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BIER, BARS & BRAUER #29

Bier, Bars und Brauer kehrt zurück mit einer ungewohnt internationalen Ausgabe: So wandert die Brau Beviale nach Moskau und nun auch nach Italien und präsentiert sich dort als Plattform für Craft Beer. Ein neuer Kronkorken soll Flaschengärung kontrollierter machen, Heineken legt in Südamerika zu und die Schweizer von Feldschlösschen setzen auf Craft. Bleibt aus deutscher Sicht immerhin der Deutsche Gastronomiepreis von Warsteiner.

Flaschengärung ist ein Kreuz. Einerseits gibt aktive Hefe in der Flasche Bier die Möglichkeit, sich über die Abrundung der Malzaromen hinaus zu entwickeln, andererseits birgt es gerade bei falscher Lagerung die Gefahr einer sprudelnden Überraschung bis hin zum gefürchteten Gushing, bei dem einem fast der gesamte Flascheninhalt ungehemmt entgegen strömt. Große Brauereien, deren Biere oft wochenlang ungekühlt in Getränkemärkten aushalten müssen, machen daher einen weiten Bogen um diese Gefahrenquelle. In Belgien hingegen gehören gerade die Biere aus Flaschengärung und -reifung zu den begehrtesten Produkten überhaupt. Ob der neue Korken aus Italien eine Renaissance der Flaschengärung einläuten kann? Wohl kaum, doch mehr Auswahl im Regal begrüßen wir natürlich.

La Beviale-Famiglia wächst: Craft Beer Italy

Neben den noch jungen Ablegern in Moskau und Shanghai trägt NürnbergMesse nun auch der wachsenden Bedeutung von Craft Beer in Italien Rechnung. Craft Beer Italy 2017 heißt die Premiere der Messe/Konferenz, die erstmals am 22. und 23. November in Talent Garden in Mailand (Calabiana) stattfinden wird.
Laut Aussage der Organisatoren wird der Fokus dabei auf Bildungsveranstaltungen liegen, die den zahlreichen Neugründungen im Brauereibereich, die Italien vorzuweisen hat, handfeste Informationen an die Hand gibt, von der Rohstoffkunde über klassisches Networking bis hin zu gesetzlichen Hürden. Letzteres ist in Italien von besonderer Bedeutung, ist es doch eines der wenigen Länder, die Craft Beer (birra artigianale) auf staatlicher Ebene gesetzlich definiert haben. Kuckucksbrauer, die sich für ihre Sude in Brauereien mit freien Kapazitäten einmieten, gelten so z.B. nicht als “Craft”.

Die Craft Beer Italy füllt damit den bisher noch verwaisten B2B-Sektor in der italienischen Craft Beer-Landschaft, und begibt sich in die erlesene Gesellschaft von bereits etablierten Konsumentenfestivals wie z.B. der EurHop! in Rom, die vom 6.-8. Oktober stattfindet.

Cleverer Kronkorken: K-Cap von Birra Montegioco

Und nochmal Bella Italia: Ein Segen für Heimbrauer und andere Flaschenvergärer könnte der neue Verschluss sein, den die Brauerei aus dem ca. 70 km nördlich von Genua gelegenen Montegioco in Zusammenarbeit mit der italienischen Marketingagentur somstudio entwickelt. Der Korken enthält ein Ventil, das eine genaue Kontrolle des Innendrucks und damit der Kohlensäurebildung ermöglichen soll. Für Birra Montegioco bietet sich dieser Schritt an, füllt die Brauerei doch überwiegend in 0,375l-Gebinde nach belgischem Vorbild ab und lässt dabei auch aktive Hefe in der Flasche. Prominente Tester wie die Kollegen von Loverbeer oder die beliebten belgischen Brauereien Brasserie de la Senne und Cantillon verleihen dem zwar patentierten, aber noch nicht in Produktion befindlichen Korkenkonzept Tragweite. Ob demnächst auch Gutmann Hefeweizen mit Hilfe des K-Caps vergoren wird? Denn laut Hersteller soll das System mit vielen Abfüllanlagen kompatibel sein. Einen Preis für den K-Cap-Korken gibt es natürlich noch nicht. Wir warten gespannt.

Warsteiner verleiht Deutschen Gastronomiepreis 2017

Aus dem ehemaligen Herforder Gastronomiepreis, vergeben seit 1994, hat sich seit der Übernahme der ostwestfälischen Brauerei durch Warsteiner anno 2007 der Deutsche Gastronomiepreis entwickelt. Dieser wurde am 20. Februar im E-Werk Berlin zum 23. Mal vergeben. Die Kategorien sind dabei “Food”, “Beverage” und “Music” sowie der Preis für das Lebenswerk, so sich ein würdiger Kandidat findet.

In diesem Jahr gab es einen solchen: Jürgen Gosch. Der Gründer und Inhaber von über 30 Restaurants, Imbissbuden und Frischemärkten in ganz Deutschland wurde von der Jury als Preisträger bestimmt. Im Bereich Musik siegte der Haubentaucher auf dem RAW-Gelände in Friedrichshain, eine Berliner Konzeptmischung zwischen Pool & Sonnendeck, Lounge und Club. Den Preis für das beste Speisekonzept holte das Romantikhotel Goldene Traube in Coburg, und in der Getränkekategorie zeichnete die Jury den Frankfurter Bar/Disco-Hybriden Chinaski aus.

Heineken will sich vergrößern

Dabei darf der Bierriese mit Hauptsitz in Amsterdam sich ja dank der Fusion der Nummern 1 und 2 (Anheuser Busch-InBev und SAB Miller) inzwischen als zweitgrößtes Bierunternehmen weltweit bezeichnen. Der Abstand zur nächsthöheren Sprosse auf der Leiter hingegen dürfte um einiges gewachsen sein. Zeit, den erhöhten Bierabsatz 2016 (man steigerte sich um drei Prozent auf knapp über 200 Millionen Hektoliter bei einem Umsatzplus von 1,4 Prozent auf 20,8 Milliarden Euro im Vergleich zum Vorjahr) in die Akquise zu stecken! So liebäugelt man mit einer Übernahme der brasilianischen Besitzungen des japanischen Kirin-Konzerns, ist Südamerika doch ein Wachstumsmarkt für Heineken. Die Übernahme dürfte geschätzt 664 Mio. Euro kosten. Neben dem eigenen Lager vertreibt Heineken in Deutschland unter anderem Foster’s, Newcastle Brown Ale und Desperados. Zudem hält man Anteile an z.B. Paulaner und der Kulmbacher Brauerei.

Feldschlösschen wird Craft(y)

Schweizer Branchenprimus und Carlsberg-Tochter Feldschlösschen (nicht zu verwechseln mit der Dresdner Großbrauerei) hat 2016 im Gegensatz zum allgemeinen Trend im GSA-Raum weniger Bier abgesetzt. Um dem entgegenzuwirken, sollen es Bierspezialitäten richten: Zum einen soll das erfolgreiche Valaisanne Bière du Cave (oder: Kellerbier, also ein Zwickel) exportiert werden, zunächst hat man Frankreich ins Auge gefasst. Des Weiteren gibt es eine neue Serie mit drei Bierspezialitäten: Das Blanche ist ein zitruslastiges Weizenbier nach belgischem Vorbild, das Houblon ein hopfengestopftes Blond, und das Brune ein Dunkel. Der Preis der Biere liegt bei ca. 2,30 Franken für den halben Liter, also ca. 2,16€.

Credits

Foto: Foto via Tim Klöcker.

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