aber unsere Karten wechseln täglich oder spätestens alle zehn Tage, wir wollen unseren Gäste etwas bieten. Allerdings bin ich auch Unternehmer. Es ist wichtig, dass wir die Drinks schnell schicken und nicht fünf Minuten an einem Cocktail basteln“, erklärt Volker Seibert. „Ich mache nach wie vor an sechs Tagen in der Woche den Aufbau und das Mise-en-Place. Das einzige, was ich nicht mehr mache: den Schlussdienst.“
Seiberts
20 Jahre in einem Radius von 200 Metern
Wie jeder weiß, ist der Schlussdienst der Dienst, der die Augenringe tiefer werden lässt – und die Mitarbeiter noch weiter den Verlockungen der Nacht aussetzt. Volker Seibert weiß das und achtet auf sein Team. Nicht von ungefähr sind ihm schon damals, zur Eröffnung des Seiberts, seine Mitarbeiter aus seiner vorherigen Stätte, der Capri Lounge, geschlossen gefolgt.
Mittlerweile hat er über der Bar einen Rückzugsraum für seine Truppe angemietet. „Es ist einfach: Hast du ein zufriedenes Team, hast du ein gutes Geschäft“, erklärt Volker Seibert. „Meine Partnerin, mit der ich die Bar betreibe, und ich nehmen auf uns weniger Rücksicht. Ich betrachte das, was ich mache, auch nicht als Arbeit. Die Bar funktioniert nur mit hohem personellen Einsatz. Sonst hätte ich vorne auf die Tafel auch nicht meinen Namen schreiben müssen.“
20 Jahre auf 200 Metern
Das hat er aber getan, und das wohlweislich. Das Seiberts lebt nicht zuletzt von einer gestandenen Menge an Stammgästen, die sich Volker Seibert in seiner Zeit in Köln erarbeitet hat. „Ich bin 1999 hierher gekommen und arbeite seit 20 Jahren in einem Radius von mehr oder weniger 200 Metern“, erklärt Volker Seibert.
Er feiert also ein kleines Jubiläum, und es ist anzunehmen, dass er noch ein paar Jahre draufpacken wird. „Mit dem 1970er-Campari sah es Mitte des Jahres kritisch aus, aber jetzt sind wir wieder für die nächsten zehn Jahre versorgt“, grinst er. Und wer weiß, vielleicht empfindet der 80-jährige Volker Seibert es ja eines Tages als Kompliment, wenn wir schreiben, dass er in seiner Bar weiterhin von Tisch zu Tisch springt.
Credits
Foto: ©Seiberts Köln
Peter Schütte
Volker verkörpert für mich das was ich mir von einer Bar erhoffe. Aufmerksamkeit, Gastfreundschaft und Perfektion. Hier bin ich Gast, hier darf ich sein. Danke dafür und auf ganz bald hoffentlich im Seiberts.
Michael Pohlmann
Ein wirklich toller Bericht. Aber so präzise und treffend er auch geschrieben ist, er kann einem nicht wirklich vermitteln welche Genüsse dort kreiert werden. Dort wird mit finesse und Herzblut eine unvergleichliche Getränkekarte aufgestellt. Herr Seiberts ruht sich nie auf seinen Erfolgen aus und er ist ständig auf der Suche nach neuen Wegen um seinen Gästen geschmackliche Glücksmomente zu ermöglichen. Die Drinks dort sind Teil einer Gastronomiekultur die in einem weit höherem Radius als 200 Meter nicht vergleichbar zelebriert wird.
Das ganze Team dort steht für ein Konzept der Perfektion und den Genuss und das sind jeden Tag erneut – hohe Ziele.
Bravo !!!!