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Rum Diary – Eine Reise nach Puerto Rico

„Möchtest du im Mai für ein paar Tage nach Puerto Rico reisen und über das Finale der Bacardi Legacy berichten?“ Zwei Jahre ist es mittlerweile her, dass mir diese Frage gestellt wurde. Puh, mag man das? In die Karibik, während sich hier der Frühling noch abmüht, Fuß zu fassen?

Man mag, vor allem mit der Option, im Anschluss an den offiziellen Teil noch ein paar Tage auf der Insel zu verbringen und ein wenig Inselluft zu schnuppern.

Keine Hahnenkämpfe

Hunter S. Thompson war nicht nur Lieblingsschriftsteller einiger Barmenschen und Intimus von Johnny Depp, einem der unbestrittenen Experten in der Darstellung berauschter Personen. Nein, er hat der Welt mit seinem Werk „The Rum Diary” eine dichte Schilderung hinterlassen, wie die Insel Puerto Rico um die Zeit der kubanischen Revolution aussah und welche Abenteuer sich dort noch erleben ließen. Ob heute noch etwas von diesem Abenteuer übrig ist, sollte herausgefunden werden.

Um es gleich vorwegzunehmen, ich habe weder Geld bei Hahnenkämpfen gewonnen noch bin ich in zerstörten Hotelzimmern aufgewacht. Auch sind des Nachts keine nackten Schönheiten aus dem Meer entstiegen und schon gar nicht habe ich Filter aus der Bacardi-Destillerie geklaut, um ihnen hochprozentigen Alkohol zu entlocken.

Ein paar Eindrücke aus dem Film lassen sich bestätigen. Amerikanische Touristen beispielsweise bestimmen das Geschehen auf der Insel und wenn das Geld ausreichend locker sitzt, kann man sicher auch dem Luxusleben frönen, das einem vorgeführt wird.

Aber zuerst einmal zum offiziellen Teil. Alle Teilnehmer der Bacardi Legacy und die Vertreter aus Industrie und Presse waren in einem riesigen Hotel untergebracht. Großartige Aussicht auf das karibische Meer, verschiedene Pools und ein hoteleigener Strand inklusive. Wenig Abenteuer, aber ein netter Auftakt für ein paar Tage in der Karibik.

Ob die älteren Herrschaften im Hotelkasino allerdings hier oder an einem anderen Ort dieser Welt die einarmigen Banditen bedienen dürfte egal sein; die meisten der hier Sitzenden haben, außer den Weg vom Flughafen zum Hotel, von der Insel nicht sehr viel gesehen.

Die Teilnehmer der Legacy kamen neben dem straffen Programm des Wettbewerbs zumindest in den Genuss einer ausführlichen Führung durch die Brennerei von Bacardi. Neben vielen Zahlen und Fakten sollte vor allem die Verkostung eines achtjährigen Rums direkt aus dem Fass in Erinnerung bleiben.

Ein Privileg, das dem neutralen Besucher allerdings verwehrt bleibt, und die Destillerie allein – von unfassbaren Vorräten an Melasse einmal abgesehen – hat nicht viel Spannendes zu bieten. Aber gut, hier handelt es sich schließlich auch nicht um die kleine Schnapsbrennerei nebenan, sondern um eine der größten Produktionsstätten für Alkohol auf der Welt.

Typische Touristenfehler

Nachdem die Tage mit Bacardi auf der Insel also sehr gut organisiert und ungemein unterhaltsam verflogen, durfte ich im Anschluss drei Tage auf eigene Faust den Spagat aus fröhlichem Rumkonsum und Touristenneugierde auf dieser geschichtsträchtigen Insel versuchen. Zwei Dinge waren mir in den vergangenen Tagen bereits aufgefallen, die ich mir dann genauer anschauen wollte.

Das Erste war La Perla. Zwischen der felsigen Atlantikküste und der alten Stadtmauer von San Juan gelegen, ist das alte Schlachthofviertel wahrlich nicht das erste Ziel der meisten Besucher. Was von außen nach leicht heruntergekommener Gegend aussieht, verändert sich rapide, wenn man den schmalen Fußweg durch die Mauer genommen hat und auf der Hauptstraße steht.

Nicht heruntergekommen, sondern verfallen trifft es eher und die Idee, dort als offensichtlicher Tourist mit Fotokamera aufzutauchen, erwies sich als die wahrscheinlich dämlichste in dieser Woche. Wo offen mit Drogen gehandelt wird, sind Kameras nicht gern gesehen und ich habe es wohl einem unbekannten Einheimischen zu verdanken, der mir unmissverständlich klar machte, schnellstmöglich den Weg zurückzunehmen, auf dem ich gekommen war, so dass ich schließlich noch meiner sieben Sachen habhaft war, als ich wieder in die Sicherheit der Stadtmauern zurückkehrte.

Das zweite Ziel des Tages gehörte einem schützenden Hafen. El Batey, gleichermaßen faszinierendste und abschreckendste Bar der Insel. Mitten in Old San Juan gelegen ist sie wohl der Inbegriff einer Dive-Bar. Ein großer Raum, drei Tische, ein Tresen und eine Jukebox. Dazu Dosenbier und Shots aus Plastikbechern. Genau genommen wurde alles, was nicht aus der Dose kam, aus Plastikbechern getrunken. Die Spülmaschine wird eingespart.

Wer einen Stift zur Hand hat, darf sich an der Wand, auf der Bar oder auf dem Lampenschirm verewigen. Wer keinen Stift hat, klebt seine Visitenkarte zu den anderen 100, die bereits an der Lampe über der Bar hängen. Ein sensationeller Ort, um am Tresen sitzend bei einigen Bieren mit dem Barmann zu quatschen und zu versacken. Aber nur, wenn man nicht das Pech hat, in eine Welle von Kreuzfahrttouristen zu geraten. Anscheinend wird das Batey jedem Kreuzfahrer noch an Bord empfohlen, wenn man das „echte Puerto Rico“ erleben möchte.

Leider verfliegt das spezielle Flair der Bar in genau dem Moment, in dem 40 Menschen von einem Kreuzfahrtschiff ausgespuckt werden und in Sandalen und mit dicker Zigarre im Mund die Bar entern, Bud Light in sich hineingießen und der Jukebox abwechselnd Elvis und Frank Sinatra entlocken. Einer deutschen Stimme in der Masse zufolge gab es in der Auswahl auch authentische puerto-ricanische Musik, zum Beispiel den Soundtrack vom Buena Vista Social Club – so viel dazu.

Es würde nun nicht mehr besser werden, das erkannte auch der Barmann, der mir zuerst das Versprechen abnahm, nicht mehr allein nach La Perla zu gehen und mich dann in die Obhut einer Freundin an die Bar des Restaurants Dragonfly verwies. Hier herrschte allerdings bereits Feierabendstimmung und besagte Bartenderin empfahl mir eine nahegelegene Bar, in der sich die Bartender der Gegend nach Feierabend treffen.

Wie bei jedem Besuch einer neuen Stadt der beste Weg, um ein paar ehrliche Eindrücke zu gewinnen. Nach einigen ungläubigen Reaktionen bezüglich meines Ausflugs nach La Perla versprachen mir zwei Kollegen, mir am nächsten Tag ein paar Spots zu zeigen, die das eigentliche Puerto Rico eher widerspiegeln.

Bartender als Reiseführer

Was folgte, war ein großartiger Tag an zwei unfassbaren Stränden ohne Touristen, der nach einem fantastischem Essen wieder im El Batey endete, allerdings ohne Kreuzfahrer. Dafür mit zwei Barleuten und einer Menge Rum. Fragt man sich, ob Puerto Rico eine Urlaubsreise wert ist, muss man abwägen, was man erwartet. Traumstrände, Palmen und Karibik? Eine schöne Altstadt mit viel Geschichte und einer Menge zu entdecken? Alles vorhanden, keine Frage. Da jedoch die Insel insgesamt so amerikanisch ist wie Mallorca deutsch, spürt man dies an allen Ecken: Starbucks sowie die üblichen Burgerfilialen begegnen einem auf Schritt und Tritt und in jedem Hotel ein Casino. Das Abenteuer von Hunter S. Thompson ist also definitiv vorüber, aber wer sich für zwei Wochen auf einer der nahe gelegenen, kleineren Inseln entspannen möchte, kann dies bestimmt und dabei der Hauptstadt der Insel in zwei Tagen die meisten ihrer Geheimnisse entlocken.

Es empfiehlt sich dabei aber, schnell eine gute Bar zu finden, in der man sich die besten Tipps der Bartender holt. Und sich vor allem erklären lässt, wo man auf keinen Fall hingehen sollte.

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