Gebt das Hanf frei! Harmen Ettema und sein „No Excuses“
Manchmal stimmen die Klischees: Ein Cocktail mit fettem Cannabis-Blatt kann natürlich nur von einem Holländer stammen.Mit Harmen Ettemas Gin-Drink „No excuses“ weht ein Hauch von Legalize it durch den ehrwürdigen Landhauskeller von Graz.
Da staunte Desmond Payne nicht schlecht. Lange war der seit mittlerweile 50 Jahren in der Gin-Erzeugung tätige Destillateur („Beefeater“) den Ausführungen des jungen Bartenders gefolgt. Klang ja alles sehr britisch, sehr vertraut: einfacher Drink, wenige Zutaten und ein ordentliches Maß Gin, nämlich gleich sieben Zentiliter.
Doch dann dekorierte Harmen Ettema den „Sour“ in seiner Cocktailschale. Da lag es also. Unübersehbar, sattgrün und fünfgliedrig – ein Hanfblatt. Unbedenklicher Faserhanf zwar, wie Ettema beim Servieren unterstrich, aber die Aufmerksamkeit der Jury war dem Holländer nunmehr sicher.
Cocktail braucht Bete, Bete braucht Bums – aus Holland!
Zumal der Drink mit seinen grünen, an IPA erinnernden Noten (Hanf und Hopfen sind schließlich botanisch verwandt) auch eine beachtliche Geschmackstiefe entwickelte. Wenn da nicht dieses Blatt wäre…
Doch blenden wir zurück; in die Bar im zentralen „Landhauskeller“ der steirischen Hauptstadt. In Österreich landete der gebürtige Holländer Harmen Ettema der Liebe wegen. Als Barchef von „Katze Kater“ widmete er seinen satt-roten Cocktail aber nicht seiner österreichischen Flamme, sondern er verbindet darin die alte Heimat mit der neuen. Für die Beefeater-Competition „Mixed London“ war in diesem Jahr schließlich ein Cocktail gefordert, der Lokalkolorit aus der Stadt des jeweiligen Bartenders einbringen sollte.
Was natürlich die Frage für Harmen Ettema aufwarf: Meinen die Holland oder Graz? Statt sich zu entscheiden, wurde es also beides, „denn in Österreich sind Rote Rüben, wie sie hier die Rote Bete nennen, ein alltägliches Produkt“. Der Sirup aus den Gemüseknollen verlangte aber auch nach mehr Komplexität – und hier kam das holländische Herz durch: „Das legale Cannabis hat einen sehr delikaten Geschmack“, also wurde auch diese Zutat verarbeitet.
Der „kastrierte“ Sirup als Trumpf im Cocktail
Es handelt sich um „kastrierten“ Hanf, also solchen, der keine Blüten mit unerlaubtem THC-Gehalt ausbildet. Doch nicht nur wegen der auch in der legalen Variante immer mitschwingenden Anrüchigkeit der Pflanze, die Kiffer weltweit verehren, hat die hausgemachte Zutat etwas Geheimnisvolles. Der gemeinsame Sirup des grün-roten Duos stellt immer ein bisschen eine „Blackbox“ dar. Mal sind die Rüben fruchtiger, mal das Cannabis intensiver. Wichtig für das Rezept ist nur, dass dieser „Sirup“ nicht zu süß werden darf.
Der Rohrzucker fungiert daher wie ein Gewürz, die eigentliche Süße im Cocktail liefern zwei Zentiliter vom Zuckersirup. Im Idealfall ist die mehr als „Gefühlssache“ als nach echter Rezeptur eingekochte Bete-Cannabis-Mischung nussig und leicht erdig zugleich.
Für Ettema paßt der No Excuses in seine generelle Barphilosophie und stellt kein Showpiece dar: Ich erstelle gerne Kreationen, bei denen die Zutaten Gäste überraschen.“ Kombiniert mit exzellentem Service, ließe sich so ideal die Verbindung zwischen internationalem Bartending und Grazer Produkten herstellen. Und wenn dann das Blatt am Eiweiß-Schaum des Cocktails schwimmt, lacht das Holländer-Herz auch in einer vollen Katze Kater-Bar.
Credits
Foto: Shutterstock