TOP

Zehn Secret Spots zum Bar Convent

Es müssen nicht immer die hochgelobten Trinktempel sein. Peter Eichhorn entführt uns pünktlich zum Bar Convent Berlin in ZEHN! besondere, durch und durch berlinerische Orte.  Warum er das tut? Weil Bratwurst in Biersoße um halb vier Uhr morgens eben einfach manchmal sein muss. Oder ein Hecht-Gedeck, um am Vormittag wieder in Schwung zu kommen. Wohl bekomm’s!

Berlin. Dickes B. Zwischen Alex und Kudamm hat ein jeder Cocktail-Künstler noch einen Barkoffer in Berlin. Zumindest dann, wenn es alljährlich im Oktober gilt, zum Bar Convent Berlin zu eilen und alten Bekannten, neuen Freunden und den aktuellsten Produkten rings um das Gertränkebusiness zu begegnen. In diesen Tagen ist Berlin die Welthauptstadt der Bartenderei, des Saftgeschubses und der vornehmsten Mixologie. Tagsüber auf dem Messegelände der Station am Gleisdreieck, abends in den Bars und Trinktempeln der Spreemetropole.

Nun gibt es allseits bekannte Orte, auf die sich alle immer wieder aufs Neue freuen und die sich als bewährte Treffpunkte einen Ruf, weit über die Grenzen der Stadt, gesichert haben. Eine Ladung Fleisch im Chicago Williams, ein unbekannter Rum in der Bar Lebensstern, abendliche spontane Veranstaltungen oder geheime Industrie-Events mit den großen Namen und an den bekannten Orten der Berliner Barszene.

Aber es gibt auch die leisen oder versteckteren Orte. Ein Moment der Ruhe nach einem strapaziösen Messetag, ein intimer Drink ganz ohne Markenverpflichtung, ein getränkerelevantes Party-Hauptstadt-Feeling oder ein später Imbiss, wenn der Hunger für einen kurzen Augenblick wichtiger erscheint, als der Durst. Hier also nicht nur FÜNF!, sondern sogar ZEHN! wunderbare Orte, die den Puls Berlins spüren lassen – mal schneller, mal langsamer.

1) Hüttenpalast

Friede den Hüttenpalästen. Wie wäre es mit Glamping? Also: glamouröses Camping. Eine alte Fabrikhalle ermöglicht urbanes campen im Trend-Viertel Kreuzkölln. Weichei-optimiert stehen allerlei lustige Oldtimer-Wohnwagen und Holzhütten im Ferienhaus-Design in der ehemaligen Staubsauger-Fabrik und harren der Dauer-Camper, die sich ohne Regengefahr vor den Caravan lümmeln möchten. Die Halle selbst ist ein einziger großer Aufenthaltsraum und auch als Event-Location buchbar.

Nicht weit sind die Wege zu den aktuellen Neuköllner Cocktailbars rings um den Weserkiez, wie Thelonious Bar, Tier, Velvet Bar, Klunkerkranich oder Redbeard.

Hobrechtstraße 65, 12047 Berlin-Neukölln

2) Kaiserdiele

Friedenau ist womöglich nicht der Berliner Ortsteil, der bei Fragen nach Barrelevanz als erster genannt wird. Dennoch lohnt sich ein Abstecher an den Südwestcorso, um den verwunschen Pavillon von 1917 aufzusuchen. Früher wachten die Preußischen Straßenbahnwärter über die Weichenanlage der Straßenbahn. Heute umsorgt Oliver Lloyd Boehm seine trinkfreudigen Gäste, die einen sommerlichen Aperitif oder Wein auf der Terrasse zu sich nehmen. Das Steckenpferd des eloquenten und vielseitigen Gastgebers sind Gin und Martini-Cocktails. Im Sommer täglich ab 16 Uhr, im Winter ab 18 Uhr. Mindestens bis Mitternacht.

Südwestkorso 62a, 12161 Berlin-Friedenau

3) Monterey Bar

Rock’n’Roll trifft Gute Stube. Die vielleicht beste Craft Beer-Bar der Stadt. Zehn Zapfhähne mit wechselnden Bieren und insgesamt 200 Sorten, Marken und Braustile locken die Bier-Connaisseurs aus dem gesamten Stadtgebiet in den Prenzlauer Barg. Hier gibt es immer einige exotische und besondere Brauwaren, die an anderen Biertresen der Stadt nicht ohne Weiteres zu bekommen sind. Das freundliche Team berät sehr kenntnisreich bei der Bierauswahl. Täglich ab 17 Uhr.

Danziger Str. 61, 10435 Berlin-Prenzlauer Berg

4) Zum Hecht

Schwoof around the clock! Eingeweihte bestellen ein „Hecht-Gedeck“ aus einer Molle, also einem Kugelglas mit Pils, und einem Kümmelschnaps. Diese Kneipe ist zeitlos und authentisch. Das Publikum bunt gemischt wie die Getränkekarte, irgendwo zwischen Rotkäppchen, Kleinem Feigling und Danziger Goldwasser. Energische Damen hinter dem Tresen sorgen souverän für Ordnung, wenn der Benimm dem Trunk unterliegt. Oder wenn Ungereimtheiten vor der unglaublichen Juke-Box entstehen. Leicht zu finden: Gleich neben dem Geschäft für Anglerbedarf. Sagenhafte 24 Stunden geöffnet.

Kaiser-Friedrich-Straße 54, 10627 Berlin-Charlottenburg

5) Leydicke

Legende mit Eierlikör. Man hat Berliner Trink-Historie nicht erlebt, wenn man nicht im Leydicke war. Punkt. 1877 gegründet, produzierten die Brüder Max und Emil Leydicke Likör und unterhielten an der Grenze von Schöneberg zu Kreuzberg eine Weinprobierstube für das Kleinbürgertum. Legendär wurde das Lokal in den 1970er Jahren unter der Regentschaft von Luzie Leydicke, zugleich Mutter und Drachen. Heute pflegt Raimon Marquardt die historischen Hallen, die noch immer die Aura der Kaiserzeit verströmen (gepaart mit einem Hauch Hillbilly-Autobahnraststätte). Er produziert auch noch immer die Liköre, Obstweine, Persiko und vor allem: den genialen Eierlikör. Täglich von 19 bis 1 Uhr, Samstags ab 18 Uhr.

Mansteinstraße 4, 10783 Berlin-Schöneberg

6) Pascha Grill

Dorade zum Sonnenaufgang. Der nächtliche Hunger wird hier bestens versorgt. Aus dem gewaltigen Holzkohlengrill zaubern die Küchenkünstler zu jeder Tages- und Nachtzeit perfekt gegarte Lammkarrees oder gegrillten Fisch. Dazu frische Salate und eine großartige Linsensuppe. Die zentrale Lage zwischen Schöneberg und Kreuzberg macht den Grill stets optimal erreichbar. Auch für viele Bartender der Hauptstadt liegt er gerne auf dem nächtlichen Heimweg. Täglich 23 Stunden geöffnet.

Potsdamer Straße 172, 10781 Berlin-Schöneberg

7) Bei Schlawinchen

Sperrstunde hat Hausverbot. Diese Berliner Institution erzählt noch allabendliche Geschichten, Episoden und Dramen, die man in glattgebügelten Szene-Bars niemals erleben könnte. Vom Studi zum Rentner, vom Schauspieler zum Hartz-IV-er. Kerben im Tresen. Blut, Schweiß und Tränen in den Holzpaneelen der Wände. Wenn diese nur erzählen könnten. Wie sagt Herr Lehmann im Roman von Sven Regener, als er seinen Freund Karl u.a. auch im Schlawinchen sucht: „Ohne Erfolg, und das war auch besser so, denn wenn er schon im Schlawinchen ist, dachte Herr Lehmann, dann steht es ganz schlecht um ihn”. Täglich 24 Stunden offen.

Schönleinstraße 34, 10967 Berlin-Kreuzberg

8) Berliner Republik

Stolzer Heinrich und Börsencrash. Mitte – ganz ohne Hipness-Faktor? Das gibt es in der Berliner Republik, in der – was noch viel wichtiger ist – außerdem bis morgens um 6 warme Speisen aufgetischt werden. Dabei steht die derbe alt-berliner Küche im Vordergrund. Also nix mit Espuma, nix mit Black-Angus und schon gar nicht vegan. Eisbein gibt’s, Bulette und Rixdorfer Bockwurstsalat. Ein „Stolzer Heinrich“ beinhaltet übrigens Bratwurst in Biersoße mit Rotkohl und Kartoffelstampf. Ganz Verwegene testen überdies die Cocktailkarte. Täglich von 10 bis 6 Uhr geöffnet.

Schiffbauerdamm 8, 10117 Berlin-Mitte

9) Kumpelnest 3000

Verrucht und verraucht. Der Klassiker unter den Berliner Absturzläden. Trash, Kitsch und Patina. Wie schrieb der Guardian: „Ein von Lady Gagas Großmutter geführter Lampenladen”. Schräge Gäste in einer schrägen Location, die früher ein Bordell war, genauer gesagt der „Club Maitresse“. Von der Transe zum Tankwart, vom Optiker zum Ödipus, sie alle feiern hier ab. Seit 1987. Damals entwickelte die verrückte Tresencrew das entschlossene Motto: Gegen Spitzenleistungen in der Gastronomie. Und das täglich ab 19 Uhr!

Lützowstraße 23, 10785 Berlin-Tiergarten

10) Aroma

Kanton by Night. Die City-West erlebt gerade ein Comeback vom Feinsten. Insbesondere Cocktail-Bars locken vermehrt nach Charlottenburg: Hefner, Bar Zentral, Monkey Bar, Bar am Steinplatz, Galander. Da ist es praktisch, dass die Nachtschwärmer noch bis tief in die Nacht speisetechnische Stärkung erhalten. Spanisch im El Borriquito, regional im Zwiebelfisch und eben kantonesisch im ausgezeichneten Aroma mit großartigen Suppen, Dim Sum, Ente oder Tausendjährigen Eiern. Täglich von 12 bis 3 Uhr.

Kantstraße 35, 10625 Berlin-Charlottenburg

 

Anmerkung: Der vorliegende Text erschien in leicht anderer Fassung erstmals in der Ausgabe 5/2015 von MIXOLOGY, dem Magazin für Barkultur.

Kommentieren