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From Broadway with Love: Der Zaza Cocktail

Der Zaza Cocktail, ein Klassiker aus Gin und Dubonnet, ist ein bevorzugter Cocktail der Queen. Was diese wohl zur Interpretation von Gonçalo de Sousa Monteiro sagen würde? Dieser inszeniert in seinem Buck & Breck den Drink als geschmacklich dreiteiligen Akt. Was wiederum sehr gut zu seiner Entstehungsgeschichte passt.
Was bedarf es eigentlich eines großartigen Theaterstücks? Aristoteles wusste es bereits in der Antike ganz genau. In seiner Dramentheorie legte der Schüler von Platon einst nicht nur wesentliche Elemente für ein gelungenes Schauspiel offen, er grenzte die Kunstform auch von den zwei anderen bekannten literarischen Formen ab, der Lyrik und der Epik. Denn während es in den beiden letztgenannten vor allem um die von Texten auf den Leser abfärbende individuelle Vorstellungskraft geht, beansprucht das Drama die sinnliche Wahrnehmung seines Zuschauers während der Aufführung.
Dass dem Drama als Medium im Wandel der Zeit, aufbauend auf der Interpretation Aristoteles’, immer wieder modifizierte Eigenheiten hinzugefügt wurden – sei es von Boileau, Schiller, Goethe, Corneille oder Dürrenmatt – spielt eigentlich keine Rolle, blieb es doch in seiner eigentlichen Form als abgeschlossene Handlung mit einem Anfang, einem Mittelteil und dem Ende unverändert. Schauen wir uns die künstlerische Entwicklung einmal an, so ist es nicht verwunderlich, dass eine bereits bestehende Form als Reinkarnation im anderen Medium hervorgebracht wird. So ist auch der Drink ein Schauspiel mit einer ähnlichen Handlung.

Zaza Cocktail, straight from Broadway

Nicht selten steckt hinter der Namensgebung eines dieser klassischen Post-Prohibitions-Labsale ein ähnliches Mysterium wie in seiner Erschaffungsgeschichte als solches. Sind es mal ihre Erfinder, häufig die Umstände oder prominente Namensgeber, die Pate stehen, wird eine Form der Namenssuche selten erwähnt: Broadway-Musicals. Sie mögen schmunzeln, ich tat es auch. Recherchiert man jedoch gründlich, so traut man seinen Augen nicht, wie viele Drinks die Titel einstiger Box-Office-Hits des Bühnenviertels von Manhattan tragen, ob nun „Adonis“, „The Affinity“, „Yankee Prince“ oder „Fedora“. Wie ihre Vorbilder sind auch sie heute längst vergessen. Ein ähnliches Schicksal teilt auch der Zaza Cocktail.
Es waren Pierre Berton und Charles Simon, die im späten 19. Jahrhundert ein Theaterstück verfassten, inspiriert von „Zaza“, einer zu einer Chansoniere avancierten Prostituierten, die sich in einen ihrer früheren Freier verliebt hatte und schließlich herausfinden musste, dass dieser verheiratet war. Jahre später, als Zaza den Durchbruch als angesehene Sängerin feierte, fanden beide schließlich doch noch zusammen. Ein Drama mit Happy End und Kitsch?

Zaza Cocktail: Flach wie das Drehbuch?

Betrachtet man zunächst das Konzept hinter dem gleichnamigen Drink, so könnte eben genau dieser Eindruck entstehen. Über die Jahre immer wieder leicht modifiziert, bestand der Drink um das Jahr 1909 tatsächlich nur aus zwei Komponenten: Dry Gin und Dubonnet. Wenige Jahre später fügte man ihm eine mit Angostura aufwartende, würzigere Sidenote hinzu, doch kann diese abgespeckte Version eines Drinks tatsächlich große Kunst sein?
„Natürlich ist das eine sehr simple Komposition, das stimmt. Der Träger der Komplexität ist in diesem Drink der Dubonnet. Für sich allein wäre er zu süßlich und träge. Mit Gin als Verstärker und ‚Vertrockener’ bekommt der Zaza Cocktail eine innere Kante, welche dem Süßwein die Klebrigkeit nimmt und seine positive, aromatische Seite in den Vordergrund spielt“, so Gonçalo de Sousa Monteiro.
Und so ist in der Rezeptur des Lieblingsdrinks der Queen (50:50 Dubonnet und Gin, plus Orangenscheibe) zwar insofern verständlich, dass dem süßlichen Dubonnet mit einem kräftigen Wachholder-Destillat ein Konter verpasst wird, doch aus heutiger Sicht, in der Spirituosen sinnvollerweise ergänzt und nicht übertüncht werden sollten, absolut nicht mehr zeitgemäß.
So sieht auch Gonçalo de Sousa Monteiro die Gefahr der Renaissance vergessener Klassiker in der Analyse ihrer historischen Rezeptur. „Einerseits sollte die Idee der ursprünglichen Rezeptur an den gegenwärtigen Geschmack angepasst werden, sprich: trockener und weniger süß. Andererseits müssen die heutigen, möglichen Ingredienzien anders verstanden werden.“

Der Zaza Cocktail als dreiteiliger Akt

Der Buck & Breck-Macher streicht den Dubonnet aus der Besetzungsliste seines Drinks. Vielmehr versteht er das, was einst mit dem Zaza Cocktail gemeint hätte sein können, als Zusammenspiel eines kräftigen Gins mit einem chininhaltigen Weinaperitifs um die 18% Vol. Anstelle des weiterhin die Supermarktregale neben Lillet und Co. zierenden ‘Queen Favourite’ wird der Amaro Dopo Teatro von Giulio Cocchi zum Statisten des Theaterspiels gekürt, der mit seinen bitteren Aromen voller Kalmegh, Rhabarber und Chinarinde für sich genommen schon ein eleganter Aperitif ist. Um ihn mit dem Gin eine klangvolle Verbindung eingehen zu lassen, nutzt das Buck & Breck einen Hauch von Bigallet China China als Brücke. Der Likör aus Bitterorange verschafft der Liaison aus Gin und Wermut die nötige Süße, um den bitteren Tönen Einklang zu gebieten.
Was das jetzt mit dem Drama zu tun hat, fragen Sie? Nun besteht der Zaza Cocktail nicht nur wie das Drama auch aus drei Hauptkomponenten, er wirkt auch so. Ein süßlicher Beginn, der an Aromen intensive Mittelteil und ein anhaltend bittersüßes Ende. Vorhang zu. Applaus!

Credits

Foto: Foto via Pixabay. Post: Tim Klöcker.

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