Zu Besuch auf der Isle of Jura
Isle of Jura launcht einen neuen Zehnjährigen, zwei NAS-Whiskys namens Jura Journey und Jura Seven Wood sowie einen Jura 12 und Jura 18. Der neue Geschmacksstil besitzt die rauchige Kante von Islay-Malts, zergeht dabei aber trotzdem locker-leicht auf der Zunge wie ein Highland Malt. Wir haben die neue Range vor Ort verkostet.
Im Zuge der Präsentation seiner neuen Range lädt die Destille zu einer Verkostung vor Ort ein. Die Reisegruppe trifft sich am Flughafen Glasgow und besteht aus Whiskyliebhabern, Journalisten und Fotografen, die alle mehr als nur bereit sind, die holprigen Straßen und dazu noch das ruppige Meer zu überqueren.
Journey meets Lazy Elvis
Bereits am ersten Abend, noch vor der Überfahrt zur Insel, beweist die Verkostung des neuen Jura 10 den Mehrwert der Reise. Wer das Geschmacksprofil des vorhergehenden Jura 10 im Kopf hat, wird darin einen ähnlichen Charakter erkennen. Noch immer hat er die Frucht in der Nase und bestätigt diese dann am Gaumen, auch der weiche Körper und der würzige Abgang aus Kaffee und Schokolade ist ähnlich. Und doch sind seine Nuancen irgendwie anders ausformuliert, die Zweigleisigkeit von Graham Logans Grundidee ist offensichtlich: dezenter Rauch im angenehm leichten Federbett.
Der folgende Morgen ist sonnig, das Meer ist blau. Die Fotografen der Gruppe bekommen eine Pause, als man uns mit einem Drink auf der Insel willkommen heißt. Darin ist Jura Journey, Ginger Ale und Limette. Er heißt Lazy Elvis, benannt nach dem Inselkater, der behäbig wie ein pensionierter Elvis über die Insel streift. Der Jura Journey kommt dabei gut durch das Ginger Ale hindurch und beweist damit eine Mixability, die auch in die frische Richtung gehen kann. Der No-Age-Whisky ist mild und gibt vorübergehend einen guten Nachgeschmack für die folgende Rundreise über die Insel.
Glückliche Menschen auf der Isle of Jura
Der erste Stop ist die Kirche. Oft langweilig, aber nicht auf Jura, denn die Kirche ist hier gleichzeitig auch eine Bibliothek und ein Museum. Was die Sache theoretisch nicht besser macht, aber Chris, der Inselführer, überzeugt dabei mit viel Witz und präsentiert dabei stolz die inseleigene Ausgabe von 50 Shades of Grey.
Der Reisebus tuckert weiter durch das sonnige Outback von Jura, und auf die Frage, wie oft im Jahr hier die Sonne scheint, meint Chris nur ironisch „just today and tomorrow“. Trotz höchstwahrscheinlichem Vitamin D-Mangel wirken alle Inselbewohner glücklich, auf Zack und stolz auf ihr kleines Stück Land im Meer. Der Trip geht weiter über einen Friedhof, der eingeschlossen in den klassisch-goldgelben Ginsterbüschen liegt. Bei Beerdigungen kommt man hier zusammen und bringt für alle Whisky, Käse und Cracker.
Amanda, Activation Manager von Whisky of Jura, öffnet vor Ort eine Flasche vom Jura Seven Wood. Er schmeckt nach Whisky aus sieben verschiedenen Hölzern im Einklang. Der Journey ist eine weitere No-Age-Statement-Abfüllung und lag zuerst in First-Fill-Bourbonfässern, danach wurde er durch die sechs verschiedenen, französischen Eichenfässer Allier, Les Bertranges, Jupilles, Limousin, Trancais und Vosges geschmacklich zurechtgestutzt.
Von Hirschen und Drohnen
Nach der Sevenw-Wood-Verkostung rollt der Bus weiter über eine langsame Straße, die sich durch die letzten Winkel der Insel zieht, unter sorgfältiger Beobachtung von unzähligen Hirschen, die erst neugierig dem Reisebus hinterschauen und dann panisch vor den surrenden Drohnen der Fotografen fliehen.
Vor dem Abendessen wird der Blickpunkt noch einmal auf den Jura 12 und 18 gelegt. Graham Logan beobachtet von außen, wie sich neugierig bedient wird. Kurz darauf steht er im Mittelpunkt vieler Fragen.
Der Zwölfjährige erinnert an den Zehnjährigen, aber er geht ein paar Schritte weiter. Ebenso wie sein jüngerer Bruder lag er zuerst in Ex-Bourbonfässern, danach in Sherryfässern. Die zusätzlichen Jahre machen in weitläufiger im Geschmack, Lakritz und eine durchdringendere, bleibende Süße addieren sich zu dem Geschmacksprofil des Jura 10 hinzu. Nochmal mehr Bühnenbild hat der volljährige Jura, insgesamt 18 Jahre gelagert, in amerikanischer Eiche und danach nochmal in Rotweinfässern. Mit seinen 44 Volumenprozent ist er schon im Vorhinein griffig in der Nase und in seiner Komplexität, die von Kaffee bis hin zu dunklen, sehr reifen Tropenfrüchten reicht – der offensichtliche Höhepunkt des Fünferloopings der neuen Jura Range.
The End of the Journey: Die Destille von Isle of Jura
Der nächste Morgen leitet bereits den Tag der Abreise ein und beginnt mit einer Bootsfahrt zu den Whirlpools. Die Fahrt ist aufregend genug, doch fehlt noch immer das letzte Highlight der Reise, denn die Destille ist bislang unbesichtigt.
Gegen Mittag ist es dann soweit. Von außen wie von innen wirkt sie schlicht, hat aber natürlich trotzdem ihre ausschlaggebenden Faktoren wie jede andere Destille auch. Die Brennblasen, zu viert inmitten des Betriebs, sind schlank und sehr hoch. Eine zweistufige Malzmühle findet sich im Nebenraum und ackert sich durch Unmengen von gemälzter Gerste; nur vier Wochen im Jahr wird hier umgestellt und rein getorftes Malz gemahlen.
Eine Treppe höher stehen die sechs Washbacks mit 48.300 Litern Fassungsvermögen. Die Tour endet kurz darauf in einem der Lagerhäuser mit ihrem unverwechselbaren Geruch, deren Fassungsvermögen bereits erschöpft ist, sodass ein Teil der Lagerung der Whiskys anderorts passieren muss.
Zeit zum Träumen muss sein …
Danach geht plötzlich alles sehr schnell, denn die Fähre nach Islay lässt nicht auf sich warten, der Heimflug vom Flughafen Islay ebenfalls nicht. Trotzdem ist noch genug Zeit, während des Transfers über Islay von der einsamen Insel von nebenan zu träumen. Die so wenig Ähnlichkeit mit seiner Nachbarinsel hat, so wie die Whiskys, die sie produzieren.
Credits
Foto: Isla of Jura Whisky