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Vong Schnaps, Limoncello

Vong Schnaps? Von wegen!

Warum sagt ein grässliches Produkt wie Vong Schnaps doch etwas über unsere Zeit und Gesellschaft aus? Soll man diesen Limoncello deswegen verteufeln, anhimmeln oder ignorieren? Ein paar vorweihnachtliche Gedanken zu einem Produkt, das so notwendig ist wie die Coca-Cola-Weihnachtstrucks.

Eine gute Bar darf nicht nur ein humorvoller Ort sein, sie sollte sogar einer sein. Gleiches gilt für Pubs und Kneipen jeder Couleur, erst Recht für Clubs. Sie alle wollen Ablenkung bieten vom Alltag, ein wenig Entgrenzung und Abschied von grauen Konventionen. Das geht nicht ohne Humor.

Vong Schnaps, ein Limoncello schwimmt auf der I-Bims-Welle

Jeder Bartender weiß allerdings, dass es immer wieder jene Momente gibt, in denen der Humor umschlägt in Lächerlichkeit. Nicht die niedliche Lächerlichkeit, sondern jene, die Fremdscham verursacht. Ein Produkt, das genau diese Grenze überschreitet, erreichte die Redaktion vorletzte Woche. Sein Name: Vong Schnaps – Halo I Bims 1 Shnaps. Das Etikett: Grellgelb wie ein Warnhinweis. Darin: Zitronenlikör mit 18 Prozent.

Man könnte diese Meldung und dieses Produkt einfach so stehen und den Artikel auch gleich wieder hier enden lassen. Aber es ist ja bald Weihnachten, die Zeit also, in der viele Leute latent aggressiv sind, auch, weil in den Büros oft die sogenannte „Jahresendrallye“ tobt. Und die Gastronomen müssen die zwar einträglichen, aber nervenzerreißenden Weihnachtsfeiern schultern. Und so wollen wir das adventliche Anspannungslevel nutzen, um uns aufzuregen.

Bevor man nun auf ein solches easy target wie Vong Schnaps zu schießen beginnt, mag man sich einreden: Ist doch nicht schlimm, so ein Produkt, so lange es dafür Käufer gibt (immerhin ist der Likör auf der herstellereigenen Amazonseite derzeit ausverkauft). Die Frage ist nur: Warum findet so ein Produkt Käufer? Eben. Nur wegen seiner grässlichen Aufmachung. Das schrottige Design und das anbiedernde Mitschwimmen auf der Vong-I-Bims-Hypewelle (die mittlerweile derart schmerzhafter Mainstream ist, dass man als Produktentwickler eigentlich davon Abstand nehmen sollte) sorgen höchstwahrscheinlich dafür, dass man sich eine Flasche Vong Schnaps derzeit als ambitionierter Großraumdiscobetreiber einfach nur gut ausgeleuchtet ins Rückbüffet stellen muss. Den Rest erledigt dann der aufgeregte Glimmer, den die Gäste sowieso irgendwann haben. „Geil, guck mal, wie der heißt! Mach ma’ vier Stück!“ Gestatten – Vong Schnaps, der traurige, aber wirtschaftlich wohl lohnende Begleiter von Sambuca, B-52 und Pfeffi.

Uninspirierte Verwertungsmaschinerie auf Hochtouren

Das eigentlich Traurige an einem Produkt wie Vong Schnaps allerdings ist die symptomatische Erkenntnis, die es transportiert. Denn im Prinzip liegt es vollkommen nah, so etwas zu machen. Die Kreation eines Vong Schnaps im Jahre 2017 ist in etwa so kreativ wie die Idee eines Kaffeeriesen, plötzlich angeblichen Single-Estate-Roast anzubieten. Oder wenn ein Discounter versucht, mit tiefgefrorenem Pulled Pork auf den Streetfood-Trend aufzuspringen. Oder eine weitere Star-Wars-Trilogie zu drehen. Werden schon genügend Leute davon gehört haben, dass man das so was nun kauft. Oder schaut. Stand schließlich neulich erst im werbefinanzierten Stadtmagazin. Nun also ein aktives Heranschmeißen an den größten (Jugend-)Sprachtrend der letzten zwei Jahre. Ein Akt, so einfallsreich wie das siebenundzwanzigste The Avengers-Sequel. Die uninspirierte Verwertungsmaschinerie, sie läuft in unseren Tagen auf Hochtouren, wie es sie – gefühlt – noch niemals gab. Der Schrott muss nur das richtige Label haben. Die Marke – so erbärmlich sie auch sein mag – ist das Produkt. Der Inhalt spielt keine Rolle, es könnte sich auch um gefärbten Vodka handeln.

Ungerecht ist das in erster Linie gegenüber dem Inhalt. Denn Vong Schnaps ist an sich nichts anderes als ein Limoncello. Nun nicht unbedingt eine Getränkegattung, die bei vielen Genießern weit oben auf der Beliebtheitsskala rangiert. Aber auch kein Müll an sich. Und Vong Schnaps ist, das muss man fairerweise sagen, unter allen Limoncellos, die die Kehle des Autors herabgeflossen sind, weiß Gott einer der besseren. Da fragt man sich, warum die Macher, WGW Spirits aus München, ihr Produkt in kein würdigeres Gewand gesteckt haben. Immerhin steht die Firma an sich für wertige Produkte, die mit guten Zutaten gefertigt werden. Gerne mit Augenzwinkern und Humor verpackt, aber nicht trashig. Vielleicht ist das auch der Grund, warum Vong Schnaps auf der Website von WGW nicht aufgelistet wird? Nötig haben sie sowas eigentlich nicht.

Amaro statt Limoncello

Nötig hat man es aber auch nicht, so etwas zu kaufen. Oder mit wirklicher Aufmerksamkeit zu würdigen. Ein solcher Artikel wie dieser hier ist eigentlich schon zu viel für Vong Schnaps. Aber wie gesagt, zu Weihnachten sind ja alle immer ein bisschen überspannt. Darauf gibt es nun gleich einen Schluck Amaro. Sicherlich keinen Limoncello. Vong Schnaps? Von wegen!

Credits

Foto: Foto via Tim Klöcker

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